Gemeinschaft und Gemütlichkeit in Gottmannshofen
Bei uns daheim Der Wertinger Stadtteil ist nach wie vor ein Dorf, dessen Bewohner viel Lokalpatriotismus zeigen. Und großen Zusammenhalt
Gottmannshofen Die Gottmannshofener wirken fast, als lebten sie in einem Dorf, in dem es keine Sorgen gibt. Nun – fast keine Sorgen. Das größte Gesprächsthema im Dorf wird erst gegen Ende des ausgiebigen Spaziergangs durch den Wertinger Stadtteil angeschnitten. Zu dem Ort gehören noch Reatshofen und Geratshofen, insgesamt leben knapp 2000 Leute hier.
Rund 80 davon haben sich im wunderschönen Pfarrgarten im Schatten der großen Bäume versammelt. Der Spaziergang beginnt mit einem Besuch der Barockkirche Mariä Heimsuchung, den der 19-jährige Severin Wallisch mit einem schönen Stück auf der Kirchenorgel einleitet. Nachdem sich alle gesetzt haben, gibt Wolfram Stadler, der über die Geschichte seines Heimatortes bestens Bescheid weiß, ein bisschen Hintergrundwissen zum Besten. Zwei Besonderheiten stechen bei diesem Gotteshaus heraus. Zum einen gibt es hier eine 15. Station bei der Darstellung des Leidensweges Christi. Und zum anderen gibt es einen kleinen Fehler bei den Nebenfiguren des Jesuskreuzes. Die schauen nämlich beide nach rechts, und nicht beide auf den Sohn Gottes. „Die Figuren zu vertauschen würde jetzt auch nichts bringen“, meint Stadler und schmunzelt.
Der gelebte Glaube ist eine Säule der Gemeinschaft in Gottmannshofen. In der Kapelle, scherzhaft „Dom von Reatshofen“genannt, gibt es ebenfalls eine bemerkenswerte Darstellung des Passionsweges. Dieser wurde von Hand geschnitzt, vom Reatshofener Metzger Herwig Maier, wie Franz Keiß erzählt.
Nicht nur der Glaube, auch die Vereine spielen im Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft eine große Rolle. Die 54 Mitglieder der „Freunde alter Landmaschinen“bilden einen der ortsansässigen Vereine. Andreas Huber hat ein besonders altes Exemplar in den Pfarrgarten gefahren und lässt es nun an. Das geht nur mit gewissem Aufwand, denn einen Anlasser hat das 1949 gebaute „Kälble“aus dem Allgäu nicht. Die Kinder sind begeistert von dem lautstarken Rattern des Motors.
Auch im Festefeiern sind die Gottmannshofener gut. Das geschieht oft auf dem Grundstück von Huber, denn da gibt es reichlich Platz, und bei Regen geht es einfach in die Garage. Somit ist sein Grundstück ein gefragter Austragungsort, auch bei den anderen Vereinen im Ort. Die sind die Freiwillige Feuerwehr, die Soldaten und Kameraden, die Gartenbauer und die Schützen von „Gemütlichkeit“.
Die Gottmannshofener sind außerdem froh, dass die Verpflegung noch ortsnah möglich ist. Zum Beispiel die frische Milch von der „stählernen Kuh“, einem Milchautomaten auf dem Hof von Reinhardt Seiler. Dass es mit dem Gasthof Stark noch einen Wirt im Dorf gibt, ist den Gottmannshofenern ebenfalls eine Herzensangelegenheit. Besonders den Schützen: Diese haben ihre Anlage neben den Esszimmern, und auf dem Dach sammeln sich die Requisiten für die Theaterstücke, welche die Theatergruppe des Schützenvereins jedes Jahr aufführt. „Da muss man aber kein Schütze sein, um mitzumachen“, sagt Franz Keiß.
Bei bestem Wetter versammeln sich zum Abschluss des Spaziergangs die Gottmannshofener im Pfarrgarten. Der Pfarrgemeinderat hat für Kaffee und Kuchen gesorgt, auf den nun ein regelrechter Ansturm folgt. Bei einem netten Plausch berichtet Christian Bestle, Vorsitzender des Gartenbauvereins, von der Kindergruppe „Fleißige Bienen“des Vereins. 15 Kinder machen hier mit.
Und bei den Kindern wird es bei den zahlreichen Gesprächen dann auch ernst. Denn in Gottmannshofen gibt es noch eine Schule – und deren Zukunft ist ungewiss. Für das kommende Schuljahr läuft der Schulbetrieb noch regulär. Doch was danach kommt, ist ungewiss. Bei dem Thema kommt bei den Gottmannshofenern ein gewisser Zorn zum Vorschein. 40 Jahre habe man die Schuleinrichtung vernachlässigt. Und jetzt folge das politische Geschacher.
Wolfram Stadler hofft, dass der Stadtrat „die richtige Entscheidung“für die Schule treffen wird.„Wenn die jungen Leute im Ort zur Schule gehen, bleibt ihnen einfach immer ein anderer Bezug zu ihrem Heimatdorf“, glaubt Stadler. Früher war hier sein Vater Lehrer.
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