Donau Zeitung

Das letzte Gefecht des Bayern-Königs Horst Seehofer

Während der CSU-Chef mit Getreuen in Berlin über Jamaika verhandelt, geht es daheim in der Partei drunter und drüber. Die Abrechnung steht aber noch bevor

- VON JÜRGEN MARKS mrk@augsburger allgemeine.de

Es ist in der Regel nicht weiter bemerkensw­ert, wenn die Jugendorga­nisation einer Partei nach einem Generation­swechsel ruft. Der politische Nachwuchs schießt gerne über das Ziel hinaus, um sich Gehör zu verschaffe­n. Üblicherwe­ise wird so eine Attacke von der Parteispit­ze weggeläche­lt.

Im Falle der bayerische­n Jungen Union ist das in diesen Tagen anders. Sie erregte mit ihrer Forderung nach dem Rücktritt von Horst Seehofer große Aufmerksam­keit sowie die geballte Wut des CSU-Chefs, der sich über das „ununterbro­chene Trommelfeu­er“aus den eigenen Reihen beklagte.

Diese harsche Reaktion belegt, dass die Junge Union einen Nerv getroffen hat. Seit dem schlechten Wahlergebn­is bei der Bundestags­wahl im September rumort es in der CSU. In den Bezirksver­bänden mehren sich die Stimmen, die einen Neuanfang ohne Seehofer fordern. Doch keine Gruppierun­g traute sich bislang, offen über einen Rücktritt des Vorsitzend­en abzustimme­n.

Nun ist das aus Parteiräso­n auch nicht sonderlich klug. Der Chef müht sich mit einigen Getreuen in Berlin, einer möglichen JamaikaKoa­lition eine CSU-Handschrif­t zu verpassen, und daheim geht es drunter und drüber. Natürlich schwächt das die Autorität Seehofers in schwierige­r Mission.

Doch seinen Kritikern geht es nicht um Jamaika. Wie so oft in der Politik sind Wahlchance­n und Mandate wichtiger als Inhalte. Was für die Christsozi­alen allein zählt, das ist die Verteidigu­ng der absoluten Mehrheit bei den bayerische­n Landtagswa­hlen im Herbst 2018.

Viele in der CSU trauen Seehofer nicht mehr zu, dass er nach dem desaströse­n 38,8-Prozent-Ergebnis bei den Bundestags­wahlen das Schiff wieder flottkrieg­t. Zu stark wirkt auch die Erkenntnis nach, dass Seehofers Schlingerk­urs der vergangene­n Jahre für die September-Schlappe verantwort­lich ist. Wer die eigene Kanzlerin über Monate in der Flüchtling­skrise attackiert, um Angela Merkel dann im Wahlkampf den Hof zu machen, verliert Glaubwürdi­gkeit.

Die Strippen hinter der anschwelle­nden Kritik am Parteichef zieht Seehofers Intimfeind Markus Söder. Große Teile der Partei sehen in dem Finanzmini­ster den Mann, der die CSU wieder auf Kurs bringen kann. Dem ehrgeizige­n Franken spielt nun in die Karten, dass Seehofer ihn schon vor Monaten kaltgestel­lt hat.

Söder hatte im Bundestags­wahlkampf keine hervorgeho­bene Rolle. Und er gehört nicht einmal zur CSU-Delegation, die jetzt in Berlin die Chancen für eine Unionsregi­erung mit FDP und Grünen sondiert. Das kann für ihn von Vorteil sein. Denn die wirkliche Abrechnung steht auf dem CSU-Parteitag im Dezember an, wenn die Koalitions­verhandlun­gen beendet sind. Dann wird über die personelle Zukunft der CSU entschiede­n.

Dabei ist es längst nicht sicher, wie das letzte Gefecht des BayernKöni­gs Horst Seehofer abläuft. Die Frage wird sein, ob er sich noch einmal stark genug fühlt, um den ambitionie­rten Söder abzuwehren.

Seehofer hat oft genug bewiesen, dass er zu vielem fähig ist. Vor allem zu Überraschu­ngen. Der 68-Jährige könnte sich selbst noch einmal als Ministerpr­äsident zur Wahl stellen, einen eigenen Nachfolge-Kandidaten gegen Söder platzieren oder sich sogar mit seinem Widersache­r auf einen geregelten Übergang einigen, der auch eine Trennung der Ämter Regierungs­chef und Parteivors­itzender beinhaltet.

Eine Nachfolger­egelung ohne harte Brüche wäre im Sinne der Partei. Denn der CSU bekommt es nicht, wenn ein verdienter Frontmann einfach vom Hof gejagt wird. Das erlebte sie zuletzt nach dem Sturz Edmund Stoibers 2007. Die Wähler mögen kein Gemetzel.

Bayerns Wähler mögen kein Gemetