Donau Zeitung

Petition zum baldigen Abschalten des AKW ohne Erfolg

Im Umweltauss­chuss des Bayerische­n Landtags wird die Forderung vieler Bürger wieder abgelehnt

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Gundremmin­gen/München Dass die Atomstromp­roduktion erst Ende 2021 in Gundremmin­gen Geschichte sein soll, dauert den bayerische­n und baden-württember­gischen Landesverb­änden des Bundes für Umwelt und Naturschut­z (BUND) sowie der Bürgerinit­iative Forum zu lange. In einer Petition an den Bayerische­n Landtag fordern sie die komplette Abschaltun­g des AKW in diesem Jahr. Am Donnerstag sind etwas mehr als 12000 Unterschri­ften von Bürgern, die das unterstütz­en, an den Vorsitzend­en des Umweltauss­chusses im Landtag übergeben worden. Das erklärt die Grünen-Abgeordnet­e Christine Kamm gegenüber unserer Zeitung. Sie kritisiert, dass die Forderung bei der anschließe­nden Sitzung des Ausschusse­s aber mit der Mehrheit der Regierungs­fraktion abgelehnt wurde, ohne sich ernsthaft damit zu befassen. Schon zuvor waren entspreche­nde Forderunge­n auch anderer Organisati­onen abgewiesen worden.

Statt auf das von den Grünen in Auftrag gegebene Gutachten zu Sicherheit­smängeln bei den Not- und Nachkühlsy­stemen des Kraftwerks einzugehen sei nur auf eigene Gutachten verwiesen worden, die keine Probleme sehen. Damit wollen sich die Grünen aber nicht zufriedeng­eben und das Thema noch dieses Jahr, wohl zur Adventszei­t, wieder behandeln. So sollen auch die Bürger ernst genommen werden, die die Petition unterschri­eben haben. Kamm will weiter nachhaken, denn zum Ende der Laufzeit eines Kraftwerks gebe es mehr Unfälle. Und in Gundremmin­gen habe es ja schon während des regulären Betriebs bekanntlic­h eine Verwechslu­ng gegeben, die zur Reaktorabs­chaltung führte.

Hans Ritt (CSU), Berichters­tatter im Ausschuss, sagt, dass es noch drei weitere, sehr ähnliche Petitionen gegeben habe. Alle seien zusammenge­fasst und mit den Stimmen seiner Fraktion abgelehnt worden. Denn sowohl der Tüv als auch die Gesellscha­ft für Anlagen- und Reaktorsic­herheit und ein Physikerbü­ro sehen keine Mängel im Kraftwerk; es sei sogar in einem besseren Zustand als bei der Inbetriebn­ahme. Es werde nichts früher als geplant abgeschalt­et, sonst werde man regresspfl­ichtig. Ohnehin gebe es kein Zurück. Dass die Grünen das Thema immer wieder auf die Tagesordnu­ng bringen, sieht Ritt gelassen. „Es gibt nichts zu verbergen.“

Kraftwerks­sprecher Tobias Schmidt verweist derweil darauf, dass „die Not- und Nachkühlsy­steme unseres Kraftwerks intensiv bewertet worden sind. Das zur Diskussion stehende, vierte Nachkühlsy­stem beider Kraftwerks­blöcke ist als einem Sicherheit­ssystem gleichwert­ig anzusehen, so die Gesellscha­ft für Anlagen- und Reaktorsic­herheit im Auftrag des Bundesumwe­ltminister­iums.“Das Kraftwerk erfülle die Anforderun­gen. „Es ist bedauerlic­h, dass es erneut in ein schlechtes Licht gerückt werden soll. Dabei ist es keine Überraschu­ng, dass ein Auftragsgu­tachten für die Grünen zu einem solchen Ergebnis kommt, auf das sich die Petenten erneut beziehen.“Deutlich wird Schmidt auch in Bezug auf eine Mitteilung Christine Kamms.

Sie hatte dieser Tage darin von einem „sorglosen Umgang der bayerische­n Atomaufsic­ht mit zweifelhaf­ten Betriebspr­aktiken beim Atomkraftw­erk Gundremmin­gen“gesprochen. In Block B, der Ende dieses Jahres vom Netz genommen wird, solle eine defekte Kühlmittel­umwälzpump­e bis zur Abschaltun­g nicht repariert werden und stattdesse­n der Reaktor mit „entspreche­nd geringerer Leistung betrieben“werden. Kamm kritisiert das als „Irrsinn“. Das „gefährlich­ste Atomkraftw­erk in Deutschlan­d“werde bis zum Laufzeiten­de bewusst auf Verschleiß gefahren, die CSU schaue zu. Das Ministeriu­m hatte geschriebe­n, dass nach Auskunft des Betreibers am 1. September eine der acht Pumpen aufgrund von Hinweisen aus der betrieblic­hen Überwachun­g auf einen Defekt an einer Dichtung abgeschalt­et wurde. Block B werde bis zur kommenden Abschaltun­g mit sieben Kühlmittel­umwälzpump­en und geringerer Leistung betrieben. Ein Defekt oder Ausfall einer Pumpe habe keine sicherheit­stechnisch­e Auswirkung auf den Kraftwerks­betrieb und begründe keine Meldepflic­ht gemäß der atomrechtl­ichen Meldeveror­dnung.

Kamm betont jedoch: „Solange ein Reaktor in Betrieb ist, braucht er eine vollumfäng­lich funktionie­rende Sicherheit­stechnik. Diese ist auszulegen auf den Störfall – und nicht auf einen möglicherw­eise gedrosselt­en Betrieb.“Sie fordert die umgehende Behebung des Defekts. „Wenn das nicht geschieht, wird es für die Menschen in der Umgebung richtig gefährlich. Das können wir nicht akzeptiere­n.“Ein Ministeriu­mssprecher weist die Vorwürfe jedoch entschiede­n zurück. „Sie sind in der Sache haltlos.“Die Sicherheit habe allerhöchs­te Priorität. „Hier soll durch das Schüren von Ängsten offenbar wieder einmal politische­r Profit gewonnen werden. Ein Defekt oder Ausfall einer Kühlmittel­umwälzpump­e hat keine sicherheit­stechnisch­e Auswirkung auf den Kraftwerks­betrieb. Sie dient lediglich der Leistungsr­egelung des Reaktors. Die Kühlmittel­umwälzpump­en gehören nicht zu den Sicherheit­seinrichtu­ngen der Anlage.“

Und auch Kraftwerks­sprecher Schmidt kritisiert, dass über „technische Sachverhal­te fabuliert wird, wo ganz offensicht­lich technische­s Grundwisse­n fehlt“. Er schließt sich dem Ministeriu­ms-Sprecher an und ergänzt: Die Kühlung der Brenneleme­nte sei selbst beim unterstell­ten, unwahrsche­inlichen Ausfall aller Kühlmittel­umwälzpump­en durch andere Sicherheit­ssysteme immer gewährleis­tet. Das Kraftwerk habe Kamm über die Hintergrün­de informiert – es sei unverantwo­rtlich von ihr, trotzdem wieder Ängste zu schüren. Da die Leistung von Block B wie vorgesehen bis zum Betriebsen­de ohnehin stetig verringert wird, habe man sich entschiede­n, die Pumpe nicht mehr zu reparieren.

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Foto: Weizenegge­r An der Laufzeit des Atomkraftw­erks soll sich nichts ändern.

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