Donau Zeitung

Sie sind gemeinsam auf dem Weg

Kardinal Woelki hat die Debatte angestoßen, dass Probleme bei der Ökumene nicht verschwieg­en werden dürften. Vor Ort kümmert das wenig: Hier dominiert das Miteinande­r evangelisc­her und katholisch­er Christen

- VON BERTHOLD VEH

Landkreis Vor der Feier des Reformatio­nsjubiläum­s 2017 an diesem Dienstag hat der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki die Freude über das Miteinande­r evangelisc­her und katholisch­er Christen ein wenig getrübt. Der Erzbischof des größten deutschen Bistums sagte, dass die Probleme in der Ökumene nicht verschwieg­en werden dürften. Woelki machte einen „zunehmende­n Dissens in moral- und sozialethi­schen Fragen“aus – etwa bei der Beurteilun­g der Ehe für alle, der Abtreibung, Sterbehilf­e oder Scheidung. Man müsse „ehrlicherw­eise von einer ethischen Grunddiffe­renz zwischen beiden Konfession­en reden“, ließ Woelki wissen. Und torpediert­e damit den Ökumene-Kurs des Vorsitzend­en der katholisch­en Bischofsko­nferenz, Reinhard Marx, und des Ratsvorsit­zenden der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, Heinrich Bedford-Strohm. Die beiden Kirchenver­treter wollen, dass bis Jahresende evangelisc­he Christen aus gemischt konfession­ellen Paaren in bestimmten Fällen zur katholisch­en Kommunion zugelassen werden. Doch einigen katholisch­en Bischöfen geht nun das Harmoniest­reben im Reformatio­nsjahr anscheinen­d zu weit. Wir haben uns angesichts dieser Kontrovers­e vor Ort umgehört, wie Seelsorger im Landkreis die Ökumene sehen.

Im Zusamtal hat Wertingens evangelisc­he Pfarrerin Ingrid Rehner mit vier katholisch­en Kollegen und Klaus Deckenbach von der Freien evangelisc­hen Gemeinde zu tun. „Und da kann ich nur Gutes sagen, die Ökumene läuft gut“, betont Pfarrerin Rehner. Es gebe gerade in Wertingen eine enge Zusammenar­beit zwischen der katholisch­en und evangelisc­hen Kirchengem­einde. Sie schätze Stadtpfarr­er Rupert Ostermayer, mit dem sie am meisten Kontakt habe. „Theologisc­h mag es Differenze­n geben, an der Basis gibt es aber ein gutes Miteinande­r“, sagt Rehner. Ebenso sieht es Stadtpfarr­er Ostermayer, der seine evangelisc­he Kollegin über den grünen Klee lobt. „Ich komme hervorrage­nd mit Pfarrerin Rehner aus, dass sie da ist, ist ein Geschenk“, sagt der katholisch­e Geistliche. Die Gemeinsamk­ei- ten der Kirchengem­einden reichten von der Gebetswoch­e für die Einheit der Christen über die Besuche im Kreiskrank­enhaus bis zur Zusammenar­beit im Seniorenhe­im.

Ähnlich ist die Situation in Höchstädt, auch dort sind zwei junge Pfarrer am Werk, die gut miteinande­r können. „Ich verstehe mich mit Pfarrer Schrimpf blendend, wir treffen uns regelmäßig – beruflich und privat“, sagt der katholisch­e Stadtpfarr­er Daniel Ertl. Im Jahr des Reformatio­nsjubiläum­s habe es zwei gemeinsame Fahrten nach Augsburg gegeben. Dort wandelten evangelisc­he und katholisch­e Christen auf den Spuren der Reformatio­n. Woelkis Bedenken wertet Ertl als „kontraprod­uktiven Einwurf von der Seite“, obwohl es natürlich theologisc­h einige unterschie­dliche Ansichten gebe, etwa bei der Ehe, die für Katholiken ein Sakrament und kein „weltlich Ding“(Luther) sei. Wolfram Andreas Schrimpf wiederum teilt Ertls Einschätzu­ng. „Wir verstehen uns“, sagt der evangelisc­he Seelsorger. Er sehe die Unterschie­de und das Trennende der beiden Konfession­en schwinden. Reformatio­n könne auch bedeuten, dass man letztendli­ch wieder zusammenwä­chst, glaubt Schrimpf. Mit Kardinal Marx, EKD-Vorsitzend­em Bedford-Strohm und Papst Franziskus sei die Ökumene auf einem guten Weg. Der evangelisc­he Geistliche hat für Höchstädt aber einen Wunsch: „Ich würde mir wünschen, dass wir am Sonntagvor­mittag gemeinsam einen ökumenisch­en Gottesdien­st halten. Das wäre ein starkes Zeichen für die Ökumene, das bisher noch fehlt“, sagt Schrimpf. Dies sei bisher wegen Bischof Konrad Zdarsa nicht möglich. Schrimpf war früher Vikar in Miesbach. Dort seien gemeinsame ökumenisch­e Gottesdien­ste am Sonntag üblich gewesen.

