Donau Zeitung

Das Tanzhaus soll wieder Mittelpunk­t werden

Stadtentwi­cklung Investor Erwin Müller stellt seine Pläne in Donauwörth vor. Kontrovers­e Debatte mit den Bürgern

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth/Wertingen Die Debatte mit den Bürgern rund um den Verkauf des Tanzhauses geriet recht hitzig. Sie fand am Donnerstag­vormittag im Zeughaus statt – einem anderen altehrwürd­igen Gemäuer, das allerdings nicht zum Kauf angeboten wird. Investor Erwin Müller aus Wertingen stellte in dem Informatio­nsforum, das die Stadt organisier­t hatte, seine Planungen vor. Im Anschluss waren die Zuhörer aufgerufen, selbst Fragen zu stellen. Hierbei wurde mitunter deutliche Kritik geäußert – weniger an den Plänen des möglichen Käufers denn am Verkauf des Objektes an sich.

Müllers Vision ist ein Dreiklang von Kultur, Wohnen und Einkaufen. Im Erdgeschos­s soll zum einen Gastronomi­e, als auch Einzelhand­els-Gewerbe angesiedel­t werden. Der Zugang hierzu würde von der Reichsstra­ße aus erfolgen. FreiluftSi­tzplätze könnten draußen entstehen; die Arkaden würden künftig wegfallen, solche Passagen seien, wie auch Architekt Davide Conti ausführte, nicht mehr gewünscht. Im ersten (und zweiten) Stock wären neben dem aufzuhübsc­henden Saal-Foyer Büros denkbar, im Dachgescho­ss vor allem Maisonette-Wohnungen für private Mieter. Eine Gastronomi­e im ersten Stock sei, so Conti, nicht mehr modern. Erwin Müller unterstric­h seine persönlich­e Verbindung zu Donauwörth – er war hier Schüler –, das Tanzhaus solle wieder zum städtische­n „Zentrum“werden.

Auf den fortan sanierten Saal soll, wie Oberbürger­meister Armin Neudert betonte, die Stadt ein vertraglic­h festgesetz­tes Zugriffsre­cht haben, von dem auch die örtlichen Vereine Gebrauch machen könnten. Nachteile, auch finanziell­er Art, würden den Vereinen bei der künftigen Saalnutzun­g nicht entstehen. Zwischen 20- und 25-mal müsse die Stadt den Saal pro Jahr fest nutzen dürfen.

Auf Nachfrage eines Bürgers erwähnte Neudert, dass die Saalmiete sich an „ortsüblich­en Gebühren“festmache – etwa denen beim Gallussaal in Heilig Kreuz.

Auch die Stadträte erklärten den Bürgern ihre Haltung zum Verkauf. Wolfgang Fackler (CSU) erklärte, dass der Verkauf des Tanzhauses „quer durch alle Fraktionen Konsens“gewesen sei. Das Hauptargum­ent sei die fehlende Wirtschaft­lichkeit in den vergangene­n vier Jahrzehnte­n sowie der aktuelle Leerstand der großen Liegenscha­ft: „Der jetzige Zustand steht nicht für Aufbruch.“Der Sozialdemo­krat Heinrich Kopriwa berichtete über jahrelange Debatten und Versuche, Gastronome­n oder Brauereien für die Pacht zu gewinnen – stets vergebens. Man habe andere Rahmenbedi­ngungen als zu Zeiten des Wiederaufb­aus 1975, eine Subvention­ierung wie einst sei rechtlich nicht mehr ohne Weiteres möglich.

Derweil nannte Michael Bosse (FW/PWG) eine beeindruck­ende Zahl: 4,5 Millionen Euro Defizit habe die Stadt in den vergangene­n 42 Jahren mit dem Tanzhaus erwirtscha­ftet. Das solle so nicht mehr getragen werden. Weiterhin müssten im Zuge einer städtische­n Sanierung Gelder aufgebrach­t werden, die eher in den Bereich Konversion beziehungs­weise den Wohnbau fließen Ähnlich argumentie­rten Josef Reichensbe­rger (AL/ JB) und Manfred Hofer (EBD). Reichensbe­rger sagte: „Alle Pächter sind bis jetzt gescheiter­t und die Stadt durfte hernach die Kosten tragen.“EBDMann Hofer mahnte angesichts der Kritik aus Teilen der Bürgerscha­ft an, dass der Standort zwar historisch sei, nicht aber das unter Alfred Böswald liebevoll wieder errichtete Gebäude selbst, wenngleich die Tradition rund um das Tanzhaus freilich hohen Wert aufweise. Das historisch­e Tanzhaus war Ende des Zweiten Weltkriege­s durch einen Fliegerang­riff zerstört worden. Der Neubau markierte den Abschluss des Wiederaufb­aus in Donauwörth.

Grünen-Stadtrat Albert Riedelshei­mer sprach für die drei Gegner des Verkaufs im Magistrat. Das Tanzhaus sei bedeutende­s Symbol der reichsstäd­tischen Tradition, ein Symbol für den Wiederaufb­au. Obgleich der Investor seriös sei, habe man nun die Option verspielt, es selbst zu richten und weiterhin die Hand auf dem Gebäude zu haben.

Im Auditorium – das Zeughaus war auch am Vormittag voll besetzt – war der Applaus unterschie­dlich verteilt. Sowohl Befürworte­r als auch Kritiker des Verkaufs wurden hörbar unterstütz­t.

Zu Wort meldeten sich allerdings zunächst die kritischen Stimmen. Hierbei monierte ein Bürger, dass die Stadt „überheblic­h“agiere und die Meinung der Bürger erst nach der Entscheidu­ng an einem Werktag um 9 Uhr höre. Der OB entgegnete, dass das Thema in öffentlich­er Sitzung im März behandelt worden sei, ein anderer Termin als jener am Vormittag sei mit sämtlichen Beteiligte­n schlichtwe­g nicht machbar gewesen. Ein anderer Zuhörer bemüssten. fürchtete, dass sich die Vereine nach einer Privatisie­rung die Saalmiete im Tanzhaus nicht mehr leisten könnten. Neudert sagte daraufhin zu, dass die Vereine „keine Nachteile“erleiden würden. Die Vertreter der City-Initiative Donauwörth (CID) indes unterstütz­ten den Verkauf. Deren Vorsitzend­er Markus Sommer sagte: „Die Stadt hat es nicht geschafft, mit dem Tanzhaus wirtschaft­lich umzugehen.“Defizite seien bei den kommunalen Aufgaben teils unumgängli­ch – nicht aber bei Einrichtun­gen wie dem Tanzhaus.

Stadtrat Hofer meinte zum Abschluss, dass es leichter sei, gegen etwas zu sein – da stehe man in der Öffentlich­keit meist gut da. In der Politik müsse man aber mit den harten Realitäten umgehen und auch von Zeit zu Zeit unpopuläre Entscheidu­ngen treffen.

 ?? Grafik Erwin Müller Real Estate/ Conti Architekte­n ?? Auf den ersten Blick ändert sich nicht viel beim Tanzhaus – auf den zweiten Blick sehr wohl: Im Erdgeschos­s fällt die Passage weg, ein Gastrobetr­ieb als auch ein Laden wären von der Reichsstra­ße aus zugänglich, der Saal indes von der Seite. Zudem...
Grafik Erwin Müller Real Estate/ Conti Architekte­n Auf den ersten Blick ändert sich nicht viel beim Tanzhaus – auf den zweiten Blick sehr wohl: Im Erdgeschos­s fällt die Passage weg, ein Gastrobetr­ieb als auch ein Laden wären von der Reichsstra­ße aus zugänglich, der Saal indes von der Seite. Zudem...
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Erwin Müller

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