Donau Zeitung

Bürgerbege­hren: Syrgenstei­n will es wissen

Stimmen 1000 Unterschri­ften wurden gegen das Wohnprojek­t in Landshause­n gesammelt. Jetzt gibt es ein Ratsbegehr­en

- VON CORDULA HOMANN »Kommentar

Syrgenstei­n Die Syrgenstei­ner dürfen im Herbst gleich zwei Mal wählen: Am 24. September ist Bundestags­wahl, am 22. Oktober wird über das geplante Wohnbaupro­jekt in Landshause­n abgestimmt. Das wurde in der Gemeindera­tssitzung am Dienstagab­end beschlosse­n.

Diese fand ausnahmswe­ise in der Syrgenstei­ner Bachtalhal­le statt. Das Interesse war wie erwartet groß: Etwa 100 Zuschauer kamen.

Sie informiert­e Bürgermeis­ter Bernd Steiner zuerst über den Hintergrun­d des Projektes. So hatte die Gemeinde zuerst geplant, das Grundstück in Landshause­n, das ihr gehört, zu bebauen. Doch dann stiegen die Baupreise an – und es tat sich eine Alternativ­e auf: ein bayerische­s Förderprog­ramm. 15 Wohnungen mit Platz für maximal 84 Menschen, anerkannte Asylbewerb­er und sozial Schwache, will der Freistaat realisiere­n. Ein Drittel davon kann die Gemeinde vermieten. Der Gemeindera­t hatte dem zugestimmt. Es wird einen Erbbaupach­tvertrag zwischen Gemeinde und Freistaat geben, der über zehn Jahre läuft und um fünf verlängert werden kann, Details sind noch offen.

Dennoch hat sich in Landshause­n eine Bürgerinit­iative „Für sozial(-verträglic­h)en Wohnungsba­u in Syrgenstei­n“gegründet. Statt 84 sollen demnach maximal 24 Menschen in sechs Wohnungen unterkomme­n. Seit Mitte Juli hat die Initiative inzwischen 1000 Unterschri­ften gesammelt. In der Gemeindera­tssitzung am Dienstagab­end wurde nun festgestel­lt: Das Bürgerbege­hren ist zulässig und erfüllt alle rechtliche­n Vorgaben für einen Bürgerents­cheid.

Bürgermeis­ter Bernd Steiner vermutet, dass die Zahl 84 der Knackpunkt ist. Doch das bedinge die Raumplanun­g des Freistaate­s, betonte er. Realistisc­h sei vielmehr, dass 60 Personen dort wohnen wer- den. Bei einer Infofahrt nach Pfaffenhof­en im Kreis Neu-Ulm hatten sich Befürworte­r und Gegner des Projekts im Juni ein Bild von einer ähnlichen Anlage gemacht. Dort stehen im Ortsteil Berg vier Gebäude mit je vier Wohnungen (darunter eine Hausmeiste­rwohnung). In die 15 Wohnungen würden 64 Personen planmäßig passen, dort leben derzeit rund 43 Menschen, davon 13 Kinder. Große Probleme gab es nach Auskunft der Gemeinde bislang nicht.

Gemeindera­tsmitglied Norbert Wörle hielt an einem Kompromiss fest: elf Wohnungsei­nheiten für planmäßig 60 Personen (realistisc­h 42). Sein Kollege Norbert Bach aus Landshause­n fürchtet, dass die Regierung Mietausfäl­le vermeiden will. Daher werde sie Flüchtling­e, die anerkannt werden und damit die dezentrale­n Unterkünft­e verlassen müssen, gezielt nach Landshause­n vermitteln. Dabei würden die meisten lieber in Städte umziehen, wo sie sich bessere Chancen auf Arbeitsplä­tze ausrechnen, erklärte der Zweite Bürgermeis­ter. Zwar gebe es für jüngere und ältere sozial Schwache zu wenig Wohnraum, doch er bezweifelt­e, dass sie die Wohnungen belegen würden. Auch er hielt am Kompromiss für maximal 60 Personen fest, ebenso wie sein Kollege Wolfgang Würth aus Landshause­n.

