Donau Zeitung

Ab in den reichen Norden

Ein typisches Schicksal aus Italien

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„Vier Jahre am Fließband die Drehmaschi­ne überwachen und weitere achtundzwa­nzig auf einem Gabelstapl­er – das bin ich … Ein Roboter, kein Mensch.“Der Icherzähle­r ist ein älterer Mann, der sein Leben verpasst hat – zuerst in der Fabrik, dann im Gefängnis. Wie es dazu kam, davon erzählt Marco Balzano in dem Roman „Das Leben wartet nicht“. Alles beginnt Ende der 50er Jahre in einem sizilianis­chen Dorf, wo Ninetto, der Erzähler, in extremer Armut aufwächst. Nach dem Schlaganfa­ll der Mutter schickt ihn der Vater nach Mailand, um Geld zu verdienen. Der Bub wurstelt sich so durch, geht mit 15 in die Fabrik, heiratet und wird Vater einer Tochter. Jahre später bringt ihn ein unglücklic­her Zwischenfa­ll ins Gefängnis. Als er seine Strafe abgebüßt hat, ist sein Leben zerstört. Die Tochter hat den Kontakt abgebroche­n, die Enkelin kennt er nicht einmal.

Balzano erzählt eine Familienge­schichte, wie es sie in Italien sicher öfter gab. Die Geschichte Ninettos basiert auf den Erzählunge­n von Männern, die wie der Protagonis­t aus dem armen Süden in den reicheren Norden geschickt wurden. Ninetto hat sich abgefunden mit seinem Los. Am Ende fühlt er sich mit den neuen Migranten irgendwie verbunden – wie mit dem jungen chinesisch­en Paar in der EspressoBa­r. Die beiden werden so etwas wie seine Ersatzfami­lie. Womöglich kann er ihnen helfen, die Chance ihres Lebens zu ergreifen. (li)

Diogenes, 304 S., 22 ¤

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Marco Balzano: Das Leben wartet nicht.

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