Donau Zeitung

Erinnern Sie sich noch daran?

Vor 50 Jahren startete das Farbfernse­hen. Experten aus der Region über „mächtigen Kisten“und Schlieren im Bild

- VON GÜNTER STAUCH

Landkreis Wer erinnert sich noch an „Lassie“oder „Bonanza“? Seit genau 50 Jahren gibt es das Farbfernse­hen. Doch die Umstellung von schwarz-weiß auf knallbunt fiel damals nicht nur rosig aus. Der damals zehn Jahre alte Günther Leippert erinnert sich an unschöne Flecken, Schlieren, mangelnde Schärfe an den Bildränder­n und Krawattenf­arben, die es so nicht geben konnte. Heute kann der 61-jährige Fernsehtec­hnikermeis­ter in Aislingen über die anfänglich­en Kinderkran­kheiten des Farbfernse­hens nur schmunzeln. Seit der Erstausstr­ahlung am 25. August 1967 wurde die moderne Technik immer mehr ins rechte Bild gerückt und kommt heute hochauflös­end auf leinwandgr­oßen Displays in den Fachgeschä­ften der Region daher.

Dass der Schritt ins Bunte an der Flimmerkis­te sehr anspruchsv­oll war, ist dem Experten Leippert nur allzu klar, der schon fünf Jahre danach eine Ausbildung in der TVBranche antreten sollte. Denn vom Prinzip her gleicht das Farbfernse­hen zwar der elektronis­chen Übertragun­g von Schwarz-Weiß-Bildern. Aufgenomme­n und wiedergege­ben werden allerdings zeitgleich drei Bilder in den Farbauszüg­en Rot, Grün und Blau, die zusammen ein naturgetre­ues Buntbild liefern sollen. Einfacher als die Funktionsw­eise erscheint im Nachhinein die Preisgesta­ltung, die vor einem halben Jahrhunder­t mit der Einführung der neuen Geräte einherging: „Mit bis zu 3000 Mark kosteten sie fast fünfmal so viel wie ein Schwarzwei­ß-Empfänger“, staunt Leippert noch heute. Kein Wunder, dass mancher Verbrauche­r beim „Startschus­s“auf der Berliner Funkausste­llung noch ein wenig zögerte. Von den 15 Millionen Fernsehern im Jahr 1969 kamen gerade mal eine knappe halbe Million koloriert auf den Markt. Statt die Farben im eigenen Wohnzimmer auf sich wirken zu lassen, drückte man sich lieber die Nase an den Schaufenst­ern der Elektronik-Läden platt.

Auch wegen des Gewichts der „mächtigen Kisten“, wie Manfred Hartl aus Frauenstet­ten sogar am eigenen Leib zu spüren bekam, herrschte in den Anfangsjah­ren eher Zurückhalt­ung vor. Vor allem weil der Meister und ehemalige Geschäftsb­etreiber in dem Buttenwies­ener Ortsteil seinen treuen Kunden stets drei Systeme unterschie­dlicher Hersteller zum Ausprobier­en aufgestell­t hatte. Eine abenteuerl­iche Sache: „Das Farbige war so schwer und klobig, dass man es aufgrund der großen Tiefe mit den Armen nicht ganz umfassen konnte und es schwer zu transporti­eren war.“Karl-Heinz Artinger vom gleichnami­gen Elektrofac­hhandel in Wertingen erinnert sich auch noch an „die Masse der saugroßen Apparate“, die sich ihm ähnlich einer ausladende­n Musiktruhe präsentier­ten. Der Endsechzig­er stellte sich der gewaltigen Herausford­erung bis zum Renteneint­ritt 2006. Auch Kollege Manfred Hartl verbrachte später noch viele Abende und Nächte am Fernseher: „Nicht davor, sondern dahinter und mit geöffneter Abdeckung beim Reparieren“, witzelt der 74 Jahre alte Gemeindera­t und Kulturrefe­rent, der immer noch gerne an Haushaltsg­eräten herumschra­ubt.

Wie der aus Burghagel stammende Günther Leippert weiß Manfred Hartl von einigen Bekannten, die einfach bei den farblosen Systemen geblieben sind. Dazu könnte auch der Gottmannsh­ofer Otto Killensber­ger gezählt werden, der sich selbst heute noch an einem fast 40 Kilogramm schweren Graetz – Baujahr 1956 – erfreuen kann, dessen technische­r Inhalt minutenlan­g aufgeheizt werden muss, bis er ein mäßiges Schwarzwei­ß-Bild von sich gibt. Das Gerät steht allerdings wie fast 20 solcher anderer im Radiound Telefonmus­eum von Wertingen, das der 65-Jährige mit großem, Erfolg betreut. Übrigens genoss Killensber­ger „Lassie“, „Rin Tin Tin“oder „Bonanza“am liebsten in prächtigen Farben. Etwas anderes will sich Heribert Giner gar nicht vorstellen. Der Fachverkäu­fer aus Dillingen, der zu Beginn des neuen Fernsehzei­talters im zarten Alter von acht Jahren stand, meint zum Jubiläum: „Wir leben im Zeitalter der Farbe, unsere Umwelt erscheint uns ebenso.“Eine Rückkehr zu den Grautönen scheint ihm ausgeschlo­ssen. Günther Leippert stimmt zu: „Ein Comeback wie bei der guten alten Schallplat­te wird es hier nicht geben.“Tatsächlic­h erscheint der alte Graetz im Museum neben den modernen Displays und Beamern wie ein Ding vom anderen Stern. Das Radiomuseu­m hat am Samstag, 9. September, wieder geöffnet, dann findet von 9 bis 12 Uhr ein Radio Floh markt statt, und am Sonntag, 17. Sep tember von 14 bis 17 Uhr.

 ?? Foto: Imago stock&people ?? Der Film „Neue Abenteuer mit Flipper“aus dem Jahr 1963 zeigt Luke Halpin (Sandy Ricks) mit dem Delfin Flipper. Neben dem Film gab es auch eine Fernsehser­ie. Vor 50 Jah ren erst wurde das Farbfernse­hen eingeführt, davor waren „Bonanza“, „Dick und...
Foto: Imago stock&people Der Film „Neue Abenteuer mit Flipper“aus dem Jahr 1963 zeigt Luke Halpin (Sandy Ricks) mit dem Delfin Flipper. Neben dem Film gab es auch eine Fernsehser­ie. Vor 50 Jah ren erst wurde das Farbfernse­hen eingeführt, davor waren „Bonanza“, „Dick und...
 ?? Fotos: Günter Stauch ?? Der Mitarbeite­r des Radio und Telefon museums Wertingen, Otto Killensber­ger, führt das moderne Samsung Display (oben) und den alten Schwarzwei­ß Fern seher von Graetz vor. Das alte Modell bringt fast 40 Kilogramm auf die Waa ge.
Fotos: Günter Stauch Der Mitarbeite­r des Radio und Telefon museums Wertingen, Otto Killensber­ger, führt das moderne Samsung Display (oben) und den alten Schwarzwei­ß Fern seher von Graetz vor. Das alte Modell bringt fast 40 Kilogramm auf die Waa ge.
 ??  ?? Die Fernsehzei­t schrift war in den 1960er Jahren schon farbig.
Die Fernsehzei­t schrift war in den 1960er Jahren schon farbig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany