Plastiktüten sind out
Mittlerweile ist es üblich, dass Kunststofftüten in vielen Geschäften etwas kosten. Die Kunden im Kreis haben sich daran gewöhnt. Doch aus den Läden verbannt ist das Plastik noch nicht
Plastiktüten kosten in immer mehr Geschäften Geld. Wer geht mit guten Beispiel voran und schafft sie ganz ab? Und was sagen die Kunden dazu?
Landkreis Was haben Südafrika, Papua-Neuguinea und Marokko gemeinsam? Dort sind kostenlose Plastiktüten verboten. Händlern, die dagegen verstoßen, drohen Geld- und sogar Gefängnisstrafen. Es ist ein Versuch, den Klimawandel aufzuhalten. Welche Möglichkeiten es dafür gibt, ist gerade wieder Thema beim Klimagipfel in Bonn. In Deutschland gibt es kein Anti-Plastiktüten-Gesetz. Allerdings seit Juli 2016 eine Selbstverpflichtung der Einzelhändler, weshalb viele Geschäfte auf Alternativen aus Papier umgestiegen sind oder Gebühren verlangen. Was sich verändert hat, zeigt ein Streifzug durch die Geschäfte im Landkreis.
Der Sonnenladen in Gundelfingen geht mit gutem Beispiel voran. Hier verzichtet man, wenn möglich, komplett auf Tüten aller Art. „Plastiktüten gibt es bei uns gar nicht“, erklärt Anna-Maria Bertele, stellvertretende Geschäftsleiterin. Obst und Gemüse könne man einfach ohne Verpackung mitnehmen. „Aber es will nicht jeder die Kartoffel neben der Kiwi im Einkaufskorb liegen haben.“Deswegen gibt es auf Nachfrage Tüten aus Altpapier. Die Kunden im Sonnenladen fänden das gut. „Die meisten bringen sowieso einen Korb oder eine Tragetasche mit“, weiß Bertele aus Erfahrung.
Auf dem Tresen von Ernsting’s Family in der Dillinger Königstraße liegt eine Auflage, auf die Preise für verschiedene Tüten gedruckt sind – das Geld aus dem Verkauf geht in den gemeinnützigen Verein „Herzenswünsche“der Firma. Verbannt sind die Plastiktüten nicht, aber Verkäuferin Irina Avdic sagt: „Sobald man sagt, es kostet etwas, verzichten viele.“Außerdem hätten immer mehr Kunden einen Beutel dabei. Auch Nebahat Aydogdu, die sich im Laden umsieht, ist ausgerüstet: „Ich habe immer einen Stoffbeutel dabei.“Das mache sie seit Langem so. „Ich würde die Sachen eher in die Handtasche stopfen, bevor ich eine Plastiktüte kaufe.“
Im Imkergeschäft und FC Bayern Fanshop Honig Schweier in Höchstädt gibt es die kleinen Tüten aus Plastik noch kostenlos. „Man kommt leider nicht drum herum, aber der Trend geht schon Richtung Nicht-Plastik“, erzählt Verkäufer Frank Günther. Viele Tüten brauche man ohnehin nicht, weil die meisten Kunden mittlerweile eine eigene Tasche oder einen Korb dabei haben. Gegen einen kleinen Obolus gibt es auch Stofftaschen, mit Bienenaufdruck.
Bei Hertle Mann und Mode in Dillingen gibt es kostenlose Plastiktüten. „Wenn jemand 500 Euro für einen Anzug zahlt, ist es blöd, wenn wir sagen, dass er für die Tüte noch 20 Cent zahlen muss“, sagt Jürgen Hertle. Das wirke lächerlich. Eine Veränderung stellt er trotzdem fest. „Das Bewusstsein bei den Kunden ist deutlich gestiegen.“Wer nur Accessoires kauft, habe häufig einen Beutel dabei. Als Alternative zum kostenlosen Plastik verkauft Hertle Stofftaschen zum Einkaufspreis. Bei Anzugkäufern sei der Kleidersack beliebt, der den Anzug auch im Schrank schützt. Auch beim Modehaus Holzner gibt es die Kunststoffbeutel noch gratis. „Wir fragen jeden Kunden, ob er die Tüte haben will“, sagt Mitarbeiterin Annemarie Sailer – viele hätten auch eigene Tüten dabei. Das Modehaus arbeite gerade an einem Konzept und wolle demnächst auf Papiertüten umstellen. Im Modehaus Schneider in Wertingen gibt es sowohl Papier- als auch Plastiktüten beim Einkauf. Auch hier sind beide Varianten kostenlos. „Das gehört einfach zum Service dazu“, sagt eine Verkäuferin. Pläne, die Plastiktüten gegen einen geringen Kaufpreis zu verkaufen, gäbe es bisher nicht.
Komplett auf kostenlose Plastiktüten will man bei Bücher Brenner nicht verzichten: Bei Regen müssten Bücher, die nicht ohnehin in Plastik verschweißt sind, vor Feuchtigkeit geschützt sein, erklärt Inhaber Bernd Brenner. Bei besserem Wetter bekommen die Kunden ihre Bücher einfach so in die Hand oder in einer Papiertüte. Der Buchladen hat auch Stoffbeutel im Sortiment. Im Schreibwaren- und Büchergeschäft Roch in Höchstädt will man die Plastiktüten dagegen komplett loswerden. „Wir haben noch Restbestände, die geben wir den Kunden für 10 bis 25 Cent mit“, sagt Martina Roch. „Wenn die weg sind, gibt es keine mehr.“Seit dem die Tüten etwas kosten, brauche man nur noch zehn Prozent im Vergleich zu vorher. „Jetzt am Schulanfang haben wir für die vielen Kleinigkeiten, die man da einkauft, Stofftüten beim Einkauf verschenkt.“Das sei schließlich besser als Plastik.
Ganz ähnlich sieht man das im Matratzenladen Deisler in Gundelfingen: „Wir wollen hier die Restbestände loswerden, dann steigen wir auf Papier um“, erklärt Cornelius Deisler. „Der Bio-Gedanke ist bei uns immer da.“Deswegen wolle man die Tüten loswerden. Die Kunden sehen das positiv. „Viele bringen ohnehin eigene Tüten mit.“Im kommenden Jahr übernimmt Deislers Sohn das Geschäft. „Der wird die übrigen Tüten wahrscheinlich einfach wegwerfen und gleich umsteigen“, sagt Deisler und lacht. Beim Dillinger NKD an der Kapuzinerstraße kosten Tüten schon lange etwas. Mitarbeiterin Erna Stangl sieht, dass immer weniger Tüten benötigt werden. Anfangs hätten sich manche Kunden beschwert, erzählt sie, während sie frisch eingetroffene Jacken an Bügel hängt. „Die haben dann gesagt: bei euch gibts ja gar keine Tüten mehr.“Dabei gibt es die Tüten noch – nur kosten sie eben ein paar Cent. Ein plastikfreier Laden ist aber bei weitem nicht erreicht. Stangl zeigt auf den großen Müllsack, den sie im Gang zum Lager aufgestellt hat. „Wir trennen das alles gut, aber wir haben jede Woche zwei große Säcke voll“, sagt sie. Denn angeliefert werde fast alles in Plastik. »Seite 31 und Kommentar diese Seite