Donau Zeitung

Drei Promille antrinken in 45 Minuten?

Ein Mann streitet ab, betrunken Auto gefahren zu sein. Das Gericht schickt ihn trotzdem hinter Gitter

- VON ANDREAS SCHOPF

Dillingen Wer Alkohol nicht in rauen Mengen gewohnt ist, für den kann ein Blutalkoho­lwert von über drei Promille lebensbedr­ohlich werden. So einem Wert geht in der Regel ein stundenlan­ges Besäufnis voraus. Das Dillinger Amtsgerich­t musste sich nun mit der Frage beschäftig­en, ob man sich auch in weniger als 45 Minuten drei Promille antrinken kann.

Doch der Reihe nach: Ein Mann aus dem baden-württember­gischen Grenzgebie­t stand vor Gericht, weil er betrunken Auto gefahren sein und Polizisten beleidigt haben soll. An einem Tag im Februar dieses Jahres hatte der 52-Jährige mehrfach Streit mit seiner damaligen Lebensgefä­hrtin. Der mündete darin, dass er am frühen Abend die gemeinsame Wohnung verließ und mit dem Auto davonfuhr. So weit der unstrittig­e Teil. Was dann passierte, musste in der Verhandlun­g erst rekonstrui­ert werden. Eine Zeugin sah auf der Straße zwischen Staufen und Oggenhause­n im Vorbeifahr­en den Wagen des Mannes, der seltsam im Straßengra­ben parkte. Sie wurde misstrauis­ch und rief kurz darauf die Polizei. Nach einer knappen Dreivierte­lstunde war eine Streife vor Ort und fand den Wagen, der in der Zwischenze­it mehrere hundert Meter gefahren war und an einer Waldeinfah­rt stand. Ein Polizist berichtete vor Gericht, dass der Angeklagte angeschnal­lt am Steuer saß und versuchte, den Wagen trotz abgebroche­nem Schlüssel zu starten. Der Motor sei noch warm gewesen, der Mann so betrunken, dass er nur noch lallte. Ein später im Krankenhau­s durchgefüh­rter Bluttest ergab einen Wert von rund drei Promille. Vor Gericht gab der Mann an, in diesem Zustand nicht Auto gefahren zu sein. Er habe erst zum Schnaps gegriffen, nachdem er den Wagen an der Waldeinfah­rt abgestellt hatte und spazieren gegangen war. Dann sei er zurück zum Auto und habe sich aus der „Macht der Gewohnheit“heraus wieder angeschnal­lt.

Laut dieser Geschichte muss er sich die drei Promille in einer knappen Dreivierte­lstunde, also vom Anruf der Zeugin bis zum Eintreffen der Beamten, angetrunke­n haben. „Das ist in so kurzer Zeit nicht machbar“, sagte Richter Patrick Hecken. Er hatte auch ein Gutachten parat, das die Angaben des Angeklagte­n widerlegte. Laut dem muss der Mann bereits zu dem Zeitpunkt, als der Zeugin das Auto an einem anderen Standort auffiel, mindestens zwei Promille im Blut gehabt haben. „Es steht zu meiner Überzeugun­g fest, dass Sie betrunken Auto gefahren sind“, sagte Hecken. Zumal der Angeklagte in diesem Punkt polizeibek­annt ist. Fünf einschlägi­ge Vorstrafen weist er auf, wegen Trunkenhei­t am Steuer saß er schon einmal eine Haftstrafe ab.

Doch das war nicht das einzige Vergehen, für das sich der 52-Jährige diesmal verantwort­en musste. Der Mann war den Beamten gegenüber aggressiv, beleidigte sie und wurde handgreifl­ich – vom Eintreffen am Auto bis zur Untersuchu­ng im Krankenhau­s. Dafür entschuldi­gte sich der Angeklagte. „Das ist sonst nicht meine Art“, sagte er.

Die Reue brachte ihm nichts mehr. „Sie haben sich aufgeführt wie eine offene Hose, das geht gar nicht“, sagte Hecken, der dem Angeklagte­n ein „massives Alkoholpro­blem“zusprach. Eine positive Sozialprog­nose sei so nicht vorhanden. Der Richter verurteilt­e den Mann zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten, ohne Bewährung. Der Führersche­in, der seit dem Vorfall im Februar sichergest­ellt ist, bleibt weitere zwei Jahre und zwei Monate eingezogen.

 ?? Symbolfoto: Arno Burgi, dpa ?? Ein Mann stand vor dem Dillinger Amtsgerich­t, weil er betrunken Auto gefahren sein und Polizeibea­mte beleidigt haben soll.
Symbolfoto: Arno Burgi, dpa Ein Mann stand vor dem Dillinger Amtsgerich­t, weil er betrunken Auto gefahren sein und Polizeibea­mte beleidigt haben soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany