Donau Zeitung

Dem Himmel so nah

Die Kapelle „Maria Heimsuchun­g“auf dem Zugspitzpl­att ist Deutschlan­ds höchstes Gotteshaus. Gläubige und Wanderer finden hier eine ganz besondere Atmosphäre vor

- VON IRMENGARD GNAU

Garmisch Partenkirc­hen „Es gibt viele Wege zu Gott, einer führt über die Berge.“Dieses Zitat des 2013 verstorben­en Innsbrucke­r Bischofs Reinhold Stecher illustrier­t für Norbert Sauer gut, was er empfindet, wenn er oben auf dem Zugspitzpl­att steht und den Blick über die Gipfel schweifen lässt. Seit er 2011 seine Stelle als katholisch­er Militärpfa­rrer in Mittenwald angetreten hat, ist Sauer regelmäßig auf Deutschlan­ds höchstem Berg. Nicht nur aus der Freude am Wandern heraus, sondern beruflich: Regelmäßig am Sonntag um 12 Uhr wird die Kapelle „Maria Heimsuchun­g“auf dem Zugspitzpl­att zu seinem Arbeitspla­tz. Dann feiert er dort mit Wanderern Gottesdien­st.

1980 wurde der Grundstein für die Kapelle gelegt, am 11. Oktober 1981 weihte Joseph Ratzinger, damals Erzbischof von München und Freising, das „Kircherl“, wie es die Einheimisc­hen liebevoll nennen, ein. Mit ihrer Lage auf knapp 2600 Metern Höhe, gleich unter dem Gipfel der Zugspitze, ist die Kapelle Deutschlan­ds höchstes Gotteshaus. Seit in den sechziger Jahren der Tourismus rund um die Zugspitze zu blühen begann, sei der Wunsch nach einem eigenen Raum für Gottesdien­ste dort oben gewachsen, erklärt Sauer. Ende der siebziger Jahre war es dann so weit: Dank der Stiftung des Ehepaars Fritz und Maria Kittsteine­r aus Garmisch-Partenkirc­hen konnte „Maria Heimsuchun­g“auf dem Platt unweit der Bergstatio­n errichtet werden. Etwa 100 Kubikmeter Fels wurden gesprengt, damit die mit grauen Felsbrocke­n umkleidete Kapelle Platz fand. Seither feiert dort jeden Sonntag ein Seelsorger einen katholisch­en Gottesdien­st; nur in Ausnahmesi­tuationen, wenn es etwa zu sehr schneit, fällt die Messe aus. Ein gutes halbes Dutzend freiwillig­e Seel- sorger gehörten zum Kernteam – im Sommer sind es noch ein paar mehr, die sich mit den Gottesdien­sten abwechseln. Der Militärpfa­rrer selbst feiert regelmäßig Bergmessen: „Für mich ist es auch immer wieder ein Erlebnis, dort oben zu sein.“

Diese besondere Atmosphäre hat auch ihre Wirkung auf die Gottesdien­stbesucher, beobachtet Sauer: „Obwohl die meisten die Kapelle eher zufällig entdecken und betreten, lassen sie sich stark auf den Gottesdien­st ein.“Das führt Sauer unter anderem darauf zurück, dass der Mensch in den Bergen das Tal des Alltags verlässt, Abstand gewinnt zu seinen Sorgen und innerlich zur Ruhe kommen kann.

„Es ist eine Art Meta-Ebene, ein Innehalten“, beschreibt es Sauers evangelisc­her Kollege Thomas Lichtenebe­r, Pfarrer in Garmisch. „Hier oben hat man einen Überblick und kann vielleicht besser reflektier­en über seinen Alltag.“Auch die evangelisc­he Gemeinde nutzt die Zugspitzka­pelle in der Sommerzeit, von 27. Juni bis 12. September hält ein Pfarrer immer dienstags um 12 Uhr einen Berggottes­dienst. Die Zelebrante­n sind oft Kollegen aus Norddeutsc­hland, erklärt Lichtenebe­r, die ihren Urlaub unterstütz­t von der Landeskirc­he in Bayern verbringen und dafür den Gottesdien­st übernehmen. In Lichtenebe­rs Augen ist die Tourismus-Seelsorge sehr wertvoll: „Wenn die Menschen in Erholungss­timmung sind, sind sie nach meiner Erfahrung empfänglic­her für geistige Impulse“, sagt er.

Wahrlich, der Blick aus den schmalen Kapellenfe­nstern auf die umgebenden Gipfel tut seine Wirkung. Es wird spürbar, warum der Berg in vielen Religionen besondere Bedeutung genießt, im Christentu­m als Symbol für die Begegnung mit Gott. Das Kircherl zieht viele neugierige Wanderer an, gleich welcher Religion und Herkunft. Auch dass es derzeit, solange die Seilbahn erneuert wird, nur mit der alten Zahnradbah­n oder in einem langen Fußmarsch nach oben auf das Zugspitzpl­att geht, hält sie nicht ab. Touristen aus Asien oder arabischen Staaten fotografie­ren die Kapelle vor allem von außen, andere wagen sich auch in den Gottesdien­st. Entspreche­nd bunt und unterschie­dlich ist die Zahl der Besucher. „Manchmal sind es Dutzende, bei schlechtem Wetter kann es auch sein, dass einmal niemand kommt“, erzählt Lichtenebe­r. Darauf reagieren die Pfarrer spontan.

Auch geheiratet wurde schon in Deutschlan­ds höchstem Gotteshaus. Ein Paar habe er vergangene­s Jahr in der Kapelle getraut, erzählt Sauer. Übermäßig groß ist der Ansturm aber nicht – die Anfahrt ist für die meisten Hochzeitsg­esellschaf­ten dann offenbar doch zu hoch.

 ?? Foto: Irmengard Gnau ?? Menschen aller Herkunft und Religion besuchen gerne die Kapelle „Maria Heimsuchun­g“auf dem Zugspitzpl­att. Dort finden regelmäßig sowohl katholisch­e Messen wie evangelisc­he Gottesdien­ste statt. Auch Hochzeiten werden immer wieder gefeiert.
Foto: Irmengard Gnau Menschen aller Herkunft und Religion besuchen gerne die Kapelle „Maria Heimsuchun­g“auf dem Zugspitzpl­att. Dort finden regelmäßig sowohl katholisch­e Messen wie evangelisc­he Gottesdien­ste statt. Auch Hochzeiten werden immer wieder gefeiert.

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