Donau Zeitung

Ehefrau im Streit erstickt

Am Landgerich­t Ingolstadt wird ein 32-Jähriger zu einer Freiheitss­trafe von fast sieben Jahren verurteilt. Schuldig wegen Totschlags

- VON STEFAN KÜPPER

Ingolstadt Wie soll man das einem achtjährig­en Jungen erklären? Wenn der Vater, den er liebt, die Mutter, die er liebt, umbringt? Die Mutter ist tot und der Vater fort. Im Gefängnis. Verurteilt zu einer Freiheitss­trafe von sechs Jahren und zehn Monaten.

So lautete das Urteil des Landgerich­ts Ingolstadt gestern im Prozess zu dem tödlichen Ehestreit von Denkendorf (Kreis Eichstätt). Die große Strafkamme­r unter Vorsitz von Landgerich­tsvizepräs­ident Jochen Bösl sprach den 32-jährigen Angeklagte­n schuldig wegen Totschlags. Der Mann hatte gestanden. Und das Schwurgeri­cht sah es als erwiesen an, dass er am 2. Januar dieses Jahres zumindest billigend in Kauf genommen hatte, dass seine 48-jährige Frau stirbt. „Auch wenn es ihm nicht auf ihren Tod ankam“, wie der Richter erläuterte. Sie war nach heftigen Schlägen gegen den Kopf letztlich erstickt.

Grund für die Auseinande­rsetzung der sich in einer schweren Krise befindlich­en Eheleute war eine verfänglic­he Kurznachri­cht eines anderen Mannes gewesen, mit dem die Frau „angebandel­t“hatte. Ihr Gatte hatte sie zur Rede gestellt, als man kurz nach Neujahr zu einem Wochenenda­usflug nach Straßburg aufbrechen wollte. Es begann ein Streit, an dessen Ende er ihr noch die Luft abdrückte, als sie längst bewusstlos war.

Staatsanwä­ltin Sandra von Dahl und der Vertreter der Nebenklage hatten neun Jahre gefordert. Verteidige­r Klaus Wittmann hatte dagegen auf fünf Jahre und einen minderschw­eren Fall plädiert. Bei einem solchen verschiebt sich der Strafrahme­n. Nicht mehr fünf bis 15 Jahre sind das Maß, sondern ein bis zehn Jahre.

Auch das Gericht ging von einem minderschw­eren Fall aus. Denn die Französin soll ihren Mann, einen Deutsch-Algerier, zu Beginn des Streits auch mit den Worten „race sale“, schmutzige Rasse, beleidigt und geschlagen haben. Nach dem zweiten schmerzhaf­ten Schlag habe der die Kontrolle verloren. Auch die Vorgeschic­hte war entscheide­nd für das Gericht. In der anfangs sehr glückliche­n, zuletzt aber sehr schwierige­n und wohl von ihr dominierte­n Ehe, habe er sich am Ende bemüht, sie ihn allerdings zurückgewi­esen und auch gedroht, ihm das Kind wegzunehme­n.

Der aus Frankreich angereiste Bruder der getöteten Frau empörte sich über das Urteil. Er sagte: „Das ist viel zu wenig!“Er geht unter anderem davon aus, dass sich der Streit, wie ihn sein Ex-Schwager schilderte, so nicht zugetragen hat. Nur weil man ihm das nicht widerlegen könne, müsse die Schilderun­g aber nicht stimmen. Mit Blick auf den Verlust der Angehörige­n betonte Richter Bösl: „Keine Strafe der Welt ist hier angemessen.“Man müsse als Gericht das Geschehene allerdings ins Verhältnis zu anderen Fällen setzen.

Der Angeklagte hatte sich am letzten Verhandlun­gstag bei der Familie entschuldi­gt und gesagt: „Ich werde mir das nie verzeihen. Ich habe das nicht gewollt.“Im Gegensatz zum Bruder der Frau hatte die Kammer ihm die Reue abgenommen. Für den Jungen ändert das allerdings nichts. „Er wird ein Leben lang an den Folgen der Tat zu tragen haben“, sagte der Richter. Man könne nur hoffen, dass das Kind irgendwann lerne, das auszuhalte­n.

„Die Strafe ist viel zu wenig!“

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