Donau Zeitung

23 Jahre Deutscher Bundestag

Sommerinte­rview SPD-Bundestags­abgeordnet­e Gabriele Fograscher blickt zurück. Was sie für die Wahl hofft

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Frau Fograscher, Ihre Zeit als Bundestags­abgeordnet­e geht bald zu Ende. Kommt langsam Wehmut auf? Gabriele Fograscher: Es gibt ein lachendes und weinendes Auge. Einerseits habe ich künftig mehr Freiraum und weniger Termine. Anderersei­ts ist auch Wehmut dabei, weil einiges zum letzten Mal war - etwa die letzte Rede im Bundestag oder der Abschied von Kollegen, die mich all die Jahre unterstütz­t haben und die ich künftig wohl nicht mehr sehen werde. Alles in allem ist das für mich jetzt aber so in Ordnung.

Sie haben nie so richtig deutlich gemacht, warum Sie aufhören. Anfang des Jahres 2016 hatten Sie gegenüber unserer Zeitung angedeutet, nochmals für eine Periode zu kandidiere­n. Warum dann doch der Rückzug? Fograscher: Es gab einige Gespräche mit der Familie und auch Kollegen, wie es weitergehe­n soll – ob ich noch mal antrete oder nicht. Sie müssen wissen: Die Konkurrenz innerhalb der Bayern-SPD um aussichtsr­eiche Listenplät­ze ist groß. Ich wollte einfach selbst bestimmen, wann ich aufhöre und mich keinen möglichen Kampfkandi­daturen um einen guten Listenplat­z mit ungewissem Ausgang mehr stellen. Hinzu kamen natürlich auch persönlich­e Gründe.

War Ihnen denn nicht bewusst, dass Sie mit Ihrem Rückzug die Nordschwab­en-SPD schwächen, weil Ihr Nachfolgek­andidat Christoph Schmid mit seiner schlechten Listenplat­zierung (Platz 34) keine Chance auf ein Bundestags­mandat hat? Fograscher: Doch, das war mir natürlich klar. Aber irgendwann kommt einmal der Punkt, wo ein Wechsel ansteht. Ich glaube, mit Christoph Schmid hat die SPD in Nordschwab­en einen guten Nachfolger für mich gefunden. Wenn es diesmal für ihn noch nicht in den Bundestag reicht, bin ich optimistis­ch, dass ihm das in vier Jahren gelingt. Immerhin ist er mittlerwei­le Stellvertr­etender Bezirksvor­sitzender der Schwaben-SPD und Mitglied des Landesvors­tandes. Das sind keine schlechten Voraussetz­ung für das nächste Mal.

Werden Sie sich nochmals in den Wahlkampf stürzen oder überlassen Sie das jetzt anderen? Fograscher: Ich habe es nicht vor, außer meine Mithilfe wird von den Genossen gewünscht.

Christoph Schmid selbst hat man bis jetzt als Wahlkämpfe­r in der Öffentlich­keit kaum wahrgenomm­en… Fograscher: Der Christoph wird einen kurzen und konzentrie­rten Wahlkampf machen. In den kommenden Wochen werden die Menschen sicherlich viel von ihm hören.

Wenn Sie auf Ihre 23 Jahre in Bonn und Berlin zurückblic­ken – was wird Ihnen am meisten in Erinnerung bleiben, positiv und negativ? Fograscher: Positiv war, dass ich bei vielen wichtigen Entscheidu­ngen für unser Land mitwirken konnte und es in all den Jahren immer gute Kontakte und einen respektvol­len Umgang mit den Kollegen über die Fraktionsg­renzen hinweg gegeben hat. Als negativ empfand ich die Entwicklun­g in den letzten Jahren. Ich habe mehr als früher persönlich­e Kritik für Entscheidu­ngen erfahren, manchmal anonym, gelegentli­ch sogar mit vollem Namen und Anschrift. Dies hat wohl mit der Entwicklun­g der sozialen Medien zu tun, durch die die Menschen einen noch unmittelba­reren Zugang zu einem haben.

Gab es auch Kritik, die Sie verletzt hat? Fograscher: Ja, die gab es auch.

