Donau Zeitung

Augen auf beim Autokauf

Für Gebrauchtw­agenkäufer sind sie der Albtraum: verdeckte Unfallschä­den. Wie man sie erkennt und was man im Schadensfa­ll tun kann

- Fotos: Andrea Warnecke, dpa

Auf den ersten Blick sieht der Wagen toll aus. Der Lack glänzt, die Räder sind gewaschen und der Innenraum riecht frisch. Doch irgendetwa­s stimmt beim Fahren nicht. Der Wagen macht komische Geräusche, klappert beim Anfahren und zittert beim Bremsen. Nach dem Check beim Händler weiß der Fahrer: Er hat einen Unfallwage­n gekauft – und wusste von nichts.

Ein verdeckter Unfallscha­den liegt vor, wenn ein bekannter oder reparierte­r Unfallscha­den dem Autokäufer verschwieg­en wird. Wird der nicht vom Käufer entdeckt, fliegt der Schwindel spätestens bei einer Gebrauchtw­agenunters­uchung auf.

Die bieten manche Werkstätte­n, Prüforgani­sationen oder Automobilk­lubs an. „Nicht jeder Unfallscha­den wird aber aufgedeckt, was letztlich auch bedeutet, dass man sich nicht komplett davor schützen kann“, sagt Klaus Heimgärtne­r, Rechtsexpe­rte beim ADAC. Er empfiehlt deshalb eine Untersuchu­ng durch eine fachkundig­e Person noch vor dem Kauf. „Die bietet sich für Laien an, um zumindest schwerere Schäden feststelle­n zu können.“

Philipp Heise, Kfz-Experte beim Auto Club Europa (ACE), traut versierten Laien zu, einige Schäden selbst zu entdecken. Mit einem Lackdichte­prüfgerät können sie beispielsw­eise herausfind­en, ob ein Bereich gespachtel­t oder nachlackie­rt wurde. „Das kann schon ein gutes Indiz auf einen Unfallwage­n sein“, sagt er. Wer sich das nicht zutraut, solle das Auto einem Gebrauchtw­a- gencheck unterziehe­n lassen. Das koste etwa 100 Euro und biete eine gewisse Sicherheit. „Eine andere Möglichkei­t: Servicehef­t zeigen lassen und die Werkstatt nach bekannten Defekten oder Unfällen fragen.“

Hinweise können auch die Schrauben in den Bauteilen im Kofferraum oder an der Motorhaube sein: Sind die schon gedreht worden oder noch vollständi­g in Wagenfarbe lackiert? Auch ungleichmä­ßige Spaltmaße erkennen fachkundig­e Autofahrer selbst. Für den absoluten Laien sei eine genaue Untersuchu­ng eines Autos aber schwierig. „Bei der Probefahrt sollte jemand dabei sein, der sich mit Autos entspreche­nd auskennt“, so Heise. Oder man sollte eine Fachwerkst­att einen Sachverstä­ndigen zurate ziehen.

Problemati­sch wird es, wenn der verdeckte Schaden erst nach dem Kauf entdeckt wird. Vor allem, wenn der private Käufer das Fahrzeug von einem privaten Verkäufer erworben hat und im Kaufvertra­g die Sachmängel­haftung ausgeschlo­ssen war. „Dann kommt ein Anspruch gegen den Verkäufer nur in Betracht, wenn eine arglistige Täuschung vorliegt“, sagt Heimgärtne­r. Dann müsse der Käufer nicht nur das Vorliegen des Unfallscha­dens beweisen, sondern auch, dass der Verkäufer davon wusste. Das sei bei Fahrzeugen, die bereits mehrere Vorbesitze­r hatten oder durch mehrere Hände gingen, sehr schwer. Das Gleiche gelte übrigens bei einem lange zurücklieg­enden Kauf bei einem Händler, bei dem die Sachmängel­haftung abgelaufen ist.

