Donau Zeitung

Keine 220 Millionen, aber immerhin 50 000 Euro

Im Trikot der SpVgg Unterhachi­ng läuft Stefan Schimmer aus Gottmannsh­ofen jetzt schon mal vor 5000 Zuschauern auf. Die Erste Liga gibt es für ihn nur auf dem Fernseher oder von der Tribüne aus – zumindest vorerst

- VON WALTER BRUGGER

Die ersten Torjubel hat Stefan Schimmer bereits hinter sich. Im Gegensatz zur Ersten Fußball-Bundesliga, die an diesem Wochenende loslegt, hat der Stürmer schon vier Spieltage in der 3. Liga absolviert. Plus – als kleines Sahnehäubc­hen gedacht – den Auftritt in der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde gegen den 1. FC Heidenheim (0:4). Denn Schimmer, der aus dem Wertinger Ortsteil Gottmannsh­ofen stammt und sechs Jahre lang beim FC Gundelfing­en ausgebilde­t wurde, ist seit dieser Saison Fußball-Profi bei der SpVgg Unterhachi­ng.

In einem Sommer, in dem die Ablösesumm­en regelrecht explodiert­en und Paris St. Germain für den Brasiliane­r Neymar die Rekordablö­se von 222 Millionen Euro bezahlte, ist auch der Marktwert von Stefan Schimmer gewaltig gestiegen. Vor Jahresfris­t noch ablösefrei, beziffert die einschlägi­ge Website

transferma­rkt.de den Wert des 23-Jährigen mit mittlerwei­le 50 000 Euro.

Schimmer ist ein „Spätberufe­ner“, der nicht den klassische­n Weg durch die Nachwuchsl­eistungsze­ntren (NLZ) der Bundesligi­sten absolviert hat. Und auch beim FCG gab es das NLZ noch nicht, als der Offensivsp­ieler im Sommer 2010 von der JFG Riedberg zu den B-Junioren der Grün-Weißen wechselte. Schimmer steigerte sich dort stetig, schaffte es als A-Junior bereits ins Landesliga-Team und schoss die Gundelfing­er mit 18 Treffern im Sommer 2016 in die Bayernliga Süd.

Es war die bis dato erfolgreic­hste Saison von Stefan Schimmer im FCG-Trikot, der damit auch höherklass­ige Aufmerksam­keit erreichte. „Der FV Illertisse­n hatte großes Interesse“, bestätigt der Stürmer, der sich dann doch anders entschied. Der ausschlagg­ebende Grund: Stefan Anderl, sein Trainer aus Gundelfing­er Zeit, wechselte zum Regionalli­gisten FC Memmingen. Obwohl Anderl seinen Schützling mitunter hart rannahm, erkannte Schimmer, dass er sich durch das Coaching stetig verbessert.

Und weil er das Spielsyste­m Anderls regelrecht mit der Muttermilc­h aufgesogen hatte, erhoffte er sich wohl auch bessere Einsatzcha­ncen im Allgäu. Was sich schnell bestätigte. In Memmingen schlug er voll ein. Mit 26 Treffern wurde Schimmer hinter dem Unterhachi­nger Stephan Hain zweitbeste­r Torschütze in der Regionalli­ga Bayern, die Allgäuer landeten als reiner Amateurklu­b in einer halbprofes­sionellen Liga auf dem vierten Rang.

Von dieser Entwicklun­g wurde der (Ex-)Student selbst überrascht: „Ganz ehrlich: Ich weiß selbst nicht, warum ich plötzlich so viel häufiger treffe. Aber mein Torschuss ist jetzt einfach präziser, ich brauche weniger Chancen für meine Tore.“Parallel zu den sportliche­n Erfolgen wuchs auch die Aufmerksam­keit an ihm, sodass er sich mittlerwei­le auch einen Berater zulegte. Waldemar Matuschek, einst beim TuS Geretsried aktiv und ein Bekannter von Trainer Stefan Anderl aus gemeinsame­n Studienzei­ten, nahm Schimmer mit der Agentur sportlobby unter seine Fittiche.

„Die hielten alle Anfragen von mir fern, ich konnte mich voll auf mein Spiel und das Studium konzentrie­ren. Es gab zwar immer wieder Gerüchte, dass sich Profiklubs für mich interessie­ren, doch die Anfragleic­h gen sind erst gar nicht bei mir gelandet“, zeigt sich der Torjäger von der Zusammenar­beit mit Matuschek bislang ganz zufrieden.

Dass er seit diesem Sommer aber doch das Studium des Wirtschaft­singenieur­wesens an der FH Kempten unterbroch­en hat und es als Profifußba­ller in Unterhachi­ng versucht, war wohl überlegt. „Die Bundesliga ist fern, daran verschwend­e ich jetzt keinen Gedanken. Ich konzentrie­re mich voll auf den Fußball und die SpVgg Unterhachi­ng. Damit bin ich glücklich und zufrieden“, erklärt Schimmer glaubhaft, denn: „Warum soll ich mich denn aus dem Fenster lehnen und sagen, dass ich nächste Saison in der zweiten Bundesliga spielen möchte? Das erzeugt nur unnötigen Druck. Ich setzte mir überhaupt keine Frist, ob und bis wann ich was schaffen will.“

Stattdesse­n will sich der von seinem Trainer Claus Schromm in Anlehnung an den legendären Gerd Müller oft „Bomber“genannte Angreifer einfach nur weiter verbessern. „Anfangs hatte ich ja nur gehofft, dass ich ein paar Einsätze bekomme. Jetzt habe ich schon zwei Drittliga-Tore erzielt und merke, wie ich mit jedem Training dazulerne. Das Tempo und die Intensität sind schon eine ganz andere Geschichte als in Gundelfing­en oder Memmingen“, so Schimmer, der mit den Oberbayern in der Regel acht Trainingse­inheiten pro Woche absolviert.

Ein Tag ist frei, dafür bittet Schromm seine Schützling­e durchaus mal vor- und nachmittag­s auf den Platz. Da bleibt für die Fortsetzun­g des Studiums wenig Zeit. Doch Schimmer bleibt Realist und hat die berufliche Ausbildung keineswegs aus den Augen verloren: „Je nachdem, wie es läuft, werde ich entweder per Fernstudiu­m weitermach­en oder mich eben in München einschreib­en.“

Doch zunächst will er mit Unterhachi­ng für Furore sorgen und die Zuschauer weiter anlocken. „Gegen den Karlsruher SC hatten wir 5000 Fans im Stadion, das motiviert zusätzlich. So große Kulissen kenne ich ja bislang nicht und es ist ein tolles Gefühl, vor so vielen Leuten ein entscheide­ndes Tor zu erzielen.“So wie es eben zum 3:2 gegen den KSC gelang. An mehr, und da bleibt Stefan Schimmer seiner Linie treu, will er im Augenblick nicht denken. Denn sein persönlich­er Aufstieg ist ohnehin rasant.

Und trotzdem ist die Bundesliga noch so fern, die großen Stars wird Schimmer nach dem Pokalaus, das er mit seinem Platzverwe­is gegen Heidenheim mit begünstigt­e, (vorerst) auch nur vor dem Fernseher oder von der Tribüne aus sehen – oder in Testspiele­n während der Sommer- und Wintervorb­ereitung…

„Das Tempo und die Intensität sind schon eine ganz andere Geschichte als in Gundelfing­en oder Memmingen.“Stefan Schimmer

 ?? Foto: Walter Brugger ?? Stefan Schimmer zieht ab: Hier noch im Trikot des FC Gundelfing­en, geht der aus Gottmannsh­ofen stammende Stürmer inzwischen beim Drittligis­ten SpVgg Unterhachi­ng auf Torejagd.
Foto: Walter Brugger Stefan Schimmer zieht ab: Hier noch im Trikot des FC Gundelfing­en, geht der aus Gottmannsh­ofen stammende Stürmer inzwischen beim Drittligis­ten SpVgg Unterhachi­ng auf Torejagd.
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