Röhm ist versteigert worden – und was wird aus den Mitarbeitern?
Der Spanntechnik-Spezialist ist nun Teil eines Salzburger Unternehmens. Etwa 60 bis 80 Stellen sollen bereits abgebaut worden sein. Es kursieren auch positive Gerüchte
Dillingen/Sontheim In Dillingen ist es die Röhmstraße, in Sontheim steht das Hauptwerk in der Heinrich-Röhm-Straße: Der Name des Unternehmens, das seit 1953 auch ein Werk in Dillingen hat, sagt hier jedem etwas. 1909 von Heinrich Röhm gegründet, hat der Spanntechnik-Spezialist eine lange Tradition, die nun den wohl größten Umschwung der Unternehmensgeschichte erfährt. Röhm wird zu 100 Prozent von der RothenbergerGruppe mit Sitz in Salzburg übernommen. Die Gesellschaften, die in dieser Gruppe zusammengefasst sind, sind in den Bereichen Industrieprodukte und Werkzeugmaschinen weltweit aktiv.
Derzeit ist noch nicht bekannt, wie es an den Standorten in Dillingen und Sontheim weitergehen soll. Was jedoch klar sein dürfte: Von einem traditionellen Familienbetrieb kann nun endgültig nicht mehr die Rede sein. 2008 gab die Familie Röhm nach 99 Jahren die Geschäfte ab. Inzwischen meldet die Geschäftsführung: „Es gibt keine Verbindungen mehr mit der Familie Röhm, die Familie ist vollständig ausgeschieden.“Der Name soll trotz Übernahme durch Rothenberger erhalten bleiben.
Um eine Krise im Unternehmen kursieren seit Längerem Gerüchte. Vonseiten der IG Metall war im März von strukturellen und organisatorischen Problemen die Rede. Seit Anfang des Jahres steckt Röhm bereits in einem Restrukturierungsprozess. Am Höhepunkt dieses Prozesses stand eine Versteigerung des Unternehmens. Nach Auskunft der Geschäftsführung gab es mehrere Bieter, die Namen sollen jedoch vertraulich bleiben. Den Zuschlag erhielt die Rothenberger-Gruppe, über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Die Übernahme durch Rothenberger wurde Anfang September bereits bekannt
Bevor der Verkauf nun offiziell bestätigt wurde, warteten die beiden Verhandlungspartner die Zustimmung der Kartellbehörde ab.
Krise, Umstrukturierung, Versteigerung: Die Mitarbeiter, von denen in Sontheim rund 770 und in Dillingen 280 arbeiten, haben in den vergangenen Monaten viel erlebt. Wie es für sie weitergehen soll, wurde in der offiziellen Mitteilung nicht bekannt gegeben.
Zur Frage, ob mit der Übernahme auch ein Stellenabbau einhergehe, heißt es vonseiten der Geschäftsführung: „Der Restrukturierungsprozess ist noch im Gange. Hier können keine endgültigen Aussagen getroffen werden.“
Hans-Jörg Napravnik von der IG Metall sagt dazu: „Der Erhalt der Arbeitsplätze, das ist im Moment die große Unbekannte.“Eine erste Stufe des Stellenabbaus habe bereits während der Umstrukturierung stattgefunden. Etwa 60 bis 80 Arbeitsplätze seien abgebaut worden. Bei den meisten handele es sich um Frühpensionierungen oder Ähnliches. „Etwa zehn Stellen stehen noch aus“, sagt der zweite Bevollmächtigte der IG Metall Heidenheim.
Für diese Beschäftigten soll eine Transfergesellschaft gegründet werden. Rothenberger und Röhm würden diese finanzieren. Die Mitarbeiter könnten dann die Übergangszeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nutzen, um sich weiterzuqualifizieren. Außerdem würden sie bei der Jobsuche unterstützt.
Im Moment geht es vor allem darum, ob die zweite Stufe des Stellenabbaus nach der Übernahme durch Rothenberger noch stattfinden wird. Die Grundstimmung unter den Mitarbeitern sei gemischt und liegt Napravnik zufolge irgendwo zwischen „hoffnungsvoll“und „verunsichert“. Er habe gehört, dass der Stellenabbau nun doch nach der ersten Stufe gestoppt werden könnte. Was die Mitarbeiter jedoch verunsichere, sei die Frage, ob sie dafür auf andere Dinge verzichten müssten, zum Beispiel auf Tariferhöhungen. „Wir hoffen, dass der Käufer neue Ideen und Aufträge einbringt“, sagt Napravnik. Noch gebe es aber nichts Sicheres, nichts Schriftliches.
Auch vonseiten des Betriebsrats gibt es noch keine genaueren Informationen. „Wir sind selber noch nicht endgültig informiert“, sagt Hermann Gerstmayr, „wir sind aber in die Sache involviert.“Grundsätzlich könnte man diese große Änderung Gerstmayr zufolge auch als positives Signal auslegen.
Nach eigenen Angaben erwirtschaftet Röhm einen Jahresumsatz von 144 Millionen Euro. Damit gehöre die Firma zu den weltweit führenden Spannmittel- und Bohrfutterherstellern. Erst vor Kurzem hat sich das Unternehmen im Landkreis noch vergrößert. 2008 wurde in Dillingen auf 1650 Quadratmetern eine neue Produktionshalle gebaut. Dort werden unter anderem Maschinenschraubstöcke und Sonderspannmittel für Dreh- und Fräsmaschinen hergestellt. 2001 entstand in Sontheim eine 8570 Quadratmeter große neue Fertigungshalle mit einer Dreherei, einer Fräserei und einer Schleiferei.