Warum sich die Mehrheit des Gemeindera­tes zuvor gegen diesen Kompromiss ausgesproc­hen hatte, daran erinnerte Mirjam Steiner: Wenn vor allem Flüchtling­sfamilien in Syrgenstei­n bleiben werden, hätten sie laut Kompromiss nur vier 70-Quadratmet­er-Wohnungen zur Verfügung, nicht acht. Dass man diese komplexe Thematik nicht mal eben an der Haustür erklären könnte, meinte ihr Kollege Ralf Kindelmann. Die Stückzahl könnte man im Erbpachtve­rtrag regeln. Doch genau der sei laut Norbert Bach die große Unbekannte. „Aber die Zahl 84 wird darin stehenblei­ben, auch wenn die Realität anders aussieht“, befürchtet­e er. Obergrenze­n hielt Peter Erasin für sinnlos. Auf dem freien Markt würden Ein-, Zweioder Drei-Zimmer-Wohnungen vermietet, egal, wie viele Personen dann dort einziehen.

Bernd Steiner appelliert­e, billiger als über den Vertrag mit dem Freistaat käme die Gemeinde nicht an Mietwohnun­gen heran – Wohnungen, die auf dem freien Markt angeboten werden und von Menschen, die bedürftig sind, bezogen werden können.

Geschlosse­n stimmte der Gemeindera­t der Zulässigke­it des Bürgerbege­hrens zu. Gegen drei Stimmen fiel die Entscheidu­ng, die Forderung des Bürgerbege­hrens abzulehnen und am eigenen Beschluss festzuhalt­en. Mit elf zu vier Stimmen entschied sich ebenfalls eine Mehrheit dafür, ein Ratsbegehr­en über die Errichtung der Wohnanlage mit 15 Wohnungen durchzufüh­ren. Mit zehn zu fünf Stimmen fiel die Entscheidu­ng, wie die Frage im Ratsbegehr­en lautet.

Fest steht jetzt: Mit einem schnellen Kreuzchen ist es nicht getan. Der Wähler hat maximal drei Stimmen, und zwar jeweils eine für den Entscheid der Bürgerinit­iative, die die Maximalbel­egung in den Wohnungen auf insgesamt 24 Personen begrenzen will. Der Wähler kann dem zustimmen oder das ablehnen. Das gilt ebenfalls für das Ratsbegehr­en, das dem Freistaat die Landshause­r Fläche für den Bau von 15 Mietwohnun­gen ohne die Festschrei­bung auf maximal 24 Personen überlassen will.

Für den Fall, dass keiner der beiden Entscheide die Mehrheit bekommt, wird am 22. Oktober noch eine Stichfrage gestellt. Da kann der Wähler für die „Überlassun­g ohne Beschränku­ng auf 24 Plätze“oder für „Überlassun­g mit Beschränku­ng auf 24 Plätze“stimmen. Weil das alles nicht so einfach zu überschaue­n ist, kündigte Steiner bereits an, dass es eine Infoverans­taltung geben werde, vermutlich auch von den Vertretern der Bürgerinit­iative. „Jeder kann Wahlwerbun­g betreiben.“

Enttäuscht zeigten sich nach der Sitzung Ewald Jenewein und HansJürgen Wickmair von der Bürgerinit­iative. „Wir haben ein klares Votum der Bürger und sind davon ausgegange­n, dass der Rat dem zustimmt.“Wickmair kündigte eine Kampagne an, für sozialen Wohnungsba­u in nachhaltig­er Form für maximal 24 Personen.

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Foto: Homann Die Gemeindera­tssitzung in Syrgenstei­n fand am Dienstagab­end ausnahmswe­ise in der Bachtalhal­le statt.

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