Donau Zeitung

Werden die Berufsschu­len vernachläs­sigt?

Einmal im Jahr befragen die Gewerkscha­fter Lehrlinge. Ergebnis diesmal: Die Schulen müssen besser werden

- VON CHRISTINA HELLER

München Vorweg die gute Nachricht: Die Mehrheit der Auszubilde­nden in Bayern – nämlich 73 Prozent – ist mit ihrer Lehre zufrieden. Das ist eines der Ergebnisse des Ausbildung­smonitors des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds (DGB). Er befragt einmal im Jahr Lehrlinge in ganz Bayern – dieses Jahr nahmen etwas mehr als 2000 Jugendlich­e teil. In der Umfrage sollen sie etwa angeben, wie zufrieden sie mit ihrer Lehre sind, wie häufig sie etwas machen müssen, das nichts mit ihrer Ausbildung zu tun hat, oder wie viele Überstunde­n sie im Schnitt leisten. Da zeigt sich: „Die Zufriedenh­eit zwischen Branchen und Berufen schwankt sehr stark“, sagt Matthias Jena, Vorsitzend­er des DGB Bayern. So sind etwa Lehrlinge im Friseurhan­dwerk, der Hotellerie und der Gastronomi­e unzufriede­ner als in anderen Bereichen. „Jugendlich­e reden miteinande­r, das spricht sich herum. Also will niemand mehr diese Berufe erlernen“, sagt er.

Jedes Jahr hat die Befragung einen Schwerpunk­t; heuer die Berufsschu­len. Da ergeben die Zahlen, dass weniger Jugendlich­e mit der Qualität ihrer Berufsschu­le zufrieden sind als noch 2012 – wo zu dem Thema schon einmal befragt wurde. Damals antwortete­n fast 70 Prozent, die Qualität des Unterricht­s sei gut oder sehr gut. Heuer waren es nur noch 64,6 Prozent.

Da drängt sich die Frage auf: Woran liegt das? Darauf hat der DGB eine Antwort: Die Klassen sind zu groß, die Schulen zu schlecht ausgestatt­et. Das lässt sich mit der Umfrage belegen.

Beispiel Ausstattun­g: 71,8 Prozent der Jugendlich­en sagen, dass ihre Schule immer oder häufig über aktuelle Unterricht­smateriali­en oder technische Gerätschaf­ten verfüge, die sie im Unterricht unterstütz­ten, berichtet Carlo Kroiß, Bezirksjug­endsekretä­r des DGB Bay- ern. 2,3 Prozent weniger als 2012. Und schaut man sich an, wie zufrieden Schüler sind, die über eine mangelhaft­e Ausstattun­g klagen, ergibt sich: Nur ein Viertel dieser Jugendlich­en bezeichnen die Unterricht­squalität als gut oder sehr gut. Im Vergleich: In gut ausgestatt­eten Schulen sind es fast drei Viertel.

Beispiel Klassengrö­ßen: 80 Prozent der Jugendlich­en, die in Klassen mit maximal 15 Schülern lernen, schätzen die Lernatmosp­häre als gut oder sehr gut ein. Umfasst die Klasse aber 25 Schüler oder mehr, sind es nur noch etwas mehr als die Hälfte der Lehrlinge. „Und die durchschni­ttliche Schülerzah­l in bayerische­n Berufsschu­len liegt bei 23,1 – also deutlich näher am negativen Bereich als am positiven“, sagt Kroiß. Deshalb fordert er: Die Berufsschu­len müssten mehr finanziell­e Mittel vom Staat bekommen für Lehrer und Ausstattun­g. „In einem reichen Land wie Bayern kann es nicht an den Finanzen scheitern. Aber wir erleben, dass es eine starke Fokussieru­ng auf die Eliten gibt. Universitä­ten und Gymnasien bekommen Gelder- und Berufsschu­len werden nicht bedacht“, sagt er.

Legt man Jürgen Wunderlich, Landesvors­itzender des Verbands der Lehrer an berufliche­n Schulen und Leiter des Berufsschu­lzentrums Neusäß, die Ergebnisse vor, sagt er: „Ich halte wenig von den Zahlen.“Der Grund: Die Schulen führen eigene Bewertunge­n durch. „Würden wir merken, dass die Zufriedenh­eit sinkt, würden wir sofort handeln“, sagt er. Dazu kommt: Die Berufsschu­len gehen die Digitalisi­erung seit einiger Zeit an. Nach und nach würden alle Berufsschu­len modernisie­rt, die Staatsregi­erung stelle dafür schon seit etwa zehn Jahren Mittel zur Verfügung, sagt Wunderlich. Und der Lehrermang­el sei nicht mehr so drastisch. „Uns fehlen zwar noch Lehrkräfte in technische­n Bereichen. Aber die Lehrervers­orgung ist seit Jahren besser geworden.“

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Foto: dpa Folgt man den Ergebnisse­n des aktuellen Ausbildung­sreports des DGB, müssten sich diese Berufsschü­ler sehr wohlfühlen. Denn sie lernen in einer Gruppe von zwölf Schülern. In so kleinen Gruppen ist die Zufriedenh­eit besonders hoch.

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