Eine Zeitreise mit der Höchstädter Kolpingsfamilie
Der Verein feiert 150. Geburtstag und hat dazu in ganz alten Büchern gestöbert
Höchstädt Die wilden Dauerwellen und großen Locken. Die überdimensionalen Fliegerbrillen und die typischen Schulterpolster. Karlheinz Hitzler muss lachen, als er das alte Bild anschaut. „Ist schon eine Weile her, aber daran erinnere ich mich noch gut“, sagt er. Das Foto von 1987 zeigt die Höchstädter Kolpingsfamilie beim Theaterstück „Familienkrach im Doppelhaus“– damals zum ersten Mal im Pfarrheim St. Josef. „Extra für uns hat man eine Bühne gebaut, die wir erst gar nicht wollten. Mittlerweile kriegen wie die Zuschauer kaum unter“, sagt Hitzler und schmunzelt. Vieles hat sich in den vergangenen 150 Jahren seit Gründung des Höchstädter Traditionsvereins verändert. Grund genug für den Vorsitzenden Hitzler und sein Team zu feiern. Am kommenden Wochenende haben sie sich ein buntes Programm überlegt. Eine Zeitreise darf da nicht fehlen.
Auf dem Schreibtisch vor dem Computer stapeln sich große und kleine Bücher. Es sind alte Kassenbücher und Protokolle, die Karlheinz Hitzler bei sich zu Hause in Sonderheim für die Chronik durchforstet. „Das ist so spannend und da kommen Geschichten ans Licht, das kann man sich gar nicht mehr vorstellen“, sagt er. Zum Beispiel steht geschrieben, dass 39 Kreuzer für Kostüme ausgegeben wurden, dass wegen Sittlichkeit ein Mitglied aus dem Verein geflogen ist, dass es Aufstände mit dem Bierbrauer gab, Männer, die geheiratet haben, sofort aus dem Verein austreten mussten und dass die jungen Männer des Kolpingvereins Scherze in Zusmarshausen zum Besten gaben. „Das sind lustige Anekdoten, die für unsere Chronik unentbehrlich sind“, so Hitzler. Eineinhalb Jahre wird an dem Werk bereits gearbeitet, Unterstützung erhält die Kolpingsfamilie auch vom Historischen Verein. Leo Thomas hilft beim Übersetzen der alten Schriften.
Eine Zahl, die für den Verein besonders wichtig ist: 1870. Solange wird schon in Höchstädt Theater gespielt. Waren es früher kurze Stücke mit wenig Aufwand und überschaubar vielen Aufführungen, so ist es heute die größte und wichtigste Einnahmequelle des Vereins, circa 60 Personen sind einige Monate im Jahr damit beschäftigt. „Man kann Theater heute mit damals nicht vergleichen. Einzig die Freude am Spielen und der große Zusammenhalt der Truppe sind gleich geblieben“, so der Vorsitzende. 1987 wurde extra beim Bau des Pfarrheims St. Josef eine Bühne für die Kolpingsfamilie eingeplant – mittlerweile sind alle elf Aufführungen jährlich ausverkauft, Zuschauer weit über den Landkreis hinaus sind Stammgäste. Genau deshalb darf am kommenden Festwochenende eine Theateraufführung nicht fehlen – Besetzung bleibt geheim.
Neben dem Theaterspielen ist die Kolpingsfamilie Höchstädt sehr sozial engagiert. Alle Einnahmen kommen direkt Bedürftigen, Familien und Kindern zugute. Auch für die Kartei der Not haben die Höchstädter schon gespendet. „Wir helfen denen, die es nötig haben“, so Hitzler. Seit fünf Jahren ist er der Vorsitzende, Mitglied seit seiner Jugend. „Es war klar, dass man zur Kolpingsfamilie geht.“Er kann sich noch gut erinnern, dass beispielsweise die Aufnahme von weiblichen Mitgliedern in den 80er-Jahren „eine große Geschichte war. Heute ohne Frauen? Unvorstellbar.“
Neben sozialem und gesellschaftlichem Engagement ist Kolping aber vor allem eines – Kirche. Die Reliquien von Adolph Kolping sind seit 1992 sogar im Altar der Stadtpfarrkirche. Zudem gibt es einen Adolph-Kolping-Kindergarten und eine Adolph-Kolping-Straße. Es wird ein Bezirksgedenkgottesdienst veranstaltet, der nur in Höchstädt stattfindet. Heute hat der Verein mehr als 300 Mitglieder.
„Das Wichtigste bei uns – und das sagt auch der Name – ist aber die Familie. Das ist der Schatz von Kolping. Wir machen alles gemeinsam, nur so kann etwas wachsen.“Und wie die Kolpingsfamilie Höchstädt in den vergangenen 150 Jahren gewachsen ist, das zeigt sie am kommenden Wochenende, wenn sie ihren runden Geburtstag feiert. Das Programm Freitag, 8. Septem ber, 20 Uhr: Begegnungsabend mit „44U“; Samstag, 9. September, 20 Uhr: Festabend unter anderem mit Tanz vom Historischen Verein, Vorstellung Chronik, lustiger Einakter, musikalische Umrah mung durch Musikverein Donauklang und Kammerchor Calypso; Sonntag, 10. September, 9.30 Uhr: Aufstellung am Sportgelände zum Festumzug zur Kir che; 10 Uhr: Festgottesdienst in der Stadt pfarrkirche Mariä Himmelfahrt mit den Zelebranten Diözesanpräses Alois Zeller, Präses Daniel Ertle und Ehrenpräses Rainer Kuhn; musikalische Gestaltung: Kirchenchor und Musikverein Donau klang. Die Festlichkeiten finden alle in der KIM Halle statt.