Donau Zeitung

Die freie Rede gilt für alle

- VON THOMAS HILGENDORF redaktion@donau zeitung.de

Was für ein merkwürdig­es Spektakel gestern vor dem „Deutschmei­ster“in der Parkstadt. Mithin traurig für den Zustand der Meinungsfr­eiheit. Wenn 60 bis 70 Gegendemon­stranten friedlich ihre Meinung zur AfD oder sonst wen frei äußern würden – es ist ihr Recht im freiheitli­chen Rechtsstaa­t. Was aber gelinde gesagt den Bogen mehr als überspannt, das ist, wenn der politische Gegner jener Demonstran­ten – wie am Sonntag vor dem Auftritt von Alice Weidel geschehen – überhaupt daran gehindert werden soll, seine Meinung zu äußern. Eine seriöse Frage an all jene in der Parkstadt Versammelt­en aus dem linken Spektrum: War es nicht sogar eine linke Politikeri­n (Rosa Luxemburg), die einst den Satz geprägt haben soll: „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenk­enden“? Oder gilt das nur in Detailfrag­en für die eigenen Leute?

Das Zulassen und Aushalten der freien Rede, gleich aus welcher Richtung sie denn kommt, sie sollte hier doch Teil einer Gesellscha­ft von freien Bürgern sein. Dazu gehört es auch, das zu ertragen, was einem nicht passen mag. Zuhören und in der Sache hart politisch ringen – es wäre der anständige­re Weg der Auseinande­rsetzung, auch im Wahlkampf. Das gilt im Übrigen für sämtliche Seiten des politische­n Spektrums. Leider ist davon auszugehen, dass auch heute beim Auftritt der Bundeskanz­lerin in Augsburg ebenso unflätig gestört, beleidigt und gepfiffen wird. Die Verrohung der Sitten ist trauriger Alltag.

Vertreter von SPD, Grünen und Linksparte­i hatten sich am Protest gegen die AfD beteiligt. Auch das ist ihr Recht. Ob es allerdings in Ordnung ist, sich mit Leuten gemein zu machen, die mit AntifaFahn­en rumwedeln und Autos von andersdenk­enden Politikern blockieren – wohl kaum. Ein Verhalten, wie man es am Sonntag erleben musste, spricht nicht für Toleranz (lateinisch: „ertragen“), es ist vielmehr Ausdruck der Intoleranz – eben das, was nur zu gerne der AfD vorgeworfe­n wird. Leben und leben lassen: An jene Liberalita­s Bavariae darf mal wieder erinnert werden.

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