Flanieren und einkaufen bis Mitternacht
Weil das Wetter mitmacht, lockt die Dillinger Nacht wieder tausende Besucher in die Kreisstadt. Viele spüren dort italienisches Flair. Und der Stadtpfarrer spielt Rock ’n’ Roll
Dillingen Caroline Feldengut-Kain ist die Anspannung am Freitagabend noch deutlich anzumerken. „Als es heute Mittag regnete, habe ich einen richtigen Schrecken bekommen“, sagt die Organisatorin der Dillinger Nacht. Aber wie so oft hat die Kreisstadt bei ihren Events Glück mit dem Wetter, denn beim Startschuss zur langen Einkaufsnacht ist es längst trocken. Bei Temperaturen von etwa 18 Grad stürmen tausende Besucher das Dillinger Zentrum. Die bunten Regenschirme, die die Wirtschaftsvereinigung (WV) über der König- und Kapuzinerstraße als Deko aufgehängt hat, dienen jedenfalls nicht zusätzlich als Schutz vor Nässe.
Die Steinheimerin Hannelore Karg ist zum ersten Mal zur Dillinger Nacht gekommen. Sie fühlt sich ein wenig an Italien erinnert. „Das ist wunderbar hier, wie in Südtirol. Alle sind auf der Straße“, sagt Karg. Die Menschen flanieren durch die Straßen, von überall her tönt Musik. Die Klavierwerkstatt Rapp hat ein Instrument in der Kapuzinerstraße aufgestellt. Am Klavier improvisiert gerade der Dillinger Stadtpfarrer Wolfgang Schneck. „Der könnte auch als Barmusiker durchgehen“, sagt die Dillingerin Luise Famulla, als Schneck Rock ’n’ Roll aus den Tasten holt. „Ich wäre bei jedem Wetter gekommen, da muss man einfach her“, sagt Famulla. Die 70-Jährige nützt die lange Einkaufsnacht, bei der etwa 80 Geschäfte bis 24 Uhr geöffnet haben, zum Shoppen. „Vielleicht kaufe ich mir heute eine Espresso-Maschine“, sagt sie.
Die Dillinger Nacht ist eine Veranstaltung der Wirtschaftsvereinigung, gefördert vom Verein Image plus. Die Stadt selbst hat dafür ein großes Kulturprogramm auf die Beine gestellt, denn ohne das dürften die Läden nicht bis 24 Uhr geöffnet bleiben. Oberbürgermeister Frank Kunz, WV-Vorsitzende Sylvia Stapfer, Image-plus-Vorsitzender Alexander Jall und Werbegemeinschafts-Chefin Caroline Feldengut-Kain sind wegen des Wetterglücks ebenso gut gelaunt wie wohl die meisten Gäste, die in Scharen durch Dillingen flanieren. „Das ist einfach traumhaft“, sagt Kunz. Ihn freue das für die Geschäftsinhaber. „Es ist toll, was unsere Wirtschaft hier wieder auf die Beine gestellt hat“, betont der Rathauschef.
Das Geschäft brummt in den Läden. Bei Mann und Mode etwa kommen die Chefs Frank und Jürgen Hertle kaum nach, die vielen Kunden zu bedienen. „Das ist für uns der stärkste Einkaufstag im Jahr“, sagt Frank Hertle. Wenn es nach ihm ginge, könnte man einmal im Monat eine Dillinger Nacht veranstalten. Nach dem Rathausbrand ist der Altbau eingerüstet, aber ebenso wie die Königstraße bunt beleuchtet. Im Rathausfoyer spielt die Band Trijazzlon mit Wolfgang Düthorn, Christian Kempter und Gerhard Rehm Bar-Jazz. Ein Stück Normalität nach dem verheerenden Brand, der den Altbau zerstört und einen Schaden von fünf Millionen Euro verursacht hat.
Händler haben den Kunden buchstäblich den roten Teppich ausgerollt. Jedenfalls führt solch ein Teppich zu den Geschäften Barthelmess, Kain und Revolution. Einige Aktionen gibt es für die Kartei der Not, das Leserhilfswerk unserer Zeitung. Bei Intersport Kraus in der Großen Allee geht am Ausschank ein Euro pro Getränk an die Kartei. In Angies Teeladen fertigt Jonas Mantwied am Schokobrunnen gegen einen kleinen Obolus fürs Leserhilfswerk Schokospieße. Ähnlich bei Papier Brenner: Der „weltberühmte Sprayer“Creator Nine (Vedat Hopoglu) aus Augsburg besprüht dort kunstvoll Schulranzen und Mäppchen. Und Optik Forscht sorgt gegen eine kleine Spende zugunsten der Kartei für klaren Durchblick, denn Christian Forscht repariert und säubert Brillen.
Wer vom Shoppen genug hat, genießt kulinarische Köstlichkeiten oder das Kulturprogramm, das von klassischen Klängen im Schloss (Miriam Galonska, Annette Sailer und Marcus McLaren) bis zu den heißen Rhythmen der Band Soul City reicht. Ach ja, einen Hauch von Erotik gibt’s auch wieder. Bei Karins Wäschemoden sind, wie Stadtrat Walter Fuchsluger schwärmt, „schöne Mädels“in Dessous und athletische Jungs mit freiem Oberkörper in Unterhosen zu sehen.
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