Donau Zeitung

So spannend war die Champions League noch nie

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger­allgemeine.de

Hach, was war das gestern in Monaco wieder mitreißend. Vergessen Sie die Ziehung der Lottozahle­n. Eine Nichtigkei­t. Großes kündigte sich an. Wild wirbelten die Kügelchen in den Glasschüss­eln durcheinan­der, im Inneren verbargen sie die Namen der europäisch­en Fußball-Könige. Die Auslosung der Champions League elektrisie­rte die Vereinsher­ren in ihren Armani-Anzügen, nervös zupften sie an Krawatten. Tagelang hatten sie vor Spiegeln geübt, welcher Gesichtsau­sdruck am besten zu welchem zugelosten Gegner passte. Dass sie derart aufgeregt mit Oberschenk­eln wippten, hatte einen guten Grund. Sie wissen: Spannender als bei der Auslosung wird es im Verlauf dieser Champions-League-Saison nicht mehr werden.

Glauben Sie nicht? Sie meinen: sportliche­r Wettbewerb, Glück, Pech, Verletzung­en, falsche Schiedsric­hterentsch­eidungen. Verstorben­e Haustiere, die Sinnkrisen bei Fußball-Profis verursache­n. All das könnte natürlich das Treiben auf dem Rasen beeinfluss­en. Die Realität indes sieht anders aus. Langeweile überall. Ursächlich – wie sollte es anders sein: das Geld. Genauer: das viele Geld. Und dessen Verteilung.

Die Champions League war einst eine runde Sache, als wahrhafte Meister dem elitären Kreis angehörten und im K.o.-System gespielt wurde. Es folgten Kommerz, Gier, Maßlosigke­it. Es kamen hinzu Tabellenzw­eite, -dritte, -vierte, ja sogar -fünfte. Brandbesch­leuniger sind Milliarden Euro, die TV-Sender und Sponsoren in das gepimpte Produkt stecken. Von Jahr zu Jahr mehr.

Die Champions League beeinfluss­t den gesamten europäisch­en Klubfußbal­l, sportliche­n Wettbewerb hat sie nahezu abgeschaff­t. Selbst Fußball-Romantiker müssen einsehen: Geld schießt Tore. Erste Opfer waren die nationalen Ligen. Kurz zusammenge­fasst: Dauergäste in der Champions League dominieren in Italien, Spanien oder Frankreich. Also spielen sie wieder Champions League. Kassieren wieder Millionen. Kaufen wieder teure Stars. Landen wieder auf einem Champions-League-Platz. Das Rad dreht sich weiter. Und weiter. Auswüchse zeigen sich darin, dass der FC Bayern Erfolg am Abschneide­n in der Champions League misst. Halbfinale ist Pflicht.

Nun greift das Geld-Virus seinen eigenen Wirt an, auch innerhalb der Königsklas­se geht die Schere zwischen arm und reich auseinande­r. Barcelona, Real Madrid, FC Bayern oder Juventus Turin dürften im Halbfinale stehen, vielleicht auch Paris St. Germain. Es sei denn, diese Klubs treffen vorher aufeinande­r.

Wird gelost, ist sie wirklich spannend, diese Champions League.

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