Frisch in die Theke, hausgemacht
24 Stunden Serie (11 Uhr) In der Metzgerei Kanefzky in Unterthürheim ist die ganze Woche Betrieb, auch wenn der Laden nur drei Tage offen ist. Bei seiner Lieblingswurst läuft dem Chef das Wasser im Mund zusammen
Unterthürheim Samstags um elf, nach der Brotzeit, ist Endspurt in der Wurstküche beim Kanefzky in Unterthürheim. Drei der insgesamt fünf Metzger wiegen die verschiedenen Zutaten für die Dosenwurst ein, die am Montag eingekocht wird. Fleisch, Speck und Eis packen sie getrennt in jeweils eine Box. Währenddessen ist auch im Laden Hochbetrieb. Denn die Kunden wissen: Mittags um zwölf ist Schluss, die Metzgerei Kanefzky öffnet erst wieder am Donnerstag. Das heißt aber nicht, dass sich die Leute keine Zeit nehmen dürfen, ihr Kleingeld aus dem Geldbeutel zu holen. Und schon gar nicht, dass an den anderen Wochentagen Ruhe im Haus ist.
Zwischen sechs und zehn frisch geschlachtete Schweine liefert die Erzeugergemeinschaft Schwaben am Montag an. Was die fünf Metzger brauchen für den Presssack, die Blut- und Leberwürste, nehmen sie gleich vom warmen Schwein. Am liebsten macht Erich Kanefzky Schüblinge, erzählt er. Dafür mischt er das noch warme Fleisch und den Speck, dreht es durch die Schrotpresse des Fleischwolfs. „Das ergibt diesen schlachtfrischen Geschmack, der bleibt.“Das kommt erst mal in den Kühlraum.
Ab 1989 führte Erich Kanefzky die Metzgerei im Nebenerwerb, seit 1995 hauptberuflich. Schon sein Großvater Ludwig Kanefzky war Metzger, sein Vater, der wie er selbst Erich hieß, ebenfalls. Dass sein älterer Sohn Erich auch Metzger ist, macht den 50-Jährigen einerseits schon stolz. Andererseits auch nachdenklich. Er überlegt, wie lange es überhaupt noch Metzger geben wird, in der heutigen Zeit, wo die jungen Leute lieber ins Büro als ins Handwerk gehen.
Am Dienstag schneiden die Metzger das Fleisch zu. Von der Oberschale können die fünf Mitarbeite- im Laden dann die Schnitzel in der gewünschten Dicke abschneiden, aus Hals und Schulter die saftigen Steaks. Die Spareribs machen die Metzger aus den Kotelettrippen und der Brustspitze, der Bauch ist beliebt für den Grill oder im Winter zum Kraut.
Am Mittwoch ist die Wurst dran. Wiener, Lyoner, Rauchwurst, die Aufschnittsorten, Kochsalami, die feine Leberwurst und der Leberkäs, in dem in Bayern gar keine Leber drin sein darf. Der Metzger grinst und erklärt: „Außerhalb von Bayern muss die Leber rein, sonst ist das Irreführung.“Bei der Frage, welche Aufschnittsorte er am liebsten mag, fallen Kanefzky viele ein, doch er entscheidet sich für den Bierschinken. Die Bröckelchen in der passenden Größe zu schneiden mag er ebenso wie den „saftig schönen fleischigen Geschmack“.
Frisch für die Kunden, die am Donnerstag wieder einkaufen können, gibt’s Bratwürste, Gschwollne und Weißwürste. Der Spruch, dass die das Zwölf-Uhr-Läuten nicht hören dürfen, sei heutzutage überholt. „Früher waren die hygienischen Umstände nicht so gut wie heute.“Auch die Schüblinge werden weiterverarbeitet am Donnerstag. Denn da holt der Metzger Rinderhälften beim Regionalschlachthof in Augsburg. Und für die Schüblinge braucht er außer den Gewürzen frisches Rinderbrät. Das wird nun mit der am Montag vorbereiteten Fleisch-Speck-Masse vermischt, in Schweinedarm abgefüllt und geräuchert. Am Freitag wird, wenn nötig, noch mal Weißware gemacht. Doch auch die Salami kommt heute in den Darm, wird übers Wochenende in die Räucherkammer gehängt, dann sechs Wochen lang in den Klimaraum. Auch die Landjäger sind jetzt dran. Nicht ganz hart sollen sie sein, betont der Metzger. Doch wer das will, kann sie drei Tage an der Luft hängen lassen.
Wenn die drei Metzger am Samstag alles für den Montag herrichten, kommen von sieben bis acht die ersrinnen ten Kunden, erzählt Karola Kanefzky. Ab zehn geht es dann rund. Kommt neue Kundschaft, stellt die schon mal die Frage: „Was ist eigentlich die Thürleswurst?“Die extra für das Fest entwickelte Spezialität hat heute ihren festen Platz im Sortiment der Metzgerei Kanefzky. Die wird gegrillt oder gebraten und ist einer Fränkischen ähnlich, aber rot wegen des Pökelsalzes. Und das Schild am Hauseingang, das die Kanefzkys im Jahr 2000 anlässlich der Feier des 1000-jährigen Bestehens ihres Heimatorts aufgehängt haben, weist immer noch darauf hin.
Sind die letzten Kunden zufriedengestellt, ist sämtliche Ware verpackt, der Laden und die Wurstküche sauber, geht es auch für die Familie Kanefzky und ihre Mitarbeiter ins Wochenende. Dann kann es durchaus vorkommen, dass sich der Chef eine Belohnung gönnt, vor allem im Winter. Das, wo ihm oft schon am Donnerstag das Wasser im Mund zusammen läuft: Schübling mit Kraut.