Hinsehen und darüber reden
Ein Mensch bleibt ein Mensch – egal ob lebendig oder nicht. Ein starker Satz, wenn es um das Thema Tod geht. Trotzdem bleibt er ein Tabu. Kein Angehöriger will hören, was mit seinem Liebsten passiert, sobald das Herz aufhört zu schlagen. Was passiert, wenn Bestatter sich des Körpers eines Verstorbenen annehmen. Schon zu Lebzeiten schickt es sich in vielen Kreisen nicht einmal, von der eigenen Trauerfeier zu sprechen.
Wie kommt es, dass die Auseinandersetzung mit einem natürlichen Prozess des Lebens so zurückgewiesen wird? Es gab Zeiten, da wurde die Leiche im Haus aufgebahrt, damit Familie und Freunde in Ruhe Abschied nehmen können. Das Ritual ist nicht mehr Teil unserer Kultur, gilt als nicht mehr zeitgemäß. Ob das gut ist oder nicht, darüber lässt sich streiten. Auch heute verzichten viele Menschen auf eine offene Aufbahrung. Viele sehen den Körper am Ende nur noch als Hülle. Die Seele ist verschwunden, der Mensch nicht mehr derselbe. Aber ist nicht genau diese Hülle ein Teil des Ganzen? Der Blick auf den befremdlichen Zustand mag erschreckend sein. Die direkte Konfrontation mit dem Tod tut weh. Außerdem lässt sich der Tod nicht verdrängen, wenn der Leichnam vor einem liegt. Doch die Basis, um den Abschied eines Menschen zu begreifen, ist die Akzeptanz, dass er gegangen ist. Möglicherweise ist es leichter zu akzeptieren, wenn der Blick auf den toten Angehörigen frei liegt, ohne den Deckel des Sarges. Die Vorstellung, dass ein Mann eine Nacht lang an der Seite seiner toten Frau sitzt, mag für einige verrückt klingen. Aber jemand, der sich so intensiv damit auseinandersetzt, dass der Partner gegangen ist, kann am Ende vielleicht einfach besser verstehen. Verstehen, dass hinter der Kälte immer noch der Liebste steckt, er jedoch für immer von dieser Welt gegangen ist.