Was die digitalen Trends sind – und was nicht
Vom Fernseher, der sich in ein Gemälde verwandelt, bis zur Zahnbürste, die an das Smartphone gekoppelt ist: Die Elektronikschau IFA in Berlin zeigt ab Freitag, welche Entwicklungen auf den modernen Menschen zukommen
Zum Start der IFA in Berlin blickt die Branche auf ein solides Geschäftsjahr. Knapp 12,5 Milliarden Euro nahmen die Hersteller mit Unterhaltungselektronik im ersten Halbjahr 2017 ein – ein Umsatzzuwachs von 2,4 Prozent. Mit Hausgeräten, die seit einigen Jahren ebenfalls zum festen Bestandteil der Messe gehören, verzeichneten die Anbieter ein Plus von 2,2 Prozent auf 19,2 Milliarden Euro Umsatz.
Gute Voraussetzungen, um in eine erfolgreiche IFA zu starten. In diesem Jahr will die Messe rund um den Funkturm in Berlin sich einmal mehr als innovative TechnologieSchau beweisen. Ein Überblick über die wichtigsten Trends:
● TV Geräte Der Fernseher gehört seit seiner Erfindung Ende der 20er Jahre zur IFA wie der Funkturm. Auch heute noch gelten neue TVGeräte für die Branche als Aushängeschild und wichtiger Umsatzbringer. Mit modernsten Technologien ausgestattet, warten die aktuellen Modelle mit gestochen scharfen Bildern und deutlich verbesserten Kontrasten auf. Nach immer größeren Bildschirmdiagonalen wird auf der IFA in diesem Jahr ein neuer Trend zu sehen sein: Camouflage. Samsung etwa wird in Berlin mit „The Frame“ein TV-Gerät präsentieren, das sich in ein Kunstwerk an der Wand verwandelt, sobald es ausgeschaltet ist. Statt als schwarze Fläche den Raum zu dominieren, zeigt es Bilder, die aus über hundert Kunstwerken und Fotografien ausgewählt werden können. Auch Panasonic dürfte seinen Prototypen mitbringen, bei dem ein OLEDDisplay unsichtbar in ein Sideboard integriert ist, das erst bei Aktivierung ein gestochen scharfes Fernsehbild zeigt.
● Vernetzung Über die Vernetzung von Hausgeräten ist auf der IFA schon seit vielen Jahren die Rede. Immer wieder wurde das „Smart Home“zu den Highlights gezählt. Doch die Lösungen bildeten in der Regel kleine Inseln oder waren nur mit viel Aufwand in Betrieb zu nehmen. Echte Vernetzung gehörte zu den großen Herausforderungen – für Hersteller und Nutzer. Nun soll es aber wirklich losgehen. „Vernetzung wird zum selbstverständlichen Teil des Smart Home“versprach IFA-Direktor Jens Heithecker zuletzt.
Neuen Schwung haben auch intelligente Systeme wie Apples Siri, Amazons Alexa und Googles Home gebracht, die sich per Sprache steuern lassen. Die intelligente Heizungssteuerung des Münchner Start-ups Tado etwa bietet wie viele andere Lösungen nun die einfache Steuerung über diese Systeme. Auch für die Home Control-Lösung des Aachener Herstellers Devolo gibt es inzwischen einen „Skill“für Alexa, sie lässt sich alternativ aber auch mit dem eigenen smarten Assistenten bedienen. Das junge Berliner Unternehmen Smartfrog will zeigen, wie man in nur fünf Minuten eine kleine, smarte Überwachungskamera installiert, über die man auch unterwegs immer einen Blick auf das eigene Zuhause hat.
