Blühende Gärten gegen das Insektensterben
Josef Burkart aus Holzheim ist gegen eine sterile Gartengestaltung. Bodenabdichtungen zerstören den Lebensraum vieler Insekten, sagt er. Auch in der Landwirtschaft sieht er die Ursachen für den starken Rückgang
Josef Burkart aus Holzheim ist gegen eine sterile Gartengestaltung. Bodenabdichtungen zerstören Lebensräume von Insekten.
Holzheim Hört Josef Burkart das Geräusch von Bienen, sieht er die Schmetterlinge auf dem Sommerflieder sitzen oder die Käfer durch das Gras krabbeln – dann fühlt er sich zuhause. Sein Garten gleicht einem Paradies für Insekten. Aber für Burkart steht fest: „Das Insektenvorkommen hat in den letzten Jahren rapide abgenommen.“Vögeln und anderen Insektenfressern fehlt damit das Futter. Gleichzeitig werden weniger Blumen bestäubt. Die Ursachen für den starken Rückgang sind nach Ansicht des Holzheimers: Insektizide in der Landwirtschaft, fehlende Blütenstreifen und eine sterile Gartengestaltung.
Burkart ist Zweiter Vorsitzender vom Bund Naturschutz, Ortsgruppe Holzheim. Schon lange beobachtet der 60-Jährige das Insektensterben. Über die Schuldfrage lässt sich streiten, meint er. Nicht nur Gartenbesitzer seien gefragt, um weitere Ausmaße zu verhindern. Auch in der Landwirtschaft seien die Ursachen zu finden. „Es wäre falsch, alles der Landwirtschaft in die Schuhe zu schieben“, sagt der Holzheimer. „Allerdings muss angeprangert werden, dass es zu wenig Brachstreifen und intakte Wegränder gibt.“Das liege am Insektizideinsatz und daran, dass die Flächen abgeschlegelt werden. Bespritzt der Bauer seine Äcker, sind die Blühstreifen ebenfalls davon betroffen. Dadurch kommen Insekten mit dem Mittel in Kontakt und verenden. „Bei der Honigbiene ist das gravierend.“Landwirte müssten stattdessen darauf achten, den Abstand zu den Randstreifen einzuhalten. Durch die intensivierte Landwirtschaft gibt es allgemein weniger Wiesenflächen. „Und damit außerdem weniger Artenreichtum.“Insekten brauchen Rückzugsgebiete. Burkart verurteilt deshalb das Abschlegeln von Randstreifen. „Das ist eine ganz schlimme Methode. Die Geräte funktionieren wie Häcksler. Auch Tiere werden dabei mitgenommen.“Der Holzheimer hat Tipps. Besser sei es, die Flächen zu mähen. Im Idealfall sollten zwei Blütenstreifen nicht gleichzeitig, sondern mit einem Abstand von drei bis vier Wochen gemäht werden. „So fallen die Nektarquellen nicht weg.“
Jede Kommune, die eine Parkanlage betreibt, sowie jeder Mensch mit einem eigenen Garten kann helfen. Burkart bedauert, dass in der Gestaltung aktuell eher ein einheitliches Grün dominiert. Der Trend geht zur sterilen Gestaltung. Böden unter Steinflächen werden abgedichtet. Kiessteine reihen sich aneinander. Grün- oder Blühpflanzen finden sich nicht dazwischen. Wie auch? Darunter liege eine Folie, er- Burkart. Damit wollen sich Gartenbesitzer Arbeit sparen und es gleichzeitig ordentlich haben. „Für mich ist das Totfläche“, sagt Burkart. Auch auf der Rasenfläche darf nach Ansicht vieler Eigentümer
Am Freitag gibt’s eine Führung
nichts blühen. „Wächst etwas, wird es gleich herausgestochen.“Auch Giftmittel werden eingesetzt. „In privaten Gärten sollte das tabu sein.“
Burkart ist ein Naturmensch. Zwischen den Steinen seiner Terrasse schlängeln sich verschiedene Kräuter an die Oberfläche. „Unkraut gibt es gar nicht“, betont Burkart. Das seien Wildkräuter, die wichtig sind für Insekten und Vögel. „Keine Pflanze wächst umsonst. Jede hat ihren Sinn.“Die Brennnessel zum Beispiel werde von vielen verhöhnt. Viele vergessen, wie wichtig die Gewächse sind. Insbesondere für Schmetterlingsarten. Bestürzt beobachtet Burkart, dass sich Jahr für Jahr weniger Schmetterlinge auf den Bäumen tummeln. „Es gab Jahre, in denen saßen hier 20 bis 30 Stück auf einmal“, sagt er . Sein Sommerflieder steht schräg gegenüber seinem Gartentisch. Damit blickt er jeden Tag auf den Strauch mit den lilafarbenen Blüten. In jedem Garten sollte ein Sommerflieder stehen, findet der Holzheimer. „Den Menschen muss das als schön bewusst sein, nicht als störend“, sagt auch Thomas Kraus, Erster Vorsitzender der NaturschutzOrtsgruppe Holzheim. Nicht nur Schmetterlinge sind nützlich. Wespen und Hornissen haben ebenfalls ihre Funktion – obwohl viele in ihnen nur die Plagegeister sehen: „Auch wenn sie überwiegend Insektenräuber sind, erfüllen sie auch wichtige Bestäubungstätigkeiten.“
Besonders nützliche Blütenbestäuber sind aber die Wildbienen. Im Gegensatz zur Honigbiene bauen sie ihre Nester allein und versorgen ihre Brut ohne die Hilfe von Artgenossen. Mit Nisthilfen wie einem Insektenhotel könne man den solitär lebenden Bienen wertvolle Quartieklärt re schaffen, erklärt der Experte. Der 60-Jährige freut sich, dass die kleinen Häuschen für Insekten derzeit so populär sind. „Das ist ein positiver Modetrend.“Burkart zeigt auf das Holzhaus in seinem Garten. „Hier wohnt schon jemand“, sagt er und lacht. Mit Lehm haben einige Tierchen das Eingangsloch zu ihrem Gang verschlossen.
Um im Garten einen Wohnraum für Insekten zu schaffen, ist die Kräuterpflanze Borretsch hilfreich. Genau wie der Dost, Thymian oder Lavendel ist der Borretsch eine beliebte Futterpflanze für Insekten. „Bei mir ist jeden Tag die Hölle los“, freut sich Burkart. Der 60-Jährige steht jetzt genau vor dem Blütenmeer seines Grundstücks. „Für einige sieht mein Garten nicht ordentlich genug aus. Aber mir ist wichtig, dass sich Insekten und Vögel wohlfühlen können.“Gerne führt der 60-Jährige Interessenten durch seinen Garten und gibt Tipps zur richtigen Gestaltung. Am Freitag, 18. August, ist jeder ab 16 Uhr im Kreuzackerweg 12 in Holzheim willkommen.