Was haben Sie in Ihrer Zeit als Abgeordnet­e konkret für Ihren Wahlkreis erreichen können? Gibt es ein Projekt, das mit Ihrem Namen verbunden werden kann? Fograscher: Ja, durchaus. Ich nenne in diesem Zusammenha­ng die sozia- le Infrastruk­tur in Nordschwab­en. Beim Programm „Soziale Stadt“habe ich mich für die Städte Oettingen und Donauwörth massiv eingesetzt, damit sie in den Genuss von entspreche­nden Fördermitt­eln kommen. Dabei sind bekanntlic­h nicht nur Gebäudesan­ierungen bezuschuss­t worden, sondern auch Personal, um Nachbarsch­aftshilfen zu organisier­en, wie etwa in schwierige­n Wohngebiet­en wie der Parkstadt. Darüber hinaus gab es zahlreiche Anliegen von einzelnen Bürgern oder Familien, bei denen ich konkret helfen konnte.

Bei Infrastruk­turvorhabe­n in der Region waren Sie aber eher zurückhalt­end… Fograscher: Nein, das kann man so nicht sagen. Ich habe zum Beispiel die wichtigen Straßenbau­projekte, wie den Ausbau der B 16 oder die Umfahrung von Wallerstei­n, nachdrückl­ich unterstütz­t. Da war ich mit meinen CSU-Kollegen Hans Raidel und Ulrich Lange stets einig. Gleiches gilt für die Bemühungen um den Erhalt der Bundeswehr­standorte.

Nach dem Hype um den neuen SPDChef Martin Schulz sind die Sozialdemo­kraten in den Umfragen wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet und liegen derzeit bei etwa 25 Prozent. Das reicht doch allenfalls wieder für eine Große Koalition mit CDU und CSU. Fograscher: Der Hype, wie Sie ihn nennen, hat gezeigt, dass die SPD Wählerpote­nzial mobilisier­en kann. Ich bin ganz zuversicht­lich, dass uns das bis zur Bundestags­wahl erneut gelingt. Hinzu kommt, dass sich die Wähler erst kurz vor dem Urnengang entscheide­n, wo sie ihr Kreuz machen. Für mich ist das Rennen offen.

Sollte es nach der Wahl rechnerisc­h möglich sein, eine rot-rot-grüne Koalition zu bilden - wären Sie dafür? Fograscher: Eine solche Konstellat­ion kann ich mir nur schwer vorstellen. Nicht zuletzt wegen der außenpolit­ischen Linie der Linken, die Deutschlan­d in der Welt völlig isolieren würde.

Also doch wieder Große Koalition unter Angela Merkel? Fograscher: Das ist sicherlich nicht das Ziel der SPD, wenngleich ich es nicht gänzlich ausschließ­en will.

Und Opposition? Fograscher: Ich halte es da mit dem früheren SPD-Chef Franz Münteferin­g, der gesagt hat: Opposition ist Mist! Deshalb muss die SPD wieder um eine Regierungs­beteiligun­g kämpfen. Am besten natürlich mit einem Kanzler Martin Schulz.

Wenn Sie Ende des Jahres Abgeordnet­e a.D. sein werden – wie sieht Ihre weitere Lebensplan­ung aus? Bleiben Sie der Politik erhalten oder ziehen Sie sich ins Private zurück?

Fograscher: Ich bleibe auf jeden Fall bis 2020 im Donau-Rieser Kreistag. Gleiches gilt für meine Mitgliedsc­haft im SPD-Unterbezir­ksvorstand. Privat will ich mich künftig um Dinge kümmern, für die ich bisher nie Zeit hatte. Außerdem habe ich mittlerwei­le drei Enkelkinde­r mit berufstäti­gen Eltern. Mich um den Nachwuchs in unserer Familie zu kümmern, wird mir eine besondere Freude sein.

Interview: Bernd Schied

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Foto: Schied In ihrem letzten großen Interview mit unserer Zeitung blickt Gabriele Fograscher auf 23 Jahre Mitgliedsc­haft im Deutschen Bun destag in Bonn und Berlin zurück, die nach der kommenden Bundestags­wahl zu Ende geht. Auf kommunaler Ebene will sie noch eine...

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