Donau Zeitung

Blutrünsti­g oder romantisch? Das liest die Region

Regionalkr­imis stehen bei Erwachsene­n hoch im Kurs, Klassiker sind nicht so beliebt. Jugendlich­e lesen statt Fantasybüc­hern lieber Werke ihrer Youtube-Idole. Wir haben uns vor der Buchmesse umgehört

- VON LISA BAUMGARTNE­R

Landkreis Am 11. Oktober ist es wieder so weit: Die Frankfurte­r Buchmesse startet und Leseratten aus Deutschlan­d und Europa kommen zusammen, um sich über ihre Lieblingsw­erke auszutausc­hen und die neuesten literarisc­hen Highlights zu entdecken. Doch wie sieht es eigentlich im Landkreis mit dem Lesen aus? Was sind die bevorzugte­n Genres? Wir haben bei Bibliothek­en und Buchhandlu­ngen nachgefrag­t.

Regionalkr­imis stehen bei den Lesern in der Region besonders hoch im Kurs. Ebenso beliebt: Thriller von skandinavi­schen Schriftste­llern.

Viele Bücherfreu­nde richten sich auch nach den Spiegel-Bestseller-Listen. Für die Klassiker sieht es jedoch schlecht aus: „An besonderen Jahrestage­n werden sie manchmal angefragt. Sonst eigentlich kaum“, sagt Heidi Hüll von der Lauinger Stadtbüche­rei. Im Landkreis lesen alle Altersgrup­pen gerne: „Schulkinde­r, Erwachsene, Großeltern, die ganze Palette“, so Ursula Poser von der Buchhandlu­ng Gerblinger in Wertingen. Bilderbüch­er für Kleinkinde­r sind ebenfalls überall beliebt. Neben den Gemeinsamk­eiten lassen sich aber auch ein paar Besonderhe­iten im Leseverhal­ten erkennen.

„In Wertingen wird querbeet gelesen“, sagt Ursula Poser. Neue Kochbücher von Lafer oder Schuhbeck

„Mann trifft Frau, das ist es nicht mehr.“Julia Hank, Buchhandlu­ng Brenner

fänden beispielsw­eise großen Zulauf. Auch wenn aktuell eine Buchverfil­mung im Kino läuft, greifen die Kunden laut Poser gerne zur literarisc­hen Vorlage. Derzeit habe der Bücherverk­auf wegen der Frankfurte­r Buchmesse zugenommen. Doch noch ein anderer Faktor ist von Bedeutung: „Jetzt kommt die Winterzeit, da zieht der Verkauf wieder sehr stark an und man kann es sich mit einem guten Buch und einer Tasse Tee gemütlich machen.“

In der Stadtbüche­rei in Dillingen hat sich eine besondere Entwicklun­g ergeben. Brigitte Schöllhorn, Leiterin der Bücherei, kennt sie: „Bücher aus den Feuilleton-Seiten der Zeitungen haben an Beliebthei­t gewonnen.“Leichte Unterhaltu­ng und Liebesroma­ne, wie etwa von Jojo Moyes, seien ebenfalls gefragt.

Bei Sachbücher­n stünden Ratgeber, besonders aus den Bereichen Reisen, Medizin und Kochen, hoch im Kurs. Auch Kinder haben klare Präferenze­n: „Vor allem Lustiges oder Krimis. Fantasy hat abgenommen“, sagt Brigitte Schöllhorn. Klassiker werden, seit sie in der Bücherei eigens ausgestell­t sind, mehr gelesen: „Nicht rasend, aber es geht“, so Brigitte Schöllhorn. Insgesamt werde etwa genauso viel ausgeliehe­n wie vor zehn Jahren, trotz Digitalisi­erung. „Das Interesse an Büchern ist da, aber eben auch das Internet und wenig Freizeit.“

Wie sieht die Leselage in Gundel fingen aus? Eva Winter, Leiterin der Stadtbüche­rei, gibt Auskunft: „Die Zahl der Ausleihen schwankt, aber einen Rückgang habe ich nicht bemerkt.“Bei Erwachsene­n stünden Neuseeland- und Australien­romane hoch im Kurs, ebenso wie historisch­e Belletrist­ik. „Die Leser hier wollen lustig angehaucht­e Bücher. Blutrünsti­ge Thriller sind derzeit weniger gefragt“, so Winter. Generell lesen Kinder ein wenig mehr als Erwachsene. Comics sind bei den Kleinen in Gundelfing­en besonders beliebt, aber auch Klassiker wie „Hanni und Nanni“feiern ein Revival. Außerdem bietet die Gundelfing­er Bücherei ein besonderes Extra an: Großdruckb­ücher, die von Lesern mit Sehbeschwe­rden gut angenommen würden.

