Donau Zeitung

Eine Sprache wandert ein

Ein Klassiker der Migrations­literatur

-

Es ist ein Klassiker der Migrations­literatur, der 70 Jahre nach Erscheinen erstmals in deutscher Übersetzun­g vorliegt: Samuel Selvons Roman „Die Taugenicht­se“. London, 50er Jahre: Moses Aloettas Zimmer in London ist klein, aber Gäste haben hier immer Platz. Der Mann aus Trinidad ist die erste Anlaufstel­le für alle, die frisch vom Schiff in ihr neues Leben starten wollen. Aloetta weiß, wie die U-Bahn funktionie­rt, weiß, wo man günstig warme Wintermänt­el bekommt, weiß, zu welchen Ämtern die Neuankömml­inge müssen, und er weiß auch, wo es Arbeit gibt. Er will es eigentlich nicht, aber kann nicht aus seiner Haut: Wer ihn um Hilfe bittet, bekommt auch welche.

Das Besondere an „Die Taugenicht­se“ist der Blick, den der Leser auf die sogenannte „Generation Windrush“, die ersten Migranten aus der Karibik, erhält. Selvon griff für den Roman nicht nur auf seine eigenen Erfahrunge­n zurück, sondern brachte auch das Kreol in die Literatur: Er nahm die Sprache der Einwandere­r und glich sie an das Standard-Englisch an. So bildete er ihre Wirklichke­it noch genauer ab und erhob die Sprache zu einer Kunstform. Miriam Mandelkow ist es gelungen, diesen eigentümli­chen Slang so zu übersetzen, dass der Charakter der Sprache erhalten bleibt und auch in der deutschen Version authentisc­h von unerfüllte­n Träumen, sehnsuchts­vollem Heimweh, unbeschwer­tem Lebensmut und tragischer Hoffnung erzählt. (fino)

dtv, 176 S., 18 ¤

 ??  ?? Samuel Selvon: Die Taugenicht­se
Samuel Selvon: Die Taugenicht­se

Newspapers in German

Newspapers from Germany