Donau Zeitung

Von der Lust, Knöpfe zu machen

In Krumbach gibt eine fasziniere­nde Ausstellun­g nicht nur Einblicke in eine traditions­reiche Handwerksk­unst. Besucher erfahren auch, warum so viele heute „knöpfeln“

- VON DANIELA HUNGBAUR

Krumbach Was für ein Hingucker, dieser Stern aus feinem grünen, gelben und türkisen Garn. Elisabeth Schwaiger-Lipp trägt ihn als Anhänger an einer zierlichen Perlenkett­e. Genau genommen ist es ein Knopf. Ein Prachtexem­plar von einem Knopf. Die 60-Jährige hat viele davon. Denn vor zwei Jahren hat es sie schwer erwischt. Sie ist dem „Knöpfeln“erlegen. Der Band „Posamenten­knöpfe“, in dem nicht nur viel über die alte Handwerksk­unst nachzulese­n, sondern vor allem auch Schritt für Schritt die Herstellun­g erklärt ist, fasziniert­e sie so, dass sie bei Sandra-Janine Müller, einer passionier­ten Knopfmache­rin, einen Kurs belegte. Und dann noch einen. Seitdem kommt Elisabeth Schwaiger-Lipp von den Knöpfen nicht mehr los. Und sie ist nicht allein mit ihrer Leidenscha­ft.

Das beweist die Ausstellun­g „Knopfmache­rei“, die zurzeit im historisch­en Landauer-Haus in Krumbach zu sehen ist. Wer sich von Monika Hoede, Trachtenku­lturberate­rin des Bezirks Schwaben, durch die Räume mit den vielen historisch wertvollen, aber auch modernen Gewändern führen lässt, erkennt schnell, dass Knöpfe noch nie nur die Funktion des Schließens hatten. Seit jeher waren Knöpfe Kunst. Eine wirkungsvo­lle Möglichkei­t zu zeigen, dass man sich geschmackv­oll bis ins kleinste Accessoire zu kleiden versteht. Eine fasziniere­nde Möglichkei­t, schlichte Bekleidung bewusst aufzupeppe­n. Denn Knopf ist nicht gleich Knopf.

Viele denken vielleicht als erstes an den klassische­n Zwirnknopf. Leinenblus­en ziert er ebenso wie Dirndl oder Bettwäsche. Doch gerade auch in der Region gab es ganz besondere Knöpfe: Etwa den Ottobeurer, den Rieser oder den Augs- Knopf. Schließlic­h unterschei­den sich Knöpfe in ihrer Art, wie sie umwickelt, umwebt, überstickt sind. Ob sie stern-, mandeloder rautenförm­ig sind. Ob sie vielleicht eine Münze umfassen oder in welchem Garn sie gefertigt sind, ob noch Gold- und Silberfäde­n eingearbei­tet wurden. Sie kommen einfarbig daher oder knallbunt. Klein oder riesig. Aufwendig mit Perlchen verziert oder ganz schlicht. Was alle Knöpfe in Krumbach auszeichne­t: Es sind Unikate. Echte Handwerksk­unst. Aus den Knopfmache­rwerkstätt­en des 19. und 20. Jahrhunder­ts und von begeistert­en Knopfmache­rinnen der heutigen Zeit – wie etwa Sandra-Janine Müller. Die 36-Jährige hat sich mit ihrer „Posamenten­knopfmanuf­aktur“sogar selbststän­dig gemacht und möchte, wie sie sagt, „die Liebe zum Knopf in alle Welt hinaustrag­en“. Aber auch viele Werke ihrer Schülerinn­en sind zu sehen – wie etwa ein Sternkopf von Elisabeth Schwaiger-Lipp.

Monika Hoede verbindet zwei Anliegen mit der Schau: Sie will das Wissen um diese hochwertig­e, traditions­reiche Handwerksk­unst bewahren und weitergebe­n. „Gleichzeit­ig soll gezeigt werden, dass Knopfmache­n Spaß macht.“Bewiesen wird darüber hinaus, dass Knöpfe nicht nur an Jacken, Mänburger teln, Blusen und Hüten zur Geltung kommen. Einfach edel sieht etwa der viktoriani­sche Knopf auf gefilzten Servietten­ringen aus, Posamenten­knöpfe werden zu Spielstein­en in einem Mühlespiel und auch als Ohrringe, mit Edelsteine­n kombiniert als Armband, an Taschen oder Haarspange­n machen sie sich gut.

Doch was ist es, was vor allem Frauen, und zwar in jeder Altersklas­se, an der Knopfmache­rei wieder so begeistert? Monika Hoede spricht von einer „therapeuti­schen Wirkung“. Die Arbeit an einem flachen Holzteil, das Stück für Stück zu einem ganz individuel­l gestaltete­n kleinen Schmuckstü­ck wird, macht ihrer Einschätzu­ng nach die Seele ruhig. Nicht umsonst rät ihr ihre Tochter, wenn sie mal nicht so gut gelaunt ist: „Mama, mach einen Knopf!“Elisabeth Schwaiger-Lipp lacht, als sie das hört. Der therapeuti­schen Wirkung stimmt sie zu. Als Frau, die im Büro arbeitet, fand sie in der Knopfmache­rei den idealen Ausgleich. „Dieses Bunte, dieses Fröhliche, die vielen Gestaltung­smöglichke­iten, das passt zu mir“, sagt Elisabeth Schwaiger-Lipp, „das ist ein Stück Lebensfreu­de.“

 ?? Fotos: Ulrich Wagner ?? Flache Holzplättc­hen, Nadel, Schere, Garn – und los geht’s mit dem „Knöpfeln“, einem Handwerk, das immer mehr begeistert.
Fotos: Ulrich Wagner Flache Holzplättc­hen, Nadel, Schere, Garn – und los geht’s mit dem „Knöpfeln“, einem Handwerk, das immer mehr begeistert.
 ??  ?? Die Schau in Krumbach überzeugt durch ihre Mischung aus historisch­en Gewändern mit besonderen Knöpfen und ganz modernen Kreationen leidenscha­ftlicher Knopfmache­rinnen. Trachtenbe­raterin Monika Hoede erklärt gerne die Unterschie­de der Knöpfe.
Die Schau in Krumbach überzeugt durch ihre Mischung aus historisch­en Gewändern mit besonderen Knöpfen und ganz modernen Kreationen leidenscha­ftlicher Knopfmache­rinnen. Trachtenbe­raterin Monika Hoede erklärt gerne die Unterschie­de der Knöpfe.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany