Leben wir im Lehrstellen Eldorado?
Auszubildende sind die Fachkräfte von morgen. Schon heute fehlt aber Personal. Der Chef der bayerischen Arbeitsagenturen erklärt, wie der Mangel behoben werden kann
Herr Holtzwart, wirft man einen Blick auf die jüngsten Zahlen der Bundesagentur, könnte man meinen, Bayerns Jugend lebt in einem LehrstellenEldorado. Es gibt 22000 Stellen mehr als Bewerber. Stimmt der Eindruck? Ralf Holtzwart: Eldorado ist hochgegriffen. Aber der Ausbildungsstellenmarkt in Bayern ist ausgezeichnet. Das liegt daran, dass die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe und der Jugendlichen ungebrochen hoch ist. Jedes Jahr verlassen rund 120 000 Absolventen die allgemeinbildenden Schulen. Knapp 80000 möchten eine Ausbildung beginnen. Der Rest besucht weiterführende Schulen oder studiert.
Es heißt dabei immer: Alle möchten studieren und niemand Azubi sein. Holtzwart: ren hat und sich in der Industrie mehr verdienen lässt. Viele wechseln vom Handwerk in die Industrie.
Wollen junge Menschen also nur viel Geld verdienen?
Holtzwart: Nein. Jeder muss seinen Lebensunterhalt bestreiten. Und in unserer Gesellschaft ist ein hohes Einkommen ein Zeichen von Status. Aber beides muss zusammenpassen: die persönliche Neigung und die beruflichen Perspektiven. Man kann heute ja nicht sagen, wie ein Beruf sich in zwanzig Jahren entwickelt. In manchen Sparten sind die Entwicklungschancen sehr gut – etwa in der Produktion, im Metall- und Elektrobereich, oder bei Zimmerleuten und Installateuren.
Und trotzdem wollen alle Buben KfzMechatroniker und alle Mädchen Bürokauffrau werden.
Hotzwart: Das stimmt. Es gibt etwa 330 Lehrberufe. Ein Großteil der Jugendlichen will davon zehn Berufe lernen. Auf der anderen Seite bieten Firmen die Mehrheit der Stellen im Bereich dieser Top-Ten-Berufe an. Das heißt: Ja, wir haben eine starke Konzentration auf gewisse Lehrberufe, aber die werden auch am häufigsten gesucht.
Sind denn die Ansprüche der Arbeitgeber gesunken, weil Fachkräfte fehlen? Holtzwart: Die Anforderungen der Arbeitgeber verändern sich. Im Rahmen der Automatisierung und Digitalisierung werden sie höher. Das heißt, die körperliche Arbeitsleistung nimmt ab, dafür sind andere Fähigkeiten gefragt. Deshalb müssen die jungen Menschen bereits in der Schule auf die intellektuellen Anforderungen vorbereitet werden, damit sie Schritt halten können.
Die Digitalisierung verändert ja nicht nur die Ausbildung. Sie macht es auch denen schwer, die lange arbeitslos sind. Holtzwart: Die große Aufgabe für die bayerischen Arbeitsagenturen be- steht darin, der Dynamik der bayerischen Wirtschaft standzuhalten. Wir haben jedes Jahr rund eine Million Menschen, die arbeitslos werden und wieder Beschäftigung finden. Sie sind im Durchschnitt gut 100 Tage arbeitslos. Es gibt welche, die länger brauchen. Um sie zu vermitteln, müssen wir in die Qualifizierung investieren.
Das heißt?
Holtzwart: Von den rund 220 000 Arbeitslosen in Bayern sind 100000 ohne Schulabschluss. Sie suchen in der Regel einen Job auf Helferniveau. Aber die Wirtschaft sucht nur etwa 20 000 Helfer – und es werden weniger. Dafür fehlen 100000 Fachkräfte. Deshalb liegt unserer Schwerpunkte auf der Qualifizierung von Helfern zu Fachkräften.
Die Wirtschaft braucht Fachkräfte, schließlich gibt es einen Job-Boom. Gilt der für alle Branchen? Holtzwart: In Bayern trägt vor allem der Handel, das Verarbeitende Gewerbe und das Gesundheits- und Sozialwesen zu dem Boom bei. In Schwaben ist es das Produktionsgewerbe. Wir haben momentan 5,4 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, das ist in der Tat die höchste Zahl seit Juni 1999.
Berufe wandeln sich schon immer – und das bleibt so
Gleichzeitig fallen durch die Digitalisierung Stellen weg. Kann das Beschäftigungsniveau so hoch bleiben? Holtzwart: Schauen Sie mal in die Vergangenheit. Was waren da die wichtigsten Logistik-Berufe? Der Schröter, der Küfner und der Kutscher. Der Schröter hat die Fässer im Keller ein- und ausgelagert. Der Küfner hat die Fässer gemacht. Nur der Kutscher hat halbwegs überlebt. Er fährt heute LKW. Wir haben schon immer große Veränderungen. Berufe werden wegfallen – ja. Es entstehen aber auch neue. Und die Digitalisierung hat positive Seiten. Denn durch den demografischen Wandel werden die Beschäftigten immer älter. Sie können vielleicht nicht mehr so zupacken, müssen das aber auch nicht, weil eine Maschine sie unterstützt.
Neben Ausbildung und der Weiterqualifizierung von Hilfskräften hoffen Arbeitgeber, unter den Flüchtlingen Fachkräfte zu finden. Ist diese Hoffnung begründet?
Holtzwart: Wenn wir von Ausländern generell sprechen, dann unbedingt. In Bayern sind mehr als zehn Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Ausländer – 680000 an der Zahl. Und insgesamt leben nur 62 000 arbeitslose Ausländer in Bayern, Geflüchtete mitgezählt. Das ist nicht dramatisch. Wobei der Großteil der Ausländer aus der EU kommt. Ich glaube aber, dass bei den Geflüchteten viele dabei sind, die mittel- und langfristig einen Beitrag leisten können. Die Frage ist nur, wer darf einen Beitrag leisten? Weil unter allen, die könnten, ist ja nur ein Teil, der darf.
Bräuchten wir eine klügere Zuwanderungspolitik?
Holtzwart: Wenn es uns gelingt, dass die bayerische Wirtschaft weiter wächst, dann ist das fantastisch. Ich halte es für bereichernd, wenn Menschen aus verschiedenen Kulturen und mit entsprechender Bildung gemeinsam an Projekten arbeiten. Da kommen wir um eine gute Zuwanderung nicht herum. Integration ist keine Frage der Herkunft, sondern von Erziehung, Bildung und Ausbildung. Interview: Christina Heller
ORalf Holtzwart ist seit 2016 Chef der Bundesagentur für Arbeit in Bayern. Er hatte diesen Posten von 2010 bis 2014 schon einmal inne. Dann ging er für zwei Jahre nach Brüssel als Berater der EU Kommission. Frankfurt am Main Hier ist wirklich alles Gold, was glänzt: Vor laufenden Kameras präsentiert die Bundesbank in ihrer Zentrale Barren zum Anfassen – etwa so groß wie eine Milchtüte, aber mit rund 12,5 Kilogramm so schwer, dass man sie nur mit Mühe in die Höhe bekommt. Wichtigste Botschaft der Zentralbank: Die deutschen Goldreserven sind echt und sie sind tatsächlich vorhanden. „Wir haben jeden Barren auf Echtheit und Gewicht geprüft. Es gab keine Beanstandungen“, sagt BundesbankVorstand Carl-Ludwig Thiele. Rund drei Jahre früher als geplant hat die Notenbank ihr Ziel erreicht und verwahrt nun gut die Hälfte der 3378 Tonnen in eigenen Tresoren auf ihrem Gelände in Frankfurt.
Jahrelang rankten sich Verschwörungstheorien um den mit rund 270000 Barren zweitgrößten Goldschatz der Welt, der aus historischen Gründen zum größten Teil im Ausland lagerte. „Wo ist das Gold der Deutschen?“– mit seiner provokanten Frage traf CSU-Urgestein Peter Gauweiler im Mai 2012 einen Nerv.
Ist der Milliardenschatz im Ausland sicher? Ist das Gold überhaupt vorhanden? Noch nie – so monierte der Bundesrechnungshof im Herbst 2012 – habe die Bundesbank die deutschen Goldreserven jenseits der Landesgrenzen „körperlich aufgenommen und auf Echtheit und Gewicht“geprüft. „Holt unser Gold heim!“, forderte eine Initiative.
Seit 2013 brachte die Bundesbank Jahr für Jahr hunderte Barren auf streng geheimen Wegen über den Atlantik und den Rhein nach Deutschland – aus den Tresoren der US-Notenbank Fed in New York und der Banque de France in Paris.
Dass das Gold, welches dem deutschen Staat gehört und von der Bundesbank verwaltet wird, über Jahrzehnte fast komplett im Ausland aufbewahrt wurde, hat eine Vorgeschichte: Ab Mitte 1951 baute die Bank deutscher Länder als Vorgängerin der Bundesbank erste Goldreserven auf. In den Wirtschaftswunderjahren nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der deutsche Goldschatz rasant. Der florierende Export brachte der Bundesrepublik viele Dollar ein, die bei der US-Zentralbank gegen Goldforderungen eingetauscht wurden.
Während des Kalten Krieges war es gewollt, deutsches Gold „westlich des Rheins“und weit außerhalb der Landesgrenzen zu verwahren – als möglichen Puffer für Währungskrisen. Nach der Deutschen Einheit habe sich die „geopolitische Situation“weiter normalisiert, Deutschlands Lage sei „viel sicherer“geworden, begründete BundesbankMann Thiele die Verlagerung des Edelmetalls. Die Bundesbank setzt auf Transparenz: Auf 2400 Seiten listet sie nun seit Ende 2015 öffentlich einsehbar jeden einzelnen Barren auf. (dpa)
Bundesbank hält Wort
Die bohrende Frage des Peter Gauweiler