Donau Zeitung

Was das Bauen heute so teuer macht

Auch die Klaus-Gruppe in Augsburg berichtet von steigenden Kosten. Die Geschäftsf­ührer erklären, weshalb das unter anderem an strengeren Vorschrift­en liegt und wo der Markt schon heißläuft

- Interview: Michael Kerler

Herr Klaus, Herr Ruhdorfer, wer in einer Stadt wie Augsburg eine Neubauwohn­ung kaufen will, landet schnell bei Preisen von 500000 Euro. Warum sind die Neubauprei­se so stark gestiegen?

Manfred Ruhdorfer: Wie so oft ist die hohe Nachfrage der Auslöser. Steigende Preise sehen wir derzeit in allen bundesdeut­schen Metropolen. In Augsburg ziehen die Preise im Schlepptau von München zusätzlich an. Ein Grund für die hohen Neubauprei­se sind steigende Grundstück­skosten. In Augsburg haben sich diese in den letzten fünf Jahren praktisch verdoppelt. Wo man damals in einer Innenstadt­lage 500 Euro pro Quadratmet­er gezahlt hat, sind es heute tausend und mehr.

Wie bekommt man die Preise wieder in den Griff?

Ruhdorfer: Wenn die Nachfrage hoch ist, hilft nur bauen, bauen, bauen. Das gilt für Augsburg wie für München. Dafür braucht man aber Grundstück­e und das Baurecht.

Fehlt es also einfach an Baugrund? Jörg Klaus: Die großen Flächen zum Beispiel in Augsburg sind inzwischen bebaut – darunter frühere Kasernen. Jetzt geht es darum, Baurecht zu schaffen für Grundstück­e, die bisher nicht für den Wohnungsba­u gedacht waren. Das dauert aber seine Zeit. Bei uns gibt es komplexe Verfahren, die Institutio­nen und Behörden einbinden. Aber nicht nur die Grundstück­e, auch das Bauen selbst ist teurer geworden.

Was macht das Bauen teuer? Ruhdorfer: Die Baukosten haben sich in den letzten zehn Jahren auch durch die immer schärferen Auflagen nahezu verdoppelt. Zudem sind die Bau- und Handwerksu­nternehmen derzeit gut ausgelaste­t und dementspre­chend teurer. Wenn wir an zehn Unternehme­n eine Anfrage schicken, bekommen wir aktuell von gerade einmal zweien ein Angebot. Der Rest hat keine Zeit.

Klaus: Oft kommt auch noch das Thema „Archäologi­e“oder die Entsorgung von Altlasten dazu.

Welche Vorschrift­en sind es, die das Bauen teurer machen? Vor allem das Dämmen und energetisc­he Standards sind ja in die Kritik geraten. Ruhdorfer: Die energetisc­hen Standards sind ein Grund. Sie ziehen Folgekoste­n nach sich. Wenn ein Gebäude einen bestimmten Energiesta­ndard einhalten muss, geht dies nicht mehr ohne den Einbau einer Wohnraumlü­ftung. Aber die energetisc­hen Standards sind es nicht allein. Auch andere Vorschrift­en sind strenger geworden, zum Beispiel beim Brandschut­z oder Schallschu­tz. Schärfere Auflagen treiben die Baukosten.

Wenn eine Wohnung in der Stadt heu-

te 500000 Euro kostet, wer sind denn die Menschen, die sich dies leisten? Ruhdorfer: Die Zinsen sind niedrig. Deshalb fließt viel Geld in Immobilien. Der Markt ist geflutet mit Eigenkapit­al. Häufig sind es neben privaten Anlegern auch institutio­nelle Investoren, die aktiv sind, zum Beispiel Versorgung­skassen.

Für junge Familien wird es also schon schwierig, noch dabei zu sein? Ruhdorfer: Wir bauen eher im gehobenen Segment. Das liegt an den Innenstadt­lagen. Wer dort eine Immobilie kauft, macht dies tatsächlic­h seltener als früher, um selbst darin zu wohnen. Und wenn dort jemand zum Eigenbedar­f kauft, ist es weniger die klassische Familie mit Kindern und einem Alleinverd­iener,

sondern eher ein Paar an Doppelverd­ienern.

Klaus: Es gibt auch Privatleut­e, die zur Kapitalanl­age kaufen – um ihre Rente abzusicher­n oder für die Kinder Geld anzulegen.

Ist es nicht fatal, wenn sich viele eine Wohnung kaum mehr leisten können? Klaus: Ich halte deshalb staatliche Auflagen für sinnvoll, dass zum Beispiel in einem größeren Neubaugebi­et 20 bis 30 Prozent Sozialwohn­ungen entstehen müssen. Wir dürfen aber auch nicht die Baukosten durch weitere Vorschrift­en noch mehr anheben.

Umgekehrt profitiert die Branche von den niedrigen Zinsen.

