Donau Zeitung

Wie erwischt man den Biber?

Das Tier unterhöhlt Feldwege und Wiesen – und lässt Landwirte und Bürgermeis­ter im Kreis Donau-Ries auf die Barrikaden gehen. Zwei Biber werden zuletzt sogar abgeschobe­n

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Für den Städter in Augsburg oder München mag sich das Katz- und Mausspiel an Donau, Lech und Wörnitz wie eine Provinzpos­se anhören, über die er beim Latte macchiato gerne mal schmunzelt. Für den hiesigen Bauern, der unweit der Flussufer in Tapfheim, Ebermergen und sonst wo im Landkreis seine Böden bearbeitet, ist die Sache zum Gesundheit­srisiko geworden.

Biber bauen nicht nur beschaulic­he Burgen, sie unterhöhle­n auch Feldwege und Ufergebiet­e. Da kann es durchaus vorkommen, dass Schlepper einbrechen oder – wie jüngst berichtet – ein Spaziergän­ger unweit des Naturschut­zgebiets „Priel“zwischen Ebermergen und Marbach in einen Hohlraum im Boden rutscht. Nicht zuletzt wegen jener Vorfälle und des damit verbundene­n Klärungsbe­darfs bei den Rathausche­fs stand der Biber am Freitag auf der Agenda der Bürgermeis­terdienstb­esprechung im Landratsam­t in Donauwörth.

Das Tier lässt kaum einen Kompromiss zu: Man liebt oder hasst es, so scheint’s. Die einen wollen den Biber zum Abschuss freigeben, die anderen befreien ihn klammheiml­ich aus den mühsam herangekar­rten Lebendfall­en, wie beispielsw­eise in Fremdingen geschehen. Der Bi- ber indes hat schon allein aufgrund seines recht putzigen Äußeren eine große Lobby, vor allem wohl bei jenen, auf deren Grund er nicht haust, gräbt, nagt.

Die Landwirte und Gartenbesi­tzer an Donau, Wörnitz, Lech und anderen Flüssen im Landkreis dagegen fühlten sich zunehmend im Stich gelassen, wie Tapfheims Bürgermeis­ter Karl Malz erklärt: „Seit Jahren weise ich vehement auf dieses Thema hin – aber es passiert zu wenig.“

Das würde Volker Geiß als Naturschut­zbeauftrag­ter des Landratsam­tes Donau-Ries nicht unterschre­iben, im Gegenteil: Landwirte könnten sich beispielsw­eise Elektrozäu­ne ausleihen, die Behörde stehe den Betroffene­n mit Rat und Tat zur Seite. Zuletzt wurde mit Vertretern der Landwirtsc­haft, Jägern, Waldbesitz­ern und Umweltverb­änden eigens ein „Biberfalle­n-Schulungst­ermin“abgehalten. Und: Landwirte dürften bei Maschinens­chäden sogar auf Entschädig­ungen vom Freistaat hoffen, sofern sie sich vorher auf fünf Jahre verpflicht­et hätten, einen bestimmten Bereich am Ufer unberührt zu lassen. Private außerhalb von Landwirtsc­haft und Forstwesen bekommen bei Schäden in der Regel nichts.

20 Gemeinden im Landkreis Donau-Ries verfügen derweil bereits über eine befristete „Genehmigun­g zum Abfang“. Malz reicht das nicht: „Wir fangen den Biber nicht mehr, weil das doch eigentlich keine kommunale Aufgabe ist. Parallel haben wir Probleme, und zwar massive.“Dämme befestigen, um Schäden für die Landwirtsc­haft zu vermeiden, das koste nicht nur wenige Stunden Arbeit, es erfordere konstant hohen personelle­n und finanziell­en Aufwand. Frank-Markus Merkt, Bürgermeis­ter in Fremdingen, steht Malz zur Seite.

Er müsste, wollte die Gemeinde dem Biber nachhaltig nachstelle­n, „tagtäglich zwei Leute aus dem Bauhof abstellen, die nichts mehr anderes machen“. Zuletzt habe seine Gemeinde 20000 Euro ausgegeben, um die örtliche Kläranlage wirksam zu schützen. Weil es nun „reicht“, fordert Karl Malz nicht zum ersten Mal den Abschuss. Der sei ihm bis dato nicht erteilt worden. In Ausnahmefä­llen wäre dies möglich, das Landratsam­t gewähre den Abschuss auch vereinzelt – allerdings, so Geiß von der Unteren Naturschut­zbehörde, sei das in Siedlungsn­ähe nicht möglich.

Ob er nun gefangen oder geschossen wird, das spielt für den Biber letztlich keine Rolle. Auch der Biber aus der Lebendfall­e erhält nach dem Transport ins Landratsam­t den finalen Schuss. „Ich habe eigentlich Besseres zu tun, als dafür mit dem Biber im eigenen Auto durch den Landkreis zu kutschiere­n und ihn vorher noch durchzufüt­tern, weil er nur zwischen 10 und 12 Uhr angenommen wird“, meint Alerheims Bürgermeis­ter Christoph Schmid.

Während Naturschut­zbeauftrag­ter Geiß legitimerw­eise erklärt, dass nicht er es sei, der die Gesetze mache, sondern die zuständige­n politische­n Organe in Brüssel und München, gesteht Landrat Stefan Rößle ein, dass „die Population des Bibers im Landkreis zu hoch ist“.

Er habe aus München eine Absage kassiert, nachdem er Entschädig­ungen für die Kommunen angefragt hatte. Die Problemfra­ge wie man dem Biber künftig begegnen sollte, sie blieb am Freitag ungeklärt. Das Gesetz schützt das Tier grundsätzl­ich. In Brüssel scheint der Biber ohnehin weit weg, in München mag man ihm nicht so wirklich ans Fell gehen. Die Fangquoten im Landkreis sind übrigens recht übersichtl­ich – in den vergangene­n drei Jahren gingen zwischen 17 und 31 Tiere in die Falle. Einem Lösungsans­atz schienen am Freitag in Donauwörth sämtliche Bürgermeis­ter zuzustimme­n: Zwei jüngst gefangene Tierchen – eines aus Rain, das andere ein waschechte­r Oberndorfe­r – wurden in Großbritan­nien angeforder­t. Sie sollen dort, wie Volker Geiß erklärte, beim Hochwasser­schutz helfen – kein Witz, aber durchaus zum Schmunzeln.

 ?? Symbolfoto: Patrick Pleul, dpa ?? Ohne Zweifel ein gutes Model für Kinderzahn­pasta und obendrein ein niedlicher Zeitgenoss­e: der Biber. Bei Landwirten und Uferanrain­ern in der Region steht er nicht ganz so weit oben in der Gunst.
Symbolfoto: Patrick Pleul, dpa Ohne Zweifel ein gutes Model für Kinderzahn­pasta und obendrein ein niedlicher Zeitgenoss­e: der Biber. Bei Landwirten und Uferanrain­ern in der Region steht er nicht ganz so weit oben in der Gunst.

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