Bangen um Gefangene in der Türkei
Ulmer Journalistin bleibt weiterhin in Haft
Ulm Wenn sich Freunde und Sympathisanten von Mesale Tolu auf dem Münsterplatz ihrer Heimatstadt Ulm treffen, pendelt die Stimmung zwischen Wut und Hoffnung. Wut auf die türkische Regierung, die aus Sicht der Unterstützer verantwortlich für die Verhaftung Tolus wegen „Terrorpropaganda“ist. „Wir können doch die Hoffnung, dass Mesale freikommt, nicht einfach aufgeben“, sagte ihr Bruder Hüseyin Tolu. Seine Schwester ist keine türkische, sondern allein deutsche Staatsbürgerin. Die 33-Jährige war am 30. April vor den Augen ihres zweijährigen Sohnes festgenommen worden, als Polizisten einer Anti-Terror-Einheit ihre Wohnung stürmten. Ihr drohen bis zu 15 Jahre Gefängnis. Gestern verschob ein Richter ihren Haftprüfungstermin „wegen Zeitmangels“.
Nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 wurden nach Angaben des Auswärtigen Amtes bereits neun Deutsche in der Türkei inhaftiert. Darunter sind der deutsch-türkische Welt-Korrespondent Deniz Yücel und der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner. Die Bundesregierung hatte den Druck auf Ankara nach der Verhaftung Steudtners Mitte Juli erhöht. Die Lage der Häftlinge hat sich jedoch noch nicht verbessert.
Der Deutsche Richterbund zweifelt daran, dass es noch eine unabhängige Justiz und rechtsstaatliche Verfahren in der Türkei gibt. „Das Erdogan-Regime ist in seiner Willkür inzwischen unberechenbar, zumal eine effektive rechtsstaatliche Kontrolle weitgehend ausfällt“, sagt Verbandssprecher Sven Rebehn. „In der türkischen Justiz herrscht ein Klima der Angst.“(dpa)