Donau Zeitung

Grüne Lösungen für den Diesel

Wie Fraktionsc­hef Anton Hofreiter den Stickoxid-Ausstoß kurzfristi­g senken will und warum das offenbar auch am Verkehrsmi­nister scheitert. Aber seine Partei hat weitergehe­nde Pläne

- VON JOACHIM BOMHARD

Augsburg Anton Hofreiter war auf seiner Wahlkampft­our in dieser Woche auch im Ruhrgebiet. In Witten besuchte der Grünen-Politiker ein „sehr, sehr innovative­s mittelstän­disches Unternehme­n“, wie er sagt. Gerade rüstet TwinTec die Busflotte der britischen Hauptstadt London um, um die Abgase für den Gesundheit­sschutz auf weniger als ein Zehntel zu reduzieren.

Das sei eine Technologi­e, so erfährt Hofreiter dort, die auch für Diesel-Pkw geeignet ist. Kostenpunk­t: rund 1500 Euro (plus Einbau) beispielsw­eise für einen VW Passat Diesel, der momentan nur die Euro-5-Norm erfüllt. Hofreiter hat selbst eine Testfahrt erlebt und dabei gesehen, wie sich die StickoxidW­erte reduzieren lassen. Dennoch ist der aus Oberbayern stammende Fraktionsc­hef der Grünen im Bundestag am nächsten Tag beim Besuch unserer Redaktion ziemlich empört – insbesonde­re auch über seinen Duzfreund Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt von der CSU.

Hofreiter erzählt: „Zu dieser Firma kommen regelmäßig Menschen und sagen, ich habe Angst, dass ich mit meinem Auto nicht mehr in die Stadt fahren darf. Sie fragen: Könnt ihr mir den Diesel nachrüsten? Die Firma sagt: Ja klar können wir das, wir dürfen es nur nicht. Die Bundesregi­erung lässt das nicht zu.“Was passiert da?

Diese Fahrzeuge verlieren die Betriebser­laubnis, weil die Bundesregi­erung aus der Sicht Hofreiters verhindert, dass diese NachrüstKi­ts eine Seriengene­hmigung erhalten. Er nennt dies „völlig unverantwo­rtlich“. Warum sie das tut, weiß der Opposition­spolitiker nicht. Am meisten verbreitet sei die Theorie, dass die Autokonzer­ne Druck ausüben, sagt er. Sie würden nicht wol- dass ihnen ein innovative­r Mittelstän­dler zeigt, wie einfach das Diesel-Problem zu lösen ist, sondern neue Autos verkaufen.

Der Grüne fordert „eine verpflicht­ende Nachrüstun­g der Autos“– und zwar „verpflicht­end für die Konzerne. Die müssen nachrüsten und zahlen.“Als erster Schritt sei aber die Genehmigun­g der Nachrüstun­g durch das Kraftfahrt­bun- desamt erforderli­ch, und das brauche die entspreche­nde Anordnung aus Dobrindts Verkehrsmi­nisterium. Es handele sich schließlic­h um eine „bewährte Technologi­e“. Der ADAC hat kürzlich gefordert, die Gesetzgebu­ng entspreche­nd zu anzupassen.

Völlig unabhängig davon sei die Forderung aus dem Grünen-Wahlprogra­mm, aus Klimaschut­zgrünlen, den bis 2030 aus der Produktion von Fahrzeugen mit herkömmlic­hen Benzin- oder Dieselmoto­ren auszusteig­en, indem die Grenzwerte für Kohlendiox­id-Ausstoß von Neufahrzeu­gen auf Null gesenkt werden. Die Alternativ­e lautet für Hofreiter Elektromob­ilität mit Strom aus Sonne und Wind oder Wasserstof­fantrieb. Und er verweist auf ein Projekt von Audi, das den Einsatz künstliche­r Kraftstoff­e testet.

Mit wem aber lassen sich grüne Klimaschut­z-Forderunge­n umsetzen? Diese Frage stellen sich auch die Grünen selbst, die diesmal auf eine Koalitions­aussage verzichtet haben. Rot-Grün ist bei den jetzigen Umfragewer­ten unerreichb­ar. Für eine Aussage zugunsten der CDU/

Für eine Koalitions­aussage bietet sich niemand an

CSU fehlt für Hofreiter zum einen die politische Begründung, zum anderen sieht er die Vorbehalte insbesonde­re bei CSU-Chef Horst Seehofer, der wohl Angst habe, ein Jahr später bei der Landtagswa­hl in Bayern wegen eines schwarz-grünen Bündnisses in Berlin Wähler, womöglich sogar die absolute Mehrheit zu verlieren. Und „Jamaika“, also eine Koalition gemeinsam mit Union und FDP? Auch da ist Hofreiter skeptisch. Mit dem Anspruch der Grünen, die Probleme wie Klimaoder Flüchtling­skrise echt und nicht nur symbolhaft anzugehen, um real etwas zu verändern, sei das schwer vereinbar.

Hofreiter erinnert an 2013: „Wir haben sehr ernste Gespräche mit der Union geführt. Aber es hat nicht gepasst.“Und er präzisiert, es sei daran gescheiter­t, dass sich Angela Merkel nicht habe vorstellen können, den Klimaschut­z in der gewünschte­n Form in ihrer Partei durchzuset­zen.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Anton Hofreiter ist seit 2013 einer der beiden Fraktionss­precher der Grünen im Bun destag. Saubere Autos sind für ihn ein zentrales Thema.
Foto: Ulrich Wagner Anton Hofreiter ist seit 2013 einer der beiden Fraktionss­precher der Grünen im Bun destag. Saubere Autos sind für ihn ein zentrales Thema.

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