Hobby Reiter setzt voll aufs Pferd
Ralf Renner baut nicht nur Weidezäune, sondern züchtete auch sehr erfolgreich prächtige Vierbeiner. Im Geschäft nutzen ihm seine guten Kontakte zur deutschen Reiter-Elite
Als Weidezaun-Fachhändler gehört Ralf Renner zu den kompetentesten Anbietern in Deutschland. Beachtlich fällt aber auch seine große Produktpalette für den Reitsport aus – das zweite Bein seines Gundelfinger Geschäfts. Dazu zählt neben Sporen, Sattel, Steigbügel oder Peitsche etwa auch die Kandare. Alles Wörter, die in zahlreichen Redensarten der deutschen Sprache und Kalauern ein dynamisches Eigenleben führen. Dass der Chef des Hauses an der Industriestraße in Gundelfingen fest im Sattel sitzt, darf getrost vorausgesetzt werden. Sein Mitarbeiterteam vor die Wahl zwischen „Zuckerbrot und Peitsche“zu stellen oder es gar mal „an die Kandare zu nehmen“, traut man dem ebenso ruhigen wie sympathischen Mann aus der Gärtnerstadt kaum zu. Genauso wenig wie ein zu kräftiges Sporengeben oder sich in die Rolle eines „Steigbügelhalters“für irgendeine Sache zu begeben.
Genug der Sprüche: Renners (Haupt-)Sache sind vielmehr Pferde. Darauf weist nicht nur das bunte Outfit der Firma des 55-jährigen Gundelfingers mit unübersehbaren Tiersilhouetten hin. Auch die mit stolzen und großformatigen Siegerurkunden bedeckte Wand im übersichtlich eingerichteten Verkaufsund Ausstellungsraum steht für ein erfolgreiches Schaffen von ihm, seiner Frau Renate und seinen Mitarbeitern. Da die Durchsicht der Auszeichnungen sowie zahlreicher im Scheinwerferlicht aufblitzender Pokale und anderer Trophäen viel Zeit in Anspruch nehmen dürfte, bietet sich daneben eine bequeme ViererSitzgruppe zum längeren Verweilen an. Sicher auch der dort installierte mächtige Kaffeevollautomat. Gegenüber einem lebensgroßen Plastikpferd, an dem sich so exotische Accessoires wie bunte Fliegenohren anprobieren lassen, wartet ein hübsch gesatteltes Holzpferd für die kleinen Kunden aufs spielerische Aufsitzen: Ein Erwerb von einer Behindertenwerkstatt, den Ralf Renner zu Weihnachten einem Kinderheim spendieren möchte.
Sehr klein war der Bub Ralf noch, als er ein Gespür für die hohen wie eleganten Vierbeiner entwickelte, das immer mehr zu großer Sympathie für die Pferde führte. Zunächst beim neugierigen Blick auf die Hufentiere, die am Rummelplatz in endlosen Kreisen geleitet wurden. Kerzengerade führte sein weiterer Weg als Jugendlicher zur Taschengeld-Aufbesserung in die Pferdeboxen: „Ein wahrer Scheißjob“, witzelt der sonst meist sachlich bleibende Mann, der mit seinem einnehmenden Lächeln eher sparsam umgeht: „Ich konnte mir dort halt etwas verdienen.“Der Lohn für die mühsame „Mist“-Arbeit zwischen den hohen Seitenflächen: Eines Tages reichte das Ersparte eben auch dazu, per Reitunterricht endlich auf dem Rücken seiner geliebten Vierbeiner zu landen. Das war mal: „Als Geschäftsmann habe ich heute einfach keine Zeit mehr dafür.“Den Sattelplatz überlässt der ehemalige Stadtverwaltungsbeamte lieber seiner Ehefrau und vor allem den zahlreichen Berufsreitern in Deutschland. Und zu denen unterhält Renner beste Kontakte.
Profis unter sich: Während der von Termin zu Termin in Süddeutschland eilende Weidezaunexperte seine große Expertise zum Beispiel in renommierten Tierparks umsetzt und dort zum Beispiel Absperrungen für Braunbären konzipiert, galoppieren die von dem früheren Pferdezüchter großgezogenen wie vermittelten Tiere von Sieg zu Sieg. Etwa das württembergische Warmblut „River of Joy“, das im Jahr 2010 unter Vielseitigkeitsreiter Michael Jung den wichtigen Nationen-Preis im Reitsport-Mekka Aachen gewann. Jung – seines Zeichens mehrfacher Europa-, Weltmeister und Olympia-Sieger – holte mit Renner-Pferd „River of Joy“den nationalen Meistertitel.
Der erfolgreiche deutsche Springreiter Ludger Beerbaum zählt ebenso zu Renners Kunden wie der französische Showstar Lorenzo, der auf einem der zahlreichen Fotos an der „Ahnenwand“in Ben Hur-Manier ein Vierergespann dirigiert. Auch Dressur-Olympiasiegerin Ulla Salzgeber ist auf der Ehrenwand in Renners Gundelfinger Geschäft verewigt, wo sich weitere persönliche Grüße internationaler Pferdesportler finden. Ebenso wie Pokale und Siegerschleifen von Pferden aus Renners Zucht.
Dieser Zucht, aufgebaut auf zwei Stuten, entsprangen Spring-, Dressurund Vielseitigkeitspferde. „Inzwischen haben wir die Zucht eingestellt, die beiden Stuten sind älter geworden“, erklärt Ralf Renner. Allerdings hat er noch einige erfolgreiche Pferde in seinem Besitz. Diese nutzt etwa Nationenpreis-Reiter Falk Westerich aus Ruppertshofen, ein Freund der Renner-Familie, in Springen und Vielseitig bis zur Klasse S.
Wem bei dem erfolgreichen Erwerb von Lorbeeren der wohl größte Anteil gebührt, dies beantwortet der erfahrene Reitszenen-Kenner mit einer Art von Gleichnis: „Ein Pferd bleibt ohne Reiter ein Pferd, ein Reiter ohne Pferd ist ein Fußgänger.“Eindeutig fällt für den vielreisenden Gelegenheits-Jogger der Umgang mit den Hufeträgern aus: „Korrekt und richtig“, lautet das Motto, das auch Berufsreiter meist beherzigen und gern davon sprechen, wonach ihre Sportpartner Lebewesen und keine „Sportgeräte“seien.
Erst recht gilt das für Ralf Renner, der in seiner Sattlerei eine professionelle Pferderückenmessung anbietet, die zur optimalen Anpassung des erforderlichen Sitzsystems führt: „So kann man teure Fehlkäufe vermeiden.“Merke: Nur wenn der Reiter richtig sitzt, stimmt die Verbindung zum Pferd. Dem Pferdenarren ist nicht nur die Gesundheit der geliebten Rösser ein besonderes Anliegen, sondern auch jene von anderen vierbeinigen Lebewesen. Dazu gehören etwa Stubentiger „Clyde“im Laden und drei weitere Katzen daheim.
Zum großen Portfolio seines Shops gehört eine schicke Sicherheitsweste für Vielseitigkeitsreiter mit integriertem Sturz-Airbag. Sensoren stellen dabei fest, wenn ein Reitsportler nicht mehr ganz so fest im Sattel sitzt. Womit wir wieder bei den eingangs erwähnten Sprichwörtern und Redewendungen rund ums Pferd wären …