Trockenrasen in Leipheim
Thymian, Silberdistel und Frauenflachs – dem Naturliebhaber kommen sofort Trockenrasen in den Sinn, in unserer Gegend vor allem auf der Schwäbischen Alb zu finden. Wer denkt schon daran, dass diese Pflanzen auch bei uns im doch eigentlich nassen Moor vorkommen?
Torf, der Boden im Moor, verliert größtenteils seine Wasserspeicherfähigkeit, wenn er einmal Jahrzehnte trocken gefallen ist: Die im Torf enthaltenen Pflanzenreste zersetzen sich, wenn nach Entwässerung der Sauerstoff der Luft in den Boden eindringen kann. Dabei werden nicht nur große Mengen an Nährstoffen frei, die dann ins Grundwasser gelangen, sondern auch eine enorme Menge an Kohlendioxid (CO²) wird in die Luft abgegeben und verstärkt damit den Klimawandel.
Eine der Folgen ist, dass der Lebensraum für die typischen Moorpflanzen verschwindet, die Konkurrenzverhältnisse sich gravierend ändern und eine Vegetationsgesellschaft, die sonst nur auf Trockenrasen zum Beispiel der nahegelegenen Schwäbischen Alb vorkommt, erobert sich die erst durch künstliche Austrocknung entstandenen Flächen mitten im Moor als neuen Lebensraum. Manche Pflanzen wurden dabei von den Schafen mitgebracht, die früher von der Alb ins Moos und wieder zurückzogen.
Im Gefolge wanderten dann auch Tierarten ein, die in einem nassen Moor nicht überleben können, wie vom Aussterben bedrohte oder stark gefährdete Schmetterlinge wie „Zweibrütige Würfel-Dickkopffalter“oder „Graublaue Bläulinge“.
Die Raupe dieses Dickkopffalters ernährt sich vom Kriechenden Fingerkraut, aber nur, wenn der Standort trocken und die Vegetation insgesamt schütter ist. Der Graublaue Bläuling legt seine Eier am Feld-Thymian ab, aber auch nur an Blättern über offenem, warmem Boden. Solche Spezialisten können daher nur ganz bestimmte Lebensräume besiedeln – und diese Voraussetzungen finden sie bei uns nur noch auf jahrzehntelang trocken gefallenen Torfrücken, also eigentlich gestörten Lebensräumen, im Leipheimer Moos. Trotzdem ist es fantastisch, wie sich in der Natur für jede „ökologische Nische“– und sei sie aus menschlichem Blickwinkel noch so komplex – ein speziell angepasster „Nutznießer“findet.
Bei der Wiedervernässung des Leipheimer Mooses gilt es deshalb behutsam vorzugehen, dass auch diese hochgradig gefährdeten, auf trockene Standorte angewiesenen Tiere und Pflanzen hier überleben können – entweder dauerhaft oder noch besser wenigstens so lange, bis sie in der Umgebung geeignete neue Standorte haben besiedeln können, denn eigentlich sollten in einem Moor natürlich vor allem die typischen Moorarten ihren Lebensraum finden.