Deutschlands Diesel Jäger Nummer eins
Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch setzt der Autoindustrie zu und vieles durch
Berlin Manchmal wirkt es, als wolle Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch es ganz alleine mit der Autobranche aufnehmen. Leidenschaftlich kämpft der 57-Jährige für saubere Luft. Dann ist er in seinem Element. Beispiel „Dieselgipfel“Anfang August: Während Autobosse und Politiker zusammensitzen und über Auswege aus der Abgaskrise beraten, steht der weißhaarige Umweltschützer stundenlang vor einem gewaltigen aufblasbaren Auto mit der Aufschrift „Diesel-Abgase töten!“. Sein Tonfall, seine Haltung und seine Ausdauer lassen keinen Zweifel daran: Der Mann ist ein Überzeugungstäter.
„Die letzten zwei Jahren sind ein Ausnahmezustand“, sagt er. Die Deutsche Umwelthilfe, deren Geschäftsführer er ist, hat sich mithilfe von Abgas-Messgeräten und Gerichtsprozessen an die Spitze derer gestellt, die für saubere Luft in Städten und realistische Angaben zu Spritverbrauch und Abgas kämpfen. Ihre Gegner sehen sie in den Chefetagen der Autokonzerne – aber auch im Bundeskanzleramt.
Im Bundesumweltministerium nennt jemand Resch schmunzelnd „die wahre Opposition“. In einem großen Industrieverband sagt jemand: „Sorry, wenn ich den Namen höre, sehe ich rot.“Der 57-Jährige polarisiert und er tut es gern, manchmal auch mit umstrittenen Methoden, und nie verlegen um klare Worte – Betrug, Kartell, organisierte Kriminalität und vor allem: Skandal. Die Kritik, die DUH sei ein „Abmahnverein“, kann er nicht mehr hören und kontert sofort: „Wir kontrollieren die Einhaltung umweltbezogener Verbraucherschutzvorschriften und scheuen uns nicht, notfalls Verstöße vor Gericht und in die Öffentlichkeit zu bringen.“
Wenn Resch ausdauernd und ohne Punkt und Komma über Motortypen, Zulassungsverfahren und EU-Richtlinien referiert, kann man sich kaum vorstellen, dass der Mann auch ein Privatleben hat. Der dreifache Vater lebt seit mehr als 30 Jahren in einem renovierten Bauernhaus in Süddeutschland, in „einem hübschen kleinen Dorf im Hinterland des Bodensees“, wie er sagt, „mit Bauern und Handwerkern als Nachbarn, einem im positiven Sinne Kuhdorf“. Vom Gartentisch aus schaut er auf einen Froschtümpel.
„Da bin ich absolut geerdet“, sagt Resch, schwärmt von Ausflügen mit dem Solarboot auf dem Bodensee, von Radtouren und Vogelbeobachtung, vom wöchentlichen Getreidemahlen und Brotbacken.
Umweltschützer-Idylle eben. Mitglied der Grünen ist er übrigens nicht, nennt sich „parteipolitisch neutral“. Den ersten und einzigen grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann kennt und duzt er seit Jahren. Eine „Geisel“der Autoindustrie hat Resch den Regierungschef des Autolands BadenWürttemberg gerade genannt.
Der Umwelthilfe-Chef ist bestens vernetzt in der Umweltbranche, rühmt sich aber auch seiner Kontakte in der Autoindustrie und Bundesregierung. „Wir haben viele Dutzend Whistleblower“, sagt er. Viele Ingenieure verzweifelten, dass ihre Konzepte zur Reduktion von CO2 und Abgasemissionen abgelehnt würden. „Wem deshalb innerlich das Messer aufgeht, gibt uns häufig einen wichtigen Tipp für unsere Arbeit“, so beschreibt es Resch.
Im Naturschutz engagierte er sich schon als Schüler, Zivildienst machte er bei der Umweltschutzorganisation BUND. Er studierte Verwaltungswissenschaften, machte aber keinen Abschluss, und fing 1986 bei der Umwelthilfe an. Er kann viele Erfolge aufzählen – das Seennetzwerk „Living Lakes“, die Durchsetzung des Dosenpfandes und des Diesel-Partikelfilters. An diesen Initiativen war die DUH maßgeblich beteiligt. Als David im Kampf gegen Goliath will Resch sich selbst nicht sehen. „Wir agieren juristisch und inhaltlich auf Augenhöhe mit Industrie und Politik“, sagt er.