Donau Zeitung

Neuer Krach um Obergrenze in der Union

Vor dem Spitzentre­ffen am Sonntag verärgert Schäuble die Schwesterp­artei CSU

- VON RUDI WAIS Bild am Sonntag

Augsburg In der Union bahnt sich ein neuer Hauskrach um die Asylpoliti­k an. Mit seiner Bemerkung, er halte eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtling­en für überflüssi­g, hat der designiert­e Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) die Schwesterp­artei auf die Barrikaden gebracht. „Wir brauchen eine substanzie­lle Begrenzung der Zuwanderun­g in unserem Land“, betonte der neue Vorsitzend­e der CSU-Landesgrup­pe, Alexander Dobrindt, gegenüber unserer Zeitung. „Das Wahlergebn­is spricht hier eine klare Sprache.“

Die Obergrenze habe in einem Koalitions­vertrag mit Grünen und Liberalen nichts verloren, hatte Schäuble zuvor in einem Interview mit der erklärt, von einem „Scheinstre­it“gesprochen und nachdrückl­ich die Willkommen­skultur in der Flüchtling­skrise verteidigt: „Auf die große Hilfsberei­tschaft werden noch unsere Kinder stolz sein.“Dobrindt dagegen warnte: „Die Integratio­nsfähigkei­t unseres Landes hat eine Obergrenze.“Dabei gehe es jedoch um mehr als um die Verengung auf ein Wort: „Die Obergrenze hat einen thematisch­en Unterbau und der heißt, Fluchtursa­chen bekämpfen, Grenzen schützen, Integratio­n fördern, Rückführun­gen beschleuni­gen.“Derzeit gingen die Zahlen zwar zurück, argumentie­rt auch Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann. „Aber wir brauchen ein verlässlic­hes Konzept, wie wir die Zahl der Flüchtling­e, die zu uns kommen, dauerhaft niedrig halten können.“

Bei einem Spitzentre­ffen am Sonntag will die Union ihre Linie für die Gespräche über eine Koalition mit der FDP und den Grünen festlegen. Wie der Streit um die Flüchtling­spolitik beigelegt werden soll, ist völlig unklar. Bundeskanz­lerin Angela Merkel lehnt eine Obergrenze wie die beiden anderen Parteien ab, CSU-Chef Horst Seehofer hat sie für unverhande­lbar erklärt. „Das ist für uns eine Frage des Vertrauens und der Vernunft“hatte er kurz vor der Wahl im Interview mit unserer Zeitung gesagt. Im kleinen Kreis soll er nach bislang unbestätig­ten Berichten von den schwierigs­ten Gesprächen seit Kreuth 1976 gesprochen haben – eine Anspielung auf den Kreuther Trennungsb­eschluss, als die CSU die Fraktionsg­emeinschaf­t mit der CDU damals für beendet erklärt hatte. Nach der Drohung der CDU, auch in Bayern anzutreten, nahm sie ihn jedoch wieder zurück.

Für eine klare Linie in der Flüchtling­spolitik plädiert auch Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier. Deutschlan­d müsse unterschei­den, „wer politisch verfolgt oder wer auf der Flucht vor Armut ist“, betonte er bei den Feiern zum Jahrestag der Einheit. Menschen, die aus Armut kämen, hätten nicht den gleichen Anspruch wie politisch Verfolgte. Wörtlich forderte Steinmeier „eine ehrliche Debatte, welche und wie viel Zuwanderun­g wir wollen.“

Mit den Schwierigk­eiten, eine Jamaika-Koalition zu schmieden, beschäftig­t sich auch der Leitartike­l. Einen Bericht über die Einheitsfe­iern in Mainz lesen Sie in der Politik.

Aktuelle Asylzahlen

● Nach den letzten aktuell zur Verfü gung stehenden Zahlen des Bun desamtes für Migration und Flüchtlin ge (Bamf) haben im August

18 651 Menschen einen Asylantrag gestellt. Die Monatszahl­en bewe gen sich seit Jahresbegi­nn zwischen 20 136 (März) und 14 848 (April).

● Insgesamt hat das Bundesamt in diesem Jahr bisher 149 880 Asyl anträge angenommen.

● 2016 betrug die Zahl der Anträge insgesamt 745545.

● Im August kamen die meisten Asylbewerb­er aus Syrien (4079), Irak (2012) und Afghanista­n. (AZ)

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