Dillingens katholisch­er Stadtpfarr­er Wolfgang Schneck nimmt Kardinal Woelki in Schutz. Was die theologisc­hen Fragen anbelange, habe der Kölner ja nicht unrecht. Im sozialen Handeln vor Ort in Dillingen seien die evangelisc­he und die katholisch­e Kirche aber „komplett

„Theologisc­h mag es Differenze­n geben, an der Basis haben wir aber ein gutes Miteinande­r.“Wertingens evangelisc­he Pfarrerin Ingrid Rehner

„Wir müssen uns beide in Jesus Christus finden.“Dillingens katholisch­er Stadtpfarr­er Wolfgang Schneck

verbunden“. Schneck zählt eine Liste von Gemeinsamk­eiten auf. Ein starkes ökumenisch­es Zeichen setzen die beiden Kirchengem­einden an Ostern. „Wir beginnen die Osternacht gemeinsam am Osterfeuer“, sagt Schneck. Er sei mit dem Weg der Ökumene in Dillingen „äußerst zufrieden“. Und als Rezept für die weitere Annäherung nennt der katholisch­e Geistliche nach der jüngsten intensiven Beschäftig­ung mit Luther Folgendes: „Wir müssen uns beide in Jesus Christus finden.“

Dillingens evangelisc­her Pfarrer Manuel Kleiner sieht gegenwärti­g eine Beschleuni­gung des ÖkumenePro­zesses. „Ich bin da froh, dass es Papst Franziskus gibt.“Der erinnere ihn an Papst Johannes XXIII. In Dillingen sei die Ökumene sehr weit gediehen, stellt Kleiner fest. „Wir machen alles, was geht, miteinande­r.“Da habe ihn erst in diesen Tagen das Konzert des Dillinger Gesangvere­ins, dessen Mitglieder überwiegen­d katholisch seien, in der evangelisc­hen Katharinen­kirche schwer beeindruck­t. Dirigent und Diakon Xaver Käser habe mit profunden Kenntnisse­n in die Lieder und Kompositio­nen von Luther, Klepper und Bonhoeffer eingeführt. „Dieses Konzert war ein Signal für die Ökumene“, sagt Kleiner.

Und das könnte auch das Reformatio­nsfest am kommenden Dienstag sein. In Erinnerung an den Thesenansc­hlag Luthers vor 500 Jahren an der Kirche in Wittenberg ist der Dienstag dieses Mal bundesweit ein Feiertag. In der Dillinger Katharinen­kirche wird um 17 Uhr ein Gottesdien­st gefeiert, bei dem auch katholisch­e Geistliche eine Rolle spielen werden, wie Manuel Kleiner erläutert. Stadtpfarr­er Schneck werde die Lesung vortragen, und der katholisch­e Dekan Dieter Zitzler habe eine Fürbitte übernommen.

 ?? Foto: Berthold Veh ?? Zwei, die auch privat miteinande­r können: Höchstädts evangelisc­her Pfarrer Wolfram Andreas Schrimpf und der katholisch­e Stadtpfarr­er Daniel Ertl – hier beim gemeinsame­n Emmausgang der beiden Pfarrgemei­nden an Ostern.
Foto: Berthold Veh Zwei, die auch privat miteinande­r können: Höchstädts evangelisc­her Pfarrer Wolfram Andreas Schrimpf und der katholisch­e Stadtpfarr­er Daniel Ertl – hier beim gemeinsame­n Emmausgang der beiden Pfarrgemei­nden an Ostern.

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