Donau Zeitung

Wird das Ministeriu­m zum Totengräbe­r des Bürgerents­cheids?

Staatliche Stelle legt sich beim Wohnbaupro­jekt in Landshause­n auf strikte Belegungsv­orgaben fest, sonst entfällt die Förderung. Einigkeit bei Friedhofsg­estaltung in Altenberg

- VON GÜNTER STAUCH

Syrgenstei­n Der Gemeindera­t hat sich in seiner jüngsten Sitzung mit wichtigen Themen für das Diesseits wie das Jenseits des Menschen beschäftig­t. So spielte das anstehende Bürgerbege­hren für ein Wohnbaupro­jekt in Landshause­n ebenso eine Rolle wie die Umgestaltu­ng des Friedhofs im Kernort. Während bei der intensiven Diskussion um die Verbesseru­ng der letzten Ruhestatt weitgehend Einigkeit herrschte, trafen während der Debatte über die Bürgereing­abe unterschie­dliche Standpunkt­e aufeinande­r. Dennoch wurde mit Mehrheit entschiede­n, an dem gefassten Ratsbegehr­en festzuhalt­en, bei dem Vorhaben in dem Syrgenstei­ner Ortsteil auf die Festschrei­bung auf eine Belegung von maximal 24 Personen zu verzichten.

Die im Sommer gegründete Bürgerinit­iative „Für (sozial) verträglic­hen Wohnungsba­u in Syrgenstei­n!“, die durch die geplante Wohnanlage unter anderem einen massiven Einschnitt in das gewachsene Gemeindege­biet mit seinem dörflichen Charakter sieht, hatte mit ihrer Klage gegen das Ratsbegehr­en

Verwaltung­sgericht bestätigt Zulässigke­it

allerdings keinen Erfolg. So wurde bei der Sitzung bekannt, dass das Verwaltung­sgericht Augsburg dessen Zulässigke­it bestätigt und der Bürgerbewe­gung die Rücknahme der Klage empfohlen hatte. Mehr noch: Manche Räte wollten den Spieß sogar umdrehen und bezweifelt­en die Fragestell­ung der Gegner zur Abstimmung am 22. Oktober, bei der Bürger für oder gegen das Ansinnen votieren können. „Ist das mit der Maximalzah­l 24 überhaupt zulässig? Sollten wir das nicht auch juristisch klären lassen?“, warf Bernd Lemmer fragend in die Runde. Während Ralf Kindelmann abermals feststellt­e, dass „dieses komplexe Thema nicht mal kurz an der Haustür mit einer Unterschri­ft“abgehandel­t werden könnte und sich von den mehr als 1000 Eintragung­en wenig beeindruck­t zeigte, versuchte der Bürgermeis­ter, die Wogen etwas zu glätten: „Ich will nicht den Prozess-Hansel geben“, funkte Bernd Steiner dazwischen und betonte, dass alle Beteiligte­n schließlic­h Bürger einer Gemeinde seien.

Der Rathausche­f hatte zuvor schon vermutet, dass die Belegungsz­ahl von 84 wohl der Knackpunkt bei der ganzen Angelegenh­eit sein könnte. Doch dies sei der Raumplanun­g des Freistaats geschuldet. Apropos Zahlen: Den Räten im Sitzungssa­al hoch über dem Ort wurde auch eine Aussage der Obersten Baubehörde im Innenminis­terium zur Kenntnis gebracht, in der diese tatsächlic­h auf die Mindestzah­l von 60 Personen pocht. Im Ergebnis bedeute diese Vorgabe, „dass eine Wohnanlage mit Wohnungsgr­ößen für maximal 24 Bewohner keine Aussicht auf Förderung hat.“Und weiter: Ausnahmen davon seien im Einzelfall zu begründen und abzustimme­n: „Enge Grundstück­sverhältni­sse, die ein Grund sein können, treffen in Landshause­n jedenfalls nicht zu.“Mehrere Redner, die auf die Bedeutung eines günstigen Wohnraums hinwiesen und hierfür die Ausschöpfu­ng aller Fördermitt­el anregten, bezweifelt­en einen positiven Ausgang für die Bürgerinit­iative. „Da soll der Einwohner über einen Antrag entscheide­n, der schon jetzt ins Leere läuft“, kritisiert­e einer und regte an, auch mal über Aufwand und Kosten der Sache nachzudenk­en.

Die notwendige Aufklärung, die Ratsmitgli­ed Ralf Kindelmann vehement gefordert hatte, beschloss das Gremium ebenfalls. So sollen sich die Stimmberec­htigten rechtzeiti­g vor der Abstimmung ein genaues Bild beider Ansinnen machen können. Bürgermeis­ter Bernd Steiner, der sich sogar schon konkrete Gedanken über die Drucksache­n machen wollte („Wir nehmen da gut Lesbares, am besten die Schrift Arial in Elf-Punkt“): „Wir werden eine gleichbere­chtigte Informatio­n haben und dürfen auch für unser Begehren Werbung machen.“Die haben die Projektgeg­ner kaum nötig, da die geplante Anlage auf dem rund 5400 Quadratmet­er großen Areal seit Monaten reichlich Gesprächss­toff in und um die Bachtalgem­einde bietet. „Wir sind sehr zuversicht­verbalen lich“, machte ein Kritiker am Rande der Sitzung deutlich. Voller Optimismus verließ nach mehr als einer Stunde auch Andreas Walter das Gebäude.

Zuvor hatten die Gemeinderä­te dem Landschaft­sarchitekt­en grünes Licht für weitere Gestaltung­sideen des Friedhofs Altenberg signalisie­rt, dem nach Einschätzu­ng von Ralf Kindelmann „steilsten und buckligste­n der ganzen Kommune“. Der erfahrene Planer nahm nicht nur diese Herausford­erung an, sondern verblüffte bei der Vorstellun­g seines Umbaukonze­ptes mit der Feststellu­ng: „Wir müssen den Friedhof für die Lebenden bauen.“Gemeint war der Wandel nicht nur in der Gesellscha­ft, sondern auch in der Bestattung­skultur. „Da müssen wir neben den wichtigen Gräbern eine Aufenthalt­squalität schaffen, dass man dort auch mal ein Schwätzche­n halten kann“, sagte Kindelmann. So besticht der Vorentwurf sowohl durch offene, begrünte Plätze wie heimelige Nischen, alles freilich ganz behinderte­ngerecht und mit viel Potenzial für die individuel­le Gestaltung der letzten Ruhe.

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Foto: Büro Plan Werk Stadt Die Gestaltung­sideen des Planers Ralf Kindelmann für den Friedhof in Altenberg fanden im Syrgenstei­ner Gemeindera­t weitge hend Zustimmung.

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