Vom Korn zur Pizza
Ein besonderes Angebot einer Kicklingerin machte Menschen mit und ohne Handicap Spaß
Wertingen/Kicklingen Gespannt schaut Franziska Fürbaß, wie Petra Willbold die Dinkelkörner in die Schüssel und dann in den metallenen Trichter schaufelt. Der steckt in der Öffnung der dreieckigen Kissenhülle. Mit Stecknadeln fixiert Petra dann die Öffnung, die Magdalena Bihler mit der Nähmaschine verschließt. An einer anderen der 13 Stationen im Speisesaal der Nordschwäbischen Werkstätten in Wertingen knetet Monika Lacher Brotteig. Sie erzählt, wie sie mit ihrer Mutter Mathilde, daheim in Pfaffenhofen, das Ferienprogramm der Offenen Hilfen Dillingen/Wertingen angeschaut hat: „Das war gleich beschlossene Sache, dass wir bei Karolinas Angebot dabei sind.“Karolina Zimmerer ist überall zur Stelle, wo ihre Hilfe und ihr Fachwissen gebraucht werden, bei der Rallye „rund ums Korn“für Menschen mit und ohne Handicap. Sie merkt bald, dass sich die gute Vorbereitung des Kursangebots mit den Mädchen und Buben der Kicklinger Landjugendgruppe gelohnt hat. Berührungsängste sind keine zu spüren, auch wenn einige, wie Franziska und Magdalena, bisher noch keine Erfahrung im Umgang miteinander hatten. Denn im Vorfeld unterwies die angehende Hauswirtschaftsmeisterin die jungen Leute in allem, was sie beachten mussten, auch in Sachen Arbeitsschutz, Hygienevorschriften, Jugendschutzgesetz.
Karolina Zimmerer aus Kicklingen macht derzeit ihre Meisterprüfung als Hauswirtschafterin beim Verbraucherservice Bayern in Augsburg. Dieser Nachmittag war der erste Teil ihrer praktischen Prüfung, der zweite findet im Pfarrhof in Kicklingen statt. Dort bietet sie ein ähnliches Programm für die Selbsthilfegruppe verwaister Eltern an, einschließlich einer Andacht, in der eine selbst gestaltete Kerze für ihre verstorbenen Kinder angezündet wird. Familie Zimmerer hat in dieser Gruppe Hilfe gefunden, nachdem ihr Sohn bei einem Verkehrsunfall in Kicklingen starb. Seit 20 Jahren ist die 51-Jährige als hauswirtschaftliche Fachkraft bei den Nordschwäbischen Werkstätten in Wertingen tätig und leitet seit drei Jahren die Küche, nach dem Umzug von der Kanalstraße in den Kaygraben. Ihre Ausbildung zur staatlich geprüften Hauswirtschafterin hatte sie 1983 an der Berufsfachschule Höchstädt abgeschlossen.
So kneteten alle voller Begeisterung an diesem Nachmittag Teig für Brot und Pizza, auch der für die Haferkekse und die Dinkelwaffeln war schnell gemacht. Die Frauen und Männer zupften für ihre eigene Gewürzmischung Blättchen von Kräuterpflanzen ab. Bei der Traktorrallye, bei der sie mit Spielzeugfahrzeugen Körner transportierten, hatten Helfer wie Teilnehmer ebenso viel Spaß wie bei den Boxen, wo sie den Inhalt erfühlen konnten. Nach jeder Station holten die Teilnehmer ihren Stempel an der Malstation ab, wo Karolina Zimmerer (die Tochter der Organisatorin) mit Lena Römer auch beim Ausmalen halfen. Der Umgang mit behinderten Menschen war für beide nichts Neues, sie hatten in diesem Jahr Ferienarbeit bei den Nordschwäbischen Werkstätten gemacht. Lena erinnert sich: „Am Anfang hatte ich Angst, etwas falsch zu machen und wusste nicht, worauf ich achten muss. Aber das hat sich dann automatisch ergeben.“Endspurt ist angesagt, als sie den Pizzateig ausrollen und in der Form mit frischem, regionalem Gemüse, Salami, Schinken und Käse belegen dürfen. Henri Zimmerer schiebt die Pizzen in den mobilen Backofen, der im Garten mit rund 350 Grad Celsius schon auf die hungrigen Gäste wartet.
Über die zufriedenen Gesichter freut sich auch Antonie Mayer, die Leiterin der „Offenen Hilfen“der Lebenshilfe, die sich stets über neue Angebote im Bereich Freizeit, Bildung und Begegnung freut. Ihre Mitarbeiterin Simone Hartmann bestätigt: „Die Leute sind gern unterwegs.“Das ist aber nur mithilfe vieler ehrenamtlicher Mitarbeiter möglich.
Der Nachmittag ist Teil einer praktischen Prüfung