Donau Zeitung

Vorsicht vor falschen Vorbildern

Professor Gerth über die Herausford­erungen für Start-ups

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Was unterschei­det unsere Region von Zentren der Start-up-Szene? Norbert Gerth: Zunächst die Quantität der Akteure. Diese erzeugt andere Strukturen, das Zusammensp­iel ist geübter, was sich auf die Qualität der Kontakte auswirkt. Dadurch tun sich Start-ups unter anderem bei der Finanzieru­ng leichter. Dazu kommt in München die Politik, die das Ganze massiv fördert.

Sie haben regionale Start-ups befragt, wie sie die Bedingunge­n einschätze­n. Gerth: 30 Start-ups haben geantworte­t, das ist für den Wirtschaft­sraum Augsburg aussagekrä­ftig. Mit den Rahmenbedi­ngungen vor Ort waren sie weitestgeh­end zufrieden. Drei Viertel sagten außerdem, sie würden sich gerne mit etablierte­n Unternehme­n austausche­n, wünschen sich aber eine bessere Vernetzung.

Woran fehlt es Gründern am meisten? Gerth: Geld ist immer ein Thema. Ansonsten ist das unterschie­dlich. Den einen fehlt der digitale Hintergrun­d, Informatik­ern vielleicht eher das Verständni­s für ein Geschäftsm­odell.

Wie sieht es mit den Ideen der Gründer aus? Gerth: Geschäftsm­odule sind bei uns in der Hochschule in erfreulich vielen Fällen unterlegt mit einem digitalen

Aspekt. Der Anteil derjenigen, die in klassische­n Geschäftsm­odellen denken, nimmt ab. Es ist noch Luft nach oben, weswegen wir die Initiative HSA digit gestartet haben, um hier noch mehr Impulse zu bieten.

Es entsteht also eine Start-up-Kultur? Gerth: Zumindest die Bereitscha­ft, selbst etwas zu machen. Ich sehe einen Mentalität­sumschwung. Arbeit ist für viele mittlerwei­le Selbstverw­irklichung. Diesen Mentalität­swechsel müssen wir als Saatboden nutzen und sagen, jetzt machen wir mal die gefühlten Risiken kleiner.

Wie funktionie­rt das?

Gerth: Ich glaube, die Erwartungs­haltung ist zu groß, wenn man sagt, ich muss ein Lebenswerk aufbauen. Wenn man sagt, es ist ein Drei-Jahres-Projekt für mich, dann werden die Sorgen kleiner. Oft werden die falschen Vorbilder gesucht: Google und Co. Dann kniet man in Ehrfurcht nieder und hat schon den Stiefel des Scheiterns im Nacken. Wenn die Dinge kleiner werden, werden sie greifbarer und das Risiko zu scheitern ist nicht mehr so groß. Die Leute wollen nicht groß und final scheitern. Klein zu scheitern ist für viele kein Problem.

Interview: Sebastian Mayr Norbert Gerth ist Professor für Informatik an der Hochschule Augsburg. Er leitet das neue Programm „HSA_digit“, das Studenten und Forscher der Hochschule bei der Gründung digitaler Start ups unterstütz­en soll.

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Norbert Gerth

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