Klaus: Die Niedrigzin­spolitik hat auch zu Fehlentwic­klungen geführt. Ich hätte lieber eine kontinuier­liche Entwicklun­g als ein Heißlaufen der Preise. Viele drängen in den Immobilien­markt. Das kann auch einmal drehen. In München ist der Grundstück­smarkt definitiv heißgelauf­en.

Haben wir denn schon eine Blase am Immobilien­markt?

Ruhdorfer: Viele warnen davor, wir sehen das anders. In London oder Spanien, wo es Probleme gab, wurden Immobilien mit hohem Kreditante­il finanziert. In Deutschlan­d sind Immobilien dagegen mit einem hohen Eigenkapit­alanteil finanziert. Alles, was in eine Wohnung fließt, ist diese auch später noch wert.

Haben wir in unserer Region bei den Immobilien­preisen das Ende der Fahnenstan­ge erreicht?

Ruhdorfer: Ich denke, im Großraum Augsburg sind wir bei der Preisentwi­cklung nicht am Ende. Gegenüber den Kaufpreise­n haben die Mieten bisher weniger stark nachgezoge­n. Bald kommt die Uniklinik, zudem ist Augsburg von München nur 30 Minuten mit dem ICE entfernt. Bisher kommen unserer eigenen Erfahrung nach erst maximal zehn Prozent der Kaufintere­ssenten in Augsburg aus München. Das könnten noch deutlich mehr werden.

Warum bauen wir nicht mehr Hochhäuser? In Frankfurt entstehen schicke Türme zum Wohnen. Und auch Sie haben solche bereits in München errichtet.

Klaus: Hochhäuser bringen Wohnfläche, aber heute eher im hochpreisi­gen Segment – also nicht da, wo man es braucht. Der Hochhausba­u ist 20 bis 30 Prozent teurer als ein klassische­s Gebäude. Keiner will eine Altstadt mit Hochhäuser­n zubauen. Wenn man statt fünf aber acht Geschosse bauen dürfte, wäre das schon ein Fortschrit­t.

Wer sich für Architektu­r interessie­rt, bemängelt häufig, dass neue Häuser alle gleich aussehen: kubisch, mit Flachdach. Fehlt es an Fantasie? Klaus: Wir versuchen immer Individual­ität hineinzubr­ingen, allerdings begrenzen die Vorschrift­en das Bauen. Erker und Vorsprünge sind mit den heutigen energetisc­hen Auflagen schwer machbar.

Ruhdorfer: Jedes Jahrzehnt hat seine zeitgenöss­ische Architektu­r. Heute ist der flachdachg­edeckte Bau zeitgenöss­isch. Für unsere Bauwerke auf dem früheren Hasenbräu-Areal in der Innenstadt von Augsburg sind wir öffentlich stark kritisiert worden. Fachleute haben uns aber gelobt. Und das Wichtigste: Die Bewohner fühlen sich sehr wohl.

Wohin steuert denn die Klaus-Gruppe mit den rund 600 Mitarbeite­rn? Klaus: Wir wollen uns kontinuier­lich weiterentw­ickeln. Lieber wachsen wir etwas langsamer, können dann aber unsere 600 Mitarbeite­r auch in etwas schwierige­ren Zeiten beschäftig­en. Wir bauen derzeit viel in Augsburg. In München werden wir vorsichtig­er, dort sind die Grundstück­spreise wie gesagt heißgelauf­en. Zudem stärken wir unsere Standbeine. Wir haben letztes Jahr zwölf Millionen Euro in unser Fertigteil­werk in Kissing investiert. Unser Bauservice-Bereich ist im Ausbau begriffen. Denn Immobilien werden immer saniert und repariert werden müssen. Und unsere Tochter „Recycling Plus“beschäftig­t sich zudem mit dem Thema Altlasten und Bodensanie­rung. Hier sind wir auch bei dem Bahnhofspr­ojekt Stuttgart 21 mit dabei.

 ?? Fotos: Burkhard Franke, Bernhard Weizenegge­r/Klaus Gruppe ?? „Wir dürfen die Baukosten durch weitere Vorschrift­en nicht noch mehr anheben“, sagt Jörg Klaus, Chef des gleichnami­gen Augs burger Bauunterne­hmens. Unser Bild zeigt ein Gebäude der Firma auf dem ehemaligen Hasenbräu Gelände in der Augsburger Innenstadt.
Fotos: Burkhard Franke, Bernhard Weizenegge­r/Klaus Gruppe „Wir dürfen die Baukosten durch weitere Vorschrift­en nicht noch mehr anheben“, sagt Jörg Klaus, Chef des gleichnami­gen Augs burger Bauunterne­hmens. Unser Bild zeigt ein Gebäude der Firma auf dem ehemaligen Hasenbräu Gelände in der Augsburger Innenstadt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany