Die Tante um 10000 Euro erleichtert?
Prozess 63-Jährige stand vor Gericht, weil sie Geld vom Konto der Seniorin abgehoben hatte
Dillingen Es ist eine Situation, die viele Menschen fürchten. Da marschiert jemand in die Bank und hebt mit der EC-Karte und passender PIN-Nummer Tausende von Euro von ihrem Konto ab. Und als sei das nicht schon genug, stellt sich später heraus: Es war die eigene Nichte. So soll es im Jahr 2015 einer 85-jährigen Frau aus dem Kreis Dillingen ergangen sein. Ihre Nichte stand deswegen nun wegen Computerbetrugs vor dem Amtsgericht in Dillingen.
Die 63-jährige Lehrerin aus Augsburg soll ihre Tante um insgesamt 10000 Euro erleichtert haben. Aufgeflogen, so sagt es die Stieftochter des Opfers, sei das Ganze nach einem Krankenhausaufenthalt ihrer Mutter. Während die Seniorin in der Klinik lag, habe die Nichte quasi das Haus gestürmt, einige Vollmachten mitgenommen und ins Krankenhaus gebracht. Stutzig geworden durch diese Aktion, setzte sich die Familie nach der Rückkehr der 87-Jährigen aus der Klinik zu Hause zusammen. Und erfuhr so von einem bislang unbekannten das die alte Dame bei einer Bank in ihrem früheren Heimatort hatte. Als sich dafür weder Kontoauszüge noch eine EC-Karte auffinden ließen, habe sie bei der Bank angerufen, sagt die Stieftochter. Und dort erfahren müssen, dass insgesamt 10000 Euro vom Konto der Mutter verschwunden waren. Die Familie ließ das Konto sperren und erstattete Anzeige, weil nur so an die Bilder der Überwachungskamera am Automaten zu kommen war. Auf denen war keine Unbekannte zu sehen, sondern die Nichte der 87-Jährigen.
Die hatte im Prozess vor Richterin Beate Bernard eine ganz andere Geschichte zu erzählen. Sie berichtete von einem seit jeher gestörten Verhältnis ihrer Tante zu ihrer Stieftochter, die immer alles habe bestimmen wollen. Das habe dazu geführt habe, dass sie selbst sich um die alte Dame gekümmert habe und mit ihr zum Einkaufen und auch zur Bank gefahren sei. Auf Bitte und mit dem Wissen ihrer Tante habe sie immer wieder mit der EC-Karte und der PIN, die sie von ihr für das Konto bekommen habe, Geld abgehoben und es ihr danach jedes Mal sofort in einem Umschlag gegeben. Die Tante, so die Angeklagte, habe das Geld ihrem Ehemann geben wollen, weil der in ihr Elternhaus einst einiges an Geld gesteckt habe. Doch anstatt es ihm direkt zu geben, habe die Seniorin das Geld in einem kleinen Koffer unter ihrem Bett in bar gehortet. Im Schlafzimmer, zu dem die Stieftochter keinen Zutritt gehabt habe. „Ich habe das Geld immer in Absprache mit meiner Tante abgehoben. Mir ging es darum, dass es ihr und ihrem Mann gut geht“, so die 63-Jährige. Sie berief sich außerdem auch auf eine Vollmacht, die ihr die alte Dame am zweiten Weihnachtsfeiertag 2015 ausgestellt hatte. Demnach hatte sie von den 10000 Euro, die insgesamt von dem Konto abgehoben wurden, 5000 Euro mit Vollmacht der Tante geholt.
Die hatte, als sie bei der Polizei aussagte, auch ihre Unterschrift auf dem Dokument erkannt. „Sie hat bestätigt, dass es ihre war. Aber gesagt, dass sie diesen Inhalt nie gelesen hat. Sonst hätte sie niemals unterschrieben. Sie war entrüstet“, so der Polizeibeamte, der die 87-Jährige mit dem Dokument konfrontierte. AuKonto, ßerdem habe ihm die damals noch geistig fitte Seniorin gesagt, dass sie ihrer Nichte zu keiner Zeit eine Erlaubnis erteilt habe, Geld von diesem Konto abzuheben. Lediglich kleinere Beträge vom Haushaltskonto seien abgesprochen gewesen. „Sie hat gesagt, sie hat die 1000 Euro, die jedes Mal abgehoben wurden, nie bekommen und gemeint, was sie denn mit so viel Bargeld täte“, so der Polizist. Schließlich seien teilweise innerhalb von einer Woche 3000 Euro abgehoben worden.
Die 87-Jährige selbst konnte im Prozess jedoch nicht gehört werden. Sie leidet laut einem ärztlichen Attest mittlerweile an Demenz. Auch ihre körperliche Verfassung sei schlecht, so die Stieftochter, die erklärte, von einem schlechten Verhältnis zu ihrer Mutter könne keine Rede sein. Ihre Stiefcousine habe mittlerweile ein Kontaktverbot. „Meine Eltern waren fassungslos und hatten immer Angst, sie kommt noch mal ins Haus.“Um der alten Dame einen Gerichtstermin, dessen Nutzen fraglich ist, zu ersparen, einigte man sich schließlich darauf, das Verfahren gegen Zahlung von 4000 Euro einzustellen.