● Virtual Reality Liegt Virtual Reality überhaupt noch im Trend oder entwickelt es sich nach dem 3D-Fernsehen zum nächsten Flop? Die IFA dürfte Antworten darauf bieten. Der Pionier HTC wird etwa die neuesten Entwicklungen für sein Vive-Headset sowie neue Inhalte für virtuelle Welten zeigen. Samsung will die Messebesucher mit seiner Samsung Gear VR auf eine Reise zum Mond mitnehmen. Beim deutsch-französischen Sender arte experimentiert man ebenfalls mit der neuen Technologie. Ein Projektteam arbeitet daran, virtuelle Welten und 360-Grad-Aufnahmen auf TV-Geräte zu bringen, die auch ohne Brille bestaunt werden können. VR werde „Teil der Zukunft des Fernsehens sein“, ist sich Projektleiter Kay Meseberg sicher.
Für entsprechende Inhalte könnten künftig vor allem auch private Nutzer sorgen. Das chinesische Start-up Insta360 will mit seinen 360-Grad-Kameras die Technologie demokratisieren. Neben Profi-Kameras, die auch schon beim USFernsehsender CNN im Einsatz sind, bringt das Unternehmen zur eine neue Kamera mit, die sich vielfältig nutzen lässt und speziell an junge Hobbyfotografen richtet. In Verbindung mit einem Smartphone lassen sich die Aufnahmen auch sofort auf sozialen Plattformen teilen. Die „Millenials“würden dafür ausschlaggebend ein, dass VR und 360 Grad zum Massentrend wird, ist sich Max Richter von Insta360 in Deutschland sicher.
● Gesundheit digital Fitness-Tracker und Gesundheits-Apps liegen weiter im Trend. Zahlreiche Hersteller wie Philips oder Beurer werden auf der IFA ihre neuen Anwendungen und Produkte zeigen, die die Nutzer für ein gesünderes Leben begeistern sollen. Vom SmoothieMixer über Smartphone-gestützte Zahnbürsten bis zum Schlaf-Tracker ist alles dabei. Laut einer von der gfu in Auftrag gegebenen Studie stehen die Verbraucher intelligenten Apps und Geräten für die Überwachung der eigenen Gesundheit zwar positiv gegenüber. Allerdings befürchtet knapp die Hälfte auch den Missbrauch ihrer Daten.
● Energie sparen 40, 50 oder 60 Prozent Strom und Wasser sparen – solche Versprechungen gab es schon vor Jahren, als auf der IFA erstmals auch Hausgeräte zu sehen waren. Neue Technik ließ den Verbrauch im Vergleich zu Altgeräten geradezu einbrechen. Diese Zeit ist vorbei. Branchensprecher Zinkann betont indes: „Da ist sehr wohl noch was drin, auch wenn bei den Hausgeräten bereits ein hohes Niveau erreicht ist.“Dabei stehen die Ingenieure aber stärker als früher vor der Herausforderung, dass weitere EinspaIFA rungen nicht zu Abstrichen bei Komfort und Ergebnis führen – etwa wenn Waschmaschinen und Geschirrspüler stundenlang arbeiten, um mit weniger Wasser und Strom auszukommen.
● Neu kaufen statt reparieren Jeder Dritte kauft einen neuen Kühlschrank, weil er einen besseren möchte – nicht weil der alte kaputt ist. Das fanden das Freiburger ÖkoInstitut und Wissenschaftler der Uni Bonn heraus. Es wird weniger repariert und mehr weggeworfen – mit schweren Folgen für die Umwelt, wie das Umweltbundesamt als Auftraggeber der Studie betont. Branchensprecher Zinkann widerspricht: Wenn jemand ein besseres Neugerät kauft, fände sich für das alte häufig noch eine andere Verwendung. „Der alte Fernseher steht dann im Gästezimmer, die Waschmaschine in der Studentenbude. “
Das Umweltbundesamt beklagt auch, dass Hausgeräte schneller schlappmachen als früher. Versuche der Stiftung Warentest ergaben: Für die Umwelt lohnen sich Reparaturen etwa bei Waschmaschinen. Den Geldbeutel schont es besonders, wenn man Kaffeebereiter in Ordnung bringen lässt, anstatt einen neuen zu kaufen.