Damit ihre Geschichte nicht vergessen wird
Die Sudetendeutsche Landsmannschaft zeigt im Heimatmuseum Gundelfingen Exponate aus ihrer damaligen Heimat. Was sie sich wünscht
Gundelfingen Fünfeinhalb Jahre war Ingeborg Hefele jung, als ab dem Mai 1945 drei Millionen Deutsche die Gebiete Böhmen und Mähren in der damaligen Tschechoslowakei verlassen mussten. Egal, ob Männer, Frauen, Kinder – sie alle mussten über die Grenze, viele überlebten nicht. 50 Kilogramm an Gepäck durfte Hefeles Familie mitnehmen, Wertsachen waren verboten. „Das war sehr beklemmend“, sagt sie, während sie im Sudetendeutschen Heimatmuseum der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Ortsgruppe Gundelfingen, steht. Um sie herum sind in Glasvitrinen alte Handarbeiten, Bücher und Bilder aus ihrer alten Heimat, dem Sudetenland, ausgestellt. Auch ein Fahrrad steht in einer Ecke. Mit diesen durften sie zum Bahnhof fahren, von dem aus sie ausgewiesen wurden. „Von dort aus wurden wir in Viehwaggons nach Augsburg transportiert und von dort aus auf die Landkreise verteilt“, erinnert sie sich. Hefele und Familie kamen nach Aislingen in den Gasthof Adler.
Es war eine schwere Zeit für die Sudetendeutschen. Aus der alten Heimat vertrieben und in der neuen Heimat lange nicht akzeptiert. Auch der Bezirksobmann Felix VogtGruber kann sich noch gut an diese Zeit erinnern, seine Eltern wurden aus dem Sudetenland vertrieben. Er sagt aber: „Wir mussten nicht integriert werden, wir hatten ja dieselbe Sprache und dieselbe Kultur.“Außerdem hätten die Sudetendeutschen einen wichtigen Teil beigetragen beim deutschen Wiederaufbau. „Ohne die Sudetendeutschen wäre Bayern nicht das, was es heute ist“, sagt Vogt-Gruber. Mit ihrem hohen Bildungsstand und der guten Ausbildung im handwerklichen Bereich leisteten die Sudetendeutschen einen wichtigen Beitrag beim Wandel vom Agrarland zur Industriegesellschaft, so der Bezirksobmann. Schließlich gründeten auch im Landkreis viele Vertriebene kleine Ein- und Zweimannbetriebe.
Mit Blick auf die deutsche Einheit, die am gestrigen Dienstag bundesweit gefeiert wurde, sagt VogtGruber aber: „Was wir bekommen haben, ist Mitteldeutschland.“Denn Ostdeutschland, das ist für ihn, nach wie vor, die Heimat seiner Eltern. „Ich verzichte nicht auf das Eigentum meiner Vorfahren“, sagt er. Dabei sei es ihm wichtig, eine Einigung zu erzielen. Denn völkerrechtlich stünden ihnen ihr Hof und Haus von damals noch zu. „Die Sache muss endlich vom Tisch, sonst findet es nie ein Ende.“
Besonders wichtig sei ihm, dass die Benes-Dekrete, die in Tschechien immer noch in Kraft sind, ausgesetzt werden. Die 143 Dekrete wurden kurz nach dem Zweiten Weltkrieg vom damaligen Staatspräsidenten Edvard Benes eingeihre führt und waren die rechtliche Grundlage für die Vertreibungen. In einer Vitrine im Gundelfinger Heimatmuseum sind noch die Armbinden, auf denen ein großes „N“steht, zu sehen, mit denen die Sudetendeutschen in der damaligen Tschechoslowakei gebrandmarkt wurden. Wer sie trug, dem drohte Gewalt.
Auch die Musikinstrumente, die in einer anderen Ecke des Museums ausgestellt sind, haben einen bitteren Beigeschmack. Eine etwas demolierte, silberne Blechtrompete steht da im Regal. Der Besitzer dieser Trompete musste bei der Vertreibung am Anfang des Zuges laufen und „Muß i denn zum Städtele hinaus“spielen.
Ingeborg Hefele erinnert sich aber auch noch an etwas Schönes. Ihre Puppe hat sie damals aus ihrer alten Heimat bis nach Aislingen mitgenommen. „Ich erinnere mich noch ganz genau, als wir in der Küche die Feldbetten aufgeschlagen haben und dort zu fünft geschlafen haben. Meine Puppe war da immer bei mir.“Bis heute.
„Was wir bekommen haben, ist Mitteldeutschland.“Felix Vogt Gruber