Wo sind nur die Äpfel hin?
Die Pressen der Mostereien in Osterbuch und Unterliezheim stehen still. Nie gab es in der Erinnerung der Verantwortlichen ein solch schlechtes Apfel- und Birnenjahr. Woran das liegt und auf was die Kedings und Herians hoffen
Landkreis Mit klarem Wasser spritzt Heinz Keding noch einmal die Bandpresse ab. Seine Frau Monika zieht den Boden trocken. Alles ist vorbereitet im Mosthaus des Obstund Gartenbauvereins Osterbuch. Vorbereitet auf viele Tonnen Äpfel und Birnen, die hier zu Saft verarbeitet werden. Doch heuer bleiben die Hobbygärtner aus. Anfang September, zu einer Zeit, da die Presse gewöhnlich bereits zwei bis drei Wochen im Einsatz ist, steht sie noch immer still. Der Terminkalender von Monika Keding ist leer. „Ein paar wenige Voranfragen, keinen einzigen klaren Termin“kann sie bisher verzeichnen. Kein Wunder. Denn kaum ein Apfel- oder Birnbaum trägt heuer Früchte.
Das bestätigt Manfred Herian. Nicht als Kreisfachberater, sondern als Hobbygärtner und Vorsitzender des Unterliezheimer Obst- und Gartenbauvereins spricht der 58-Jährige an diesem Tag. „Meine 30 Obstbäume zu Hause im Garten haben toll weiß geblüht, und dann hat es sie voll erwischt.“So wie seinen Bäumen ging es fast allen im Landkreis Dillingen. Zwei sehr warme Wochen im März hatten die Bäume aus dem Winterschlaf erweckt. Ende April setzten dann vor allem zwei extrem kalte Frostnächte mit Temperaturen von minus sechs Grad den Blüten zu. „Die offenen Blüten waren damit tot“, sagt Herian. An Hauswänden und in geschützten Gärten hielten sie schon mal minus zwei Grad aus. Doch minus sechs Grad samt Schnee waren zu extrem.
Herians Frau Irmgard ist „ehrlich gesagt momentan ganz ratlos“. Die 56-Jährige organisiert gemeinsam mit rund zehn anderen Ehrenamtlichen die Mosterei des Unterliezheimer Gartenbauvereins. 52 verschiedene Apfelsorten – von süß bis herb – bieten sie als sortenreine Säfte im „Saftladen“des örtlichen Klostermarktes an. Dazu kommen viele Mischvarianten – mit Birnen, Quitten, Kirschen, Aronia, Johannisbee- ren, Holunder. „Wir motivieren jetzt schon Leute, dass sie uns ihre Äpfel geben, die wir dann auch gut bezahlen“, erzählt Irmgard Herian. Denn sie brauchen Nachschub. Noch seien die Regale zwar gefüllt, doch die Lager mit Saft des vergangenen sehr guten Jahres seien fast geleert. Die 56-Jährige beobachtet bereits Hamsterkäufe von Saftliebhabern, die von weit über die Region hinaus nach Unterliezheim kommen.
„Es ist die schlechteste Obsternte, die ich je erlebt habe“, sagt Manfred Herian. Dabei ist der Unterliezheimer bereits seit 43 Jahren Gärtner und Baumschulmeister. Zwetschgen, Weichseln, Kirschen – von allen Früchten hing in diesem Jahr wenig auf den Bäumen. Herian freut sich, dass es wenigstens zu ein paar wenigen Zwetschgendatschis reicht. Und zumindest ein paar Äpfel hat er auch in seinem Garten. Sein „Oberländer Himbeerapfel“trägt wunderschöne rote Äpfel. Sein Glück, dass er erst Mitte Mai blühte. Weil der Baum gerade sieben Jahre alt ist, wird es nur ein Kistchen voll mit Äpfeln geben. Die will Herian kommende Woche ernten.
Einen einzigen tragenden Apfelbaum besitzt auch Osterbuchs Gartenbauverein. Zwischen 20 anderen Bäumen mit null Äpfeln steht er auf der Streuobstwiese oberhalb des Friedhofs. Ein Igel freut sich, dass schon ein paar Äpfel am Boden liegen. „Eine späte Sorte“, stellen die Kedings fest und hoffen, dass sich im Oktober noch ein paar Menschen zum Apfelpressen zusammenfinden werden. Für wenige Kilos lohne es sich nicht, die Presse anzuwerfen. Zu zweit müssen sie sie nach jedem Einsatztag eineinhalb Stunden putzen. Egal, ob sie ein Kilo oder 50 Zentner verarbeitet haben. Von 90 Tonnen, die in guten Saison insgesamt verarbeitet werden, wagt heuer keiner zu sprechen.