Auf dem „heiligen Rasen“der Soers
Die 15-jährige Pony-Springreiterin Hannah Wieser erfüllt sich einen großen Wunsch. Wie sich die Dillingerin für die deutsche Jugend-Meisterschaft in Aachen qualifizierte
Was dem Tennis-Fan sein Wimbledon, Atlanta für den Golfer oder die Tour de France für Radsportler, das ist Aachen für die Reiter – das Mekka ihrer Sportart. Wer an diesen Kult-Stätten des Weltsports aufund abschlagen, mitradeln oder über die Hindernisse gehen darf, für den geht ein Traum in Erfüllung. So wie jetzt für die junge Dillinger Pony-Springreiterin Hannah Wieser. Sie hat einen der vier begehrten bayrischen Startplätze ergattert, die zur Teilnahme an den deutschen Jugend-Meisterschaften berechtigen. Und diese finden 2017 auf dem „heiligen Rasen“der Aachener Soers statt.
„Einem Bekannten meiner Großeltern habe ich vor einigen Wochen auf dessen Frage, was ich denn im Reitsport mal erreichen möchte, geantwortet: Einmal in Aachen reiten wäre ein Traum.“Und nun geht Hannahs Traum in Erfüllung. „Wahnsinn!“, stellte die 15-Jährige freudestrahlend fest.
Viel Trainingsfleiß und Disziplin haben den Weg dafür geebnet. Schon früh in der Saison zeichnete sich ab, dass Hannah Wieser mit ihren beiden neunjährigen Pferden „Cuba Libre“und „Elisa“eine sportlich erfolgreiche Einheit geworden ist. Beim Kaderkurs auf der Olympiareitanlage in München konnte sie bereits ein erstes Ausrufezeichen setzen, das für Landestrainer Martin Vogel nicht zu übersehen war. Dieser Trend setzte sich auch bei den weiteren Turnieren ab. L-Springen wurden zur Routine, Siege und Platzierungen unterstrichen den positiven Trend.
Die schwäbische Meisterschaft gewann Hannah Wieser auf „Cuba Libre“souverän. Daher war der Weg früh in der Saison frei, in die höchste Klasse des Ponyspringsports aufzusteigen, dem Springen der Klasse M. Dort zeigte sich schnell, dass die Dillinger Schülerin und ihre Pferde ein prima Team bilden. Denn gleich beim zweiten M-Springen in Straubing erhielt Hannah Wieser mit „Elisa“die Goldene Schleife. Auch durch Rückschläge ließ sie sich nicht aus der Bahn werfen. Mit Bravour gewann sie zwar die beiden ersten Umläufe zur bayerischen Meisterschaft. Beim finalen Springen wurde ihr aber die dreifache Kombination zum Verhängnis – und aus Platz eins Rang sechs.
„Das hat mich anfangs schon geärgert, aber wir haben Tiere als Sportpartner und keine Maschinen – das ist auch gut so“, sagt Hannah Wieser: „Beide Ponys machen die ganze Saison hindurch so einen guten Job, da darf man auch mal einen schlechten Tag haben.“Dass der Saisonverlauf auch Anerkennung findet, bestätigte dann auch das Gespräch mit dem Landestrainer, der Hannah einen der begehrten Plätze für die „Deutsche“in Aussicht stellte. Um die Chancen dafür zu wahren, hieß es in den letzten Wochen diszipliniert zu arbeiten und die Form von Pferd und Reiter auf Turnieren zu belegen.
Nach einer fehlerfreien Runde mit drittschnellster Zeit im M-Springen im baden-württembergischen Rot am See fehlte der Dillinger Reitsportlerin noch eine Platzierung, um die Nominierung in Anspruch nehmen zu können. Die letzte Chance vor Nennschluss bot eine Ponyspringprüfung eines in Österreich ausgetragenen PonyGrand-Prix. Auf der Anlage des Reit- und Fahrvereins Preding in der Nähe von Graz fand ging es über die Hindernisse. In dem perfekt präparierten Reitstadion galt es, 13 Sprünge mit einer Höhe bis zu 1,25 Metern und ein offenes Wasser zu überwinden.
„Der Druck, den man sich selber macht, wird dann schon groß, wenn man in den Parcours einreitet und weiß: Das ist deine letzte Chance“, so die junge Amazone: „Hört man jedoch die Glocke, ist man total auf sein Pferd und sich fixiert, und vom Druck ist nichts mehr zu spüren.“
Doppelte Freude in Graz
Nicht nur der anspruchsvolle Parcours machte allen Reitern zu schaffen, sondern auch die Wetterbedingungen verlangten Pferd und Reiter alles ab. Schwüle 34 Grad Celsius herrschten zu Beginn der Prüfung. Daher blieb der Wettkampf bis zum letzten Starter spannend, denn keiner Paarung gelang es bis dahin, den Parcours fehlerfrei zu bewältigen.
Als auch das letzte Starterpaar patzte und die Zeit bekannt wurde, war der Jubel doppel groß: Hannah Wieser hatte zum einen auf „Elisa“die offene internationale Wertung gewonnen. Ihr Jubel setzte sich dann noch fort, als klar ist, dass dies die endgültige Nominierung zur deutschen Jugendmeisterschaft bedeutet.
In den Tagen danach galt schnell wieder: konzentriert arbeiten! Denn am kommenden Wochenende warten in Aachen die besten deutschen Nachwuchsreiter, um in ihren Altersklassen ihre Meister zu küren. Die Erfolgs-Uhr steht für Hannah Wieser erst mal wieder auf „null“.