Donau Zeitung

Polizei will mehr und schärfer sehen

Innenminis­ter Herrmann kündigt weiteren Ausbau der Videoüberw­achung in Bayern an. Die SPD fordert Taten statt Worte. Die Grünen haben Bedenken

- VON ULI BACHMEIER

München Wer am Hauptbahnh­of in München aussteigt und dann mit Uoder S-Bahn weiterfähr­t oder zu Fuß in die Innenstadt geht, der wird immer wieder von Kameras erfasst: im Bahnhof, vor dem Bahnhof, beim Warten auf die S- oder U-Bahn, in den Zügen, vor Geschäften, in Geschäften, vor öffentlich­en Gebäuden – Überwachun­gskameras hängen an jeder Ecke. Nur zehn davon gehören der Polizei. Der Rest gehört der Bahn, den Münchner Verkehrsbe­trieben, der Stadt oder den Inhabern der Geschäfte. Sie dienen unterschie­dlichen Zwecken wie der Gefahrenab­wehr, der Abschrecku­ng von Straftäter­n, der Lenkung des Personenna­hverkehrs oder der Überführun­g von Ladendiebe­n. Und die Qualität der Bilder, die sie liefern, ist unterschie­dlich. Einige Aufnahmen sind so scharf, dass sie zur biometrisc­hen Gesichtser­kennung genutzt werden können, andere liefern nur ein Gesamtbild.

Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) will zur Verbesseru­ng der inneren Sicherheit künftig Möglichkei­ten nutzen, um die polizeilic­he Videoüberw­achung auszubauen. Gestern stellte er dazu ein Fünf-Punkte-Programm vor.

Ganz oben auf seiner Liste stehen zusätzlich­e stationäre Kameras der Polizei. Bisher gibt es davon bayernweit 48, nun werden 90 weitere Standorte geprüft. Weiter ist geplant, eine vierte mobile Videoüberw­achungsanl­age für die Polizei anzuschaff­en. Diese Anlagen kommen vor allem bei Volksfeste­n oder Großereign­issen zum Einsatz.

Doch auch auf das Bildmateri­al fremder Überwachun­gskameras will der Minister einen besseren Zugriff durch die Polizei. Bei vielen kommunalen Verkehrsbe­trieben etwa kann sich die Polizei im Ernstfall schon direkt und live zuschalten – zum Beispiel auf die 1611 Kameras, welche die Stadtwerke München in 100 U-Bahnhöfen installier­t haben. Dies soll in Zukunft ausgeweite­t und verbessert werden.

Eine Gesetzesre­form im Bund gestattet es zudem, den Zugriff der Polizei auch auf die Videoüberw­achung privater Betreiber zum Beispiel vor Einkaufsze­ntren oder Kon- zerthallen auszudehne­n. Auch hier will das Ministeriu­m tätig werden.

Und schließlic­h sei geplant, verstärkt hochmodern­e Videoüberw­achungssys­teme zu nutzen. Hermann sagte: „Mit neuesten Technologi­en werden wir die Qualität von Videoaufze­ichnungen weiter optimieren, um Täter noch schneller identifizi­ealle ren und Straftaten noch effiziente­r aufklären zu können.“Die Systeme könnten etwa gesuchte Straftäter erkennen oder vor auffällige­n Verhaltens­weisen, wie etwa dem Abstellen eines Koffers, warnen.

Bei der Opposition in Bayern stieß Herrmann auf ein geteiltes Echo. Der Chef der SPD im Landtag, Markus Rinderspac­her, warf ihm eine „folgenlose Ankündigun­gspolitik“vor. Er sagte, es sei schön, dass der Innenminis­ter jetzt ein Maßnahmenp­aket zusammenst­elle. Im Bereich der S-Bahn aber, den Herrmann zu verantwort­en habe, seien seit der letzten Ankündigun­g „acht Jahre des Stillstand­s und der Tatenlosig­keit vergangen“.

Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Schulze forderte mehr Transparen­z bei der Videoüberw­achung. Die Bürger müssten wissen, wo sie erfasst werden. Sie verwies zudem auf große Bedenken von Datenschüt­zern bei der biometrisc­hen Gesichtser­kennung. Die Grünen, so Schulze, werden „mit Argusaugen darüber wachen, dass die Grundrecht­e der Bayerinnen und Bayern gewahrt werden“. »Kommentar

 ?? Foto: Arno Burgi, dpa ?? Bayern will die Videoüberw­achung ausweiten. Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) stellte dazu gestern ein Fünf Punkte Programm vor.
Foto: Arno Burgi, dpa Bayern will die Videoüberw­achung ausweiten. Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) stellte dazu gestern ein Fünf Punkte Programm vor.

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