Das Tanzhaus soll wieder Mittelpunkt werden
Stadtentwicklung Investor Erwin Müller stellt seine Pläne in Donauwörth vor. Kontroverse Debatte mit den Bürgern
Donauwörth/Wertingen Die Debatte mit den Bürgern rund um den Verkauf des Tanzhauses geriet recht hitzig. Sie fand am Donnerstagvormittag im Zeughaus statt – einem anderen altehrwürdigen Gemäuer, das allerdings nicht zum Kauf angeboten wird. Investor Erwin Müller aus Wertingen stellte in dem Informationsforum, das die Stadt organisiert hatte, seine Planungen vor. Im Anschluss waren die Zuhörer aufgerufen, selbst Fragen zu stellen. Hierbei wurde mitunter deutliche Kritik geäußert – weniger an den Plänen des möglichen Käufers denn am Verkauf des Objektes an sich.
Müllers Vision ist ein Dreiklang von Kultur, Wohnen und Einkaufen. Im Erdgeschoss soll zum einen Gastronomie, als auch Einzelhandels-Gewerbe angesiedelt werden. Der Zugang hierzu würde von der Reichsstraße aus erfolgen. FreiluftSitzplätze könnten draußen entstehen; die Arkaden würden künftig wegfallen, solche Passagen seien, wie auch Architekt Davide Conti ausführte, nicht mehr gewünscht. Im ersten (und zweiten) Stock wären neben dem aufzuhübschenden Saal-Foyer Büros denkbar, im Dachgeschoss vor allem Maisonette-Wohnungen für private Mieter. Eine Gastronomie im ersten Stock sei, so Conti, nicht mehr modern. Erwin Müller unterstrich seine persönliche Verbindung zu Donauwörth – er war hier Schüler –, das Tanzhaus solle wieder zum städtischen „Zentrum“werden.
Auf den fortan sanierten Saal soll, wie Oberbürgermeister Armin Neudert betonte, die Stadt ein vertraglich festgesetztes Zugriffsrecht haben, von dem auch die örtlichen Vereine Gebrauch machen könnten. Nachteile, auch finanzieller Art, würden den Vereinen bei der künftigen Saalnutzung nicht entstehen. Zwischen 20- und 25-mal müsse die Stadt den Saal pro Jahr fest nutzen dürfen.
Auf Nachfrage eines Bürgers erwähnte Neudert, dass die Saalmiete sich an „ortsüblichen Gebühren“festmache – etwa denen beim Gallussaal in Heilig Kreuz.
Auch die Stadträte erklärten den Bürgern ihre Haltung zum Verkauf. Wolfgang Fackler (CSU) erklärte, dass der Verkauf des Tanzhauses „quer durch alle Fraktionen Konsens“gewesen sei. Das Hauptargument sei die fehlende Wirtschaftlichkeit in den vergangenen vier Jahrzehnten sowie der aktuelle Leerstand der großen Liegenschaft: „Der jetzige Zustand steht nicht für Aufbruch.“Der Sozialdemokrat Heinrich Kopriwa berichtete über jahrelange Debatten und Versuche, Gastronomen oder Brauereien für die Pacht zu gewinnen – stets vergebens. Man habe andere Rahmenbedingungen als zu Zeiten des Wiederaufbaus 1975, eine Subventionierung wie einst sei rechtlich nicht mehr ohne Weiteres möglich.
Derweil nannte Michael Bosse (FW/PWG) eine beeindruckende Zahl: 4,5 Millionen Euro Defizit habe die Stadt in den vergangenen 42 Jahren mit dem Tanzhaus erwirtschaftet. Das solle so nicht mehr getragen werden. Weiterhin müssten im Zuge einer städtischen Sanierung Gelder aufgebracht werden, die eher in den Bereich Konversion beziehungsweise den Wohnbau fließen Ähnlich argumentierten Josef Reichensberger (AL/ JB) und Manfred Hofer (EBD). Reichensberger sagte: „Alle Pächter sind bis jetzt gescheitert und die Stadt durfte hernach die Kosten tragen.“EBDMann Hofer mahnte angesichts der Kritik aus Teilen der Bürgerschaft an, dass der Standort zwar historisch sei, nicht aber das unter Alfred Böswald liebevoll wieder errichtete Gebäude selbst, wenngleich die Tradition rund um das Tanzhaus freilich hohen Wert aufweise. Das historische Tanzhaus war Ende des Zweiten Weltkrieges durch einen Fliegerangriff zerstört worden. Der Neubau markierte den Abschluss des Wiederaufbaus in Donauwörth.
Grünen-Stadtrat Albert Riedelsheimer sprach für die drei Gegner des Verkaufs im Magistrat. Das Tanzhaus sei bedeutendes Symbol der reichsstädtischen Tradition, ein Symbol für den Wiederaufbau. Obgleich der Investor seriös sei, habe man nun die Option verspielt, es selbst zu richten und weiterhin die Hand auf dem Gebäude zu haben.
Im Auditorium – das Zeughaus war auch am Vormittag voll besetzt – war der Applaus unterschiedlich verteilt. Sowohl Befürworter als auch Kritiker des Verkaufs wurden hörbar unterstützt.
Zu Wort meldeten sich allerdings zunächst die kritischen Stimmen. Hierbei monierte ein Bürger, dass die Stadt „überheblich“agiere und die Meinung der Bürger erst nach der Entscheidung an einem Werktag um 9 Uhr höre. Der OB entgegnete, dass das Thema in öffentlicher Sitzung im März behandelt worden sei, ein anderer Termin als jener am Vormittag sei mit sämtlichen Beteiligten schlichtweg nicht machbar gewesen. Ein anderer Zuhörer bemüssten. fürchtete, dass sich die Vereine nach einer Privatisierung die Saalmiete im Tanzhaus nicht mehr leisten könnten. Neudert sagte daraufhin zu, dass die Vereine „keine Nachteile“erleiden würden. Die Vertreter der City-Initiative Donauwörth (CID) indes unterstützten den Verkauf. Deren Vorsitzender Markus Sommer sagte: „Die Stadt hat es nicht geschafft, mit dem Tanzhaus wirtschaftlich umzugehen.“Defizite seien bei den kommunalen Aufgaben teils unumgänglich – nicht aber bei Einrichtungen wie dem Tanzhaus.
Stadtrat Hofer meinte zum Abschluss, dass es leichter sei, gegen etwas zu sein – da stehe man in der Öffentlichkeit meist gut da. In der Politik müsse man aber mit den harten Realitäten umgehen und auch von Zeit zu Zeit unpopuläre Entscheidungen treffen.