Bei den Buchhandlu­ngen Brenner und Scala in Dillingen und Lauingen kaufen Frauen mehr Bücher als Männer, weiß Buchhändle­rin Julia Hank. „Männer stöbern weniger und haben meist konkrete Wünsche“, so Hank. Liebesroma­ne seien gefragt, aber die Leser wollen vermehrt realitätsn­ähere Werke, die auch freundscha­ftliche oder familiäre Aspekte behandeln. „Mann trifft Frau, das ist es nicht mehr“, sagt Julia Hank. Bei Jugendlich­en habe sich eine Wendung ergeben. Während früher Fantasy hoch im Kurs stand, sind es nun die Bücher berühmter YouTuber wie etwa LeFloid. Dass Buchhändle­r auch von der Digitalisi­erung profitiere­n können, zeigen Bücher Brenner und Scala. Seit Kurzem setzen sie vermehrt auf die sozialen Netzwerke. Bei WhatsApp und Facebook sind sie bereits aktiv, Instagram folge bald.

Heidi Hüll von der Lauinger Stadtbüche­rei kennt die literarisc­hen Trends, die in der Albertus-Magnus-Stadt vorherrsch­en: „Krimis gehen gut, und die Thriller von Fitzek.“Im Kontrast zu den teils brutalen Werken stehen Familiensa­gas, die die Lauinger auch gerne lesen. Sachbücher seien nicht so gefragt. Doch es gibt Ausnahmen: „Die Akte Trump“von David Cay Johnston ging laut Hüll dieses Jahr schon zwölf Mal über die Ausleihthe­ke.

Fantasy ist bei den Lauinger Jugendlich­en, anders als bei Altersgeno­ssen aus den Nachbarstä­dten, sehr beliebt. Doch generell lesen die Jungen und Mädchen ab 13 Jahren weniger. Bei Kindern seien interaktiv­e Bücher mit Soundeffek­ten gefragt.

Eine besondere Rolle nimmt die Studienbib­liothek in Dillingen ein, die vom ganzen Landkreis genutzt wird. Leiter Rüdiger May weiß, wofür: „Für berufliche oder schulische Zwecke, zur Fortbildun­g und auch zur Geschichts­forschung.“Für die Studienbib­liothek sei das Internet keine große Konkurrenz, da die Leser gerade bei längeren Texten gedruckte Bücher bevorzugen. Hier werden auch oft Klassiker ausgeliehe­n: Sowohl von Schülern, die sie als Schullektü­re benötigen, als auch von literaturb­egeisterte­n Lesern jeder Altersgrup­pe. Kinder- und Jugendbüch­er gibt es nicht. Das Publikum ist dennoch bunt gemischt: „Vom Schüler, der erstmals ein Referat erstellen muss, über den Studenten und den Berufstäti­gen bis hin zum Rentner, der die Historie des Landkreise­s erforscht, ist jeder vertreten“, so May.

Maria Hergöth weiß als Leiterin der Stadtbüche­rei, was die Höchstäd ter am liebsten lesen: „Krimis und Thriller sind beliebt, ebenso wie Liebesgesc­hichen und historisch­e Romane.“Das Vorurteil, dass Frauen vor allem schnulzige Bücher lesen, kann Hergöth nicht bestätigen: „Frauen lesen auch harte Thriller.“Männer hingegen greifen – dem Klischee entspreche­nd – nur selten zu Liebesroma­nen. Wie läuft es mit der Kinder- und Jugendlite­ratur? „Sehr gut“, sagt Maria Hergöth und lacht. Die Höchstädte­r lesen generell viel, das habe sich innerhalb der vergangene­n Jahre nicht geändert: „In der Bücherei ist kein Stillstand. Da ist immer Bewegung.“Zum Schluss hat Maria Hergöth noch eine wichtige Botschaft: „Man muss sich einfach Zeit zum Lesen nehmen. Ein Buch hat immer Zeit.“

 ?? Foto: Karl Aumiller ?? Die Studienbib­liothek Dillingen nimmt eine besondere Rolle im Landkreis ein. Ob Schüler, Student, Berufstäti­ger oder Rentner: Wer in der Region ein Nachschlag­ewerk sucht, findet es hier. Hier leihen sich die Menschen, anders als in den anderen...
Foto: Karl Aumiller Die Studienbib­liothek Dillingen nimmt eine besondere Rolle im Landkreis ein. Ob Schüler, Student, Berufstäti­ger oder Rentner: Wer in der Region ein Nachschlag­ewerk sucht, findet es hier. Hier leihen sich die Menschen, anders als in den anderen...

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