Donau Zeitung

Faul sein hat auch Vorteile

Tag des Faulpelzes So einen Tag kann man schon mal auf dem Sofa verbringen. Wie die Jugendlich­en im Landkreis das Thema sehen und was der Therapeut dazu sagt

- VON JONATHAN MAYER

Landkreis „Tu endlich mal was, geh mal raus! Du vegetierst hier nur so vor dich hin.“Diesen Satz haben wohl die meisten von uns schon irgendwann einmal von ihren Eltern gehört. Vor allem der jungen Generation wird nachgesagt, sie sei faul. Doch heute wird endlich genau das gefeiert. Denn heute ist internatio­naler Tag des Faulpelzes. Vor allem im Internet wird der Tag gefeiert. Aber sind Jugendlich­e wirklich so faul? Wir haben uns bei den Jugendlich­en im Landkreis umgehört, ob die Vorurteile wirklich stimmen.

Ob es jetzt generelle Faulheit ist, man einfach mal keine Lust hat, die täglichen Hausarbeit­en zu erledigen, oder man versucht, unliebsame Arbeiten aufzuschie­ben: Jeder ist irgendwann mal faul. Aber vor allem jungen Leuten wird das als negative Eigenschaf­t nachgesagt. Dabei singen viele Mediziner Loblieder auf die Faulheit. Denn durch die ständige Hetze von einem Termin zum nächsten ist man nicht nur dauerhaft gestresst. Auch das Risiko, früher zu sterben, wird erhöht.

Einer, der von seiner Mutter ständig als faul bezeichnet wird, ist Manuel Bender. Der 14 Jahre alte Schüler beschreibt sich selbst eher als gemütlich. „Ich liege lieber auf dem Sofa und schaue fern, als rauszugehe­n“, erzählt er. In seinem Freundeskr­eis kommt das aber nicht schlecht an. „Da geht es vielen ganz genauso“, sagt Manuel. Nur seine Mutter scheint das Entspannen auf dem Sofa nicht so positiv zu sehen. Worauf er so gar keine Lust hat? „Hausarbeit, vor allem aufräumen.“Das wolle er immer aufschiebe­n.

Einer, dem es da ganz ähnlich geht, ist Hussen Salah. „Ich bin schon ziemlich faul“, erzählt der 18-Jährige gelassen. In seiner Freizeit gehe er mit seinen Freunden oft in eine Shishabar. „Da kann man am besten chillen und einfach mal die Ruhe genießen“, sagt er. Trotzdem findet er, dass zu viel Faulheit schlecht sei. „Wenn man faul ist, kann man nicht überleben. Man muss ja auch irgendwie Geld verdienen.“

Auch Carina Jackel findet, dass Faulsein keine positive Eigenschaf­t ist. „Man sollte schließlic­h im Haushalt helfen. Das gehört irgendwie ja dazu“, sagt sie überzeugt. Von sich selbst sagt sie, dass sie kein fauler Mensch sei. „Nur, wenn ich Englischvo­kabeln lernen oder die Küche aufräumen muss. Sonst bin ich nie faul“, behauptet die Zwölfjähri­ge felsenfest. Ihre Freizeit neben der Schule wisse die Siebtkläss­lerin sehr wohl zu nutzen: Sich mit Freunden verabreden, oder einfach nur rausgehen und den Tag genießen.

Nadine Kurtz hingegen gibt gern zu, dass sie lieber mal auf dem Sofa rumliegt und fernsieht, als richtig aktiv zu werden. Als Krankensch­wester habe sie aber ohnehin einen stressigen Job, denn im Krankenhau­s ist viel los. Gerade als Auszubilde­nde gerät man da schnell mal in Hektik. „Da liegt man den Feierabend über gern einfach auf der Couch rum und tut nichts“, erzählt sie. Auch in ihrem Freundeskr­eis seien die meisten eher Faulenzer.

Laut Christoph Radaj ist das genau richtig so. Der Psychother­apeut für Kinder und Jugendlich­e weiß aus Erfahrung, was zu viel Stress bewirken kann. Vor allem in solchen stressigen Phasen solle man sich auch mal kurze Auszeiten gönnen, damit das Hirn wieder aufnahmefä­hig ist. „Das gilt vor allem beim Lernen“, betont Radaj. Solange man nicht dauerhaft antriebslo­s ist, sei ein wenig Faulheit vollkommen in Ordnung. Wichtig sei aber auch, dass man sich selbst nicht zu viel Stress macht. Vor allem in Prüfungsph­asen in der Schule oder im Studium sei das ein häufiger Fehler. „Ohne Stress kann man auch nichts leisten, aber wenn man sich selbst zu viel Stress macht, geht das meist nach hinten los“, berichtet der langjährig­e Therapeut. Wer selbst überzeugt sei, dass er scheitere, der habe meist auch während einer Prüfung einen Blackout.

Für die Eltern, die ihren Kindern vorwerfen, dass sie nur faul sind und nichtsnutz­ig rumliegen würden, hat Radaj einen Tipp: „Die Eltern sollten das Potenzial in der Faulheit ihrer Kinder suchen.“Denn in der liege oft unentdeckt­e Kreativitä­t. Als Beispiel nennt Radaj Erfolgssen­sationen wie Bill Gates oder Mark Zuckerberg. Von denen haben viele früher gedacht, dass sie faul seien, weil sie nur vor dem Computer saßen. „Und heute haben die alle ein paar Milliarden auf dem Konto“, fügt der Therapeut an.

Zum Schluss gibt er aber noch zu bedenken: „Wer einfach keine Lust zu lernen oder auf bestimmte Aufgaben hat, der darf nicht alles aufschiebe­n und sich stattdesse­n ausruhen.“Denn durch dieses Prokrastin­ieren habe man später nur noch mehr Stress.

Ein bisschen Faulheit ist also vollkommen in Ordnung. Nur übertreibe­n sollte niemand. Am heutigen Tag des Faulpelzes kann man aber schon einfach mal nichts tun. Und wer sich beim Faulenzen langweilt, der sucht einfach mal im Internet nach Faulheitsr­egeln. Da erkennt sich der ein oder andere vielleicht wieder.

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Fotos: fotolia, janossyger­gely, Jonathan Mayer Will nicht jeder mal so entspannen können wie das Faultier? Am Tag des Faulpelzes dürfen wir – und zwar ohne schlechtes Gewissen. Außerdem könne nach Ansicht des Psychother­apeuten Christoph Radaj aus der Faul heit auch Potenzial geschlagen werden.
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Hussen Salah
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Manuel Bender
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Carina Jackel
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Nadine Kurtz
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Christoph Radaj

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