Die freie Rede gilt für alle
Was für ein merkwürdiges Spektakel gestern vor dem „Deutschmeister“in der Parkstadt. Mithin traurig für den Zustand der Meinungsfreiheit. Wenn 60 bis 70 Gegendemonstranten friedlich ihre Meinung zur AfD oder sonst wen frei äußern würden – es ist ihr Recht im freiheitlichen Rechtsstaat. Was aber gelinde gesagt den Bogen mehr als überspannt, das ist, wenn der politische Gegner jener Demonstranten – wie am Sonntag vor dem Auftritt von Alice Weidel geschehen – überhaupt daran gehindert werden soll, seine Meinung zu äußern. Eine seriöse Frage an all jene in der Parkstadt Versammelten aus dem linken Spektrum: War es nicht sogar eine linke Politikerin (Rosa Luxemburg), die einst den Satz geprägt haben soll: „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“? Oder gilt das nur in Detailfragen für die eigenen Leute?
Das Zulassen und Aushalten der freien Rede, gleich aus welcher Richtung sie denn kommt, sie sollte hier doch Teil einer Gesellschaft von freien Bürgern sein. Dazu gehört es auch, das zu ertragen, was einem nicht passen mag. Zuhören und in der Sache hart politisch ringen – es wäre der anständigere Weg der Auseinandersetzung, auch im Wahlkampf. Das gilt im Übrigen für sämtliche Seiten des politischen Spektrums. Leider ist davon auszugehen, dass auch heute beim Auftritt der Bundeskanzlerin in Augsburg ebenso unflätig gestört, beleidigt und gepfiffen wird. Die Verrohung der Sitten ist trauriger Alltag.
Vertreter von SPD, Grünen und Linkspartei hatten sich am Protest gegen die AfD beteiligt. Auch das ist ihr Recht. Ob es allerdings in Ordnung ist, sich mit Leuten gemein zu machen, die mit AntifaFahnen rumwedeln und Autos von andersdenkenden Politikern blockieren – wohl kaum. Ein Verhalten, wie man es am Sonntag erleben musste, spricht nicht für Toleranz (lateinisch: „ertragen“), es ist vielmehr Ausdruck der Intoleranz – eben das, was nur zu gerne der AfD vorgeworfen wird. Leben und leben lassen: An jene Liberalitas Bavariae darf mal wieder erinnert werden.