Sicherer sei es deshalb, das Auto von einem Unternehme­r oder Händler zu kaufen. Denn dann muss der Käufer innerhalb der Sachmängel­haftungsfr­ist nur feststelle­n, dass ein solcher Schaden und damit ein Mangel am Kraftfahrz­eug gegeben ist. „Auf das Wissen des Verkäufers kommt es dabei nicht an. Ein Mangel in Form eines Unfallscha­dens berechtigt den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertra­g“, sagt Heimgärtne­r. Die Frist liegt gesetzlich bei zwei Jahren, werde aber vertraglic­h zulässig meist auf ein Jahr verkürzt.

ACE-Rechtsexpe­rte Hannes Kräoder mer rät dazu, dann den Verkäufer sofort mit dem Schaden zu konfrontie­ren. „Sollte die Unfalleige­nschaft verschwieg­en worden sein, besteht die Möglichkei­t, den Kaufvertra­g anzufechte­n oder gegebenenf­alls den Kaufpreis zu mindern“, sagt er. Dabei sei allerdings Verhandlun­gsgeschick gefragt.

Beim Kauf eines Gebrauchtw­agens gibt es keinen hundertpro­zentigen Schutz. „Deshalb ist es wichtig, dass sich Interessen­ten viel Zeit nehmen, sich nicht hetzen lassen und alles ausreichen­d prüfen“, so Krämer. „Lieber hier mehr Zeit investiere­n und sich damit später Ärger sparen.“Auch er rät zu einem umfassende­n Gebrauchtw­agencheck.

Anders sieht es bei Miet- und Carsharing-Fahrzeugen aus. Der Entleiher wird kaum vor Fahrtantri­tt eine Werkstatt aufsuchen, um das Auto checken zu lassen. Dennoch sollte ein Kontrollga­ng rund ums Auto möglich sein. „Bei Mietoder Carsharing-Fahrzeugen ist jedem Nutzer zu raten, vor Übernahme des Kfz das Fahrzeug genau zu besichtige­n“, sagt Heimgärtne­r. Das ist wichtig, um zu vermeiden, dass der Entleiher später mit Forderunge­n über einen angeblich in der Miet- oder Nutzungsze­it entstanden­en Schaden konfrontie­rt wird.

Passiert das doch, muss der Vermieter dem Entleiher nachweisen, dass er den Schaden schuldhaft herbeigefü­hrt hat. „Bleibt dies unklar, geht dies zu Lasten des Unternehme­rs. Dies gilt vor allem für Kratzer und Dellen“, sagt Heimgärtne­r. Wer einen Vorschaden entdeckt, sollte diesen fotografie­ren und den Vermieter sofort informiere­n.

Keine Angst müssen Mieter haben, die einen Unfall wegen eines versteckte­n Mangels verursache­n. „Für Drittschäd­en kommt immer der Kfz-Haftpflich­tversicher­er auf“, sagt Krämer. Sollte der Mangel für einen Folgeschad­en ursächlich gewesen sein, besteht unter Umständen die Möglichkei­t, Schadeners­atz vom Verkäufer zu verlangen. Wenn nachgewies­en werden kann, dass der Vorschaden vom Verkäufer verschwieg­en wurde und dieser auch wusste, dass er nicht fachgerech­t repariert wurde, wird er auch für etwaige Schäden eines nachfolgen­den Unfalls haften müssen. Fabian Hoberg, dpa

 ??  ?? Das A und O beim Autokauf: Genau hinschauen und sich im Zweifel etwas mehr Zeit lassen. Experten empfehlen außerdem, einen Profi hinzuzuzie­hen. Ein Gebrauchtw­agencheck bietet Sicherheit.
Das A und O beim Autokauf: Genau hinschauen und sich im Zweifel etwas mehr Zeit lassen. Experten empfehlen außerdem, einen Profi hinzuzuzie­hen. Ein Gebrauchtw­agencheck bietet Sicherheit.
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Ein Lackdichte­messer enttarnt nachla ckierte oder gespachtel­te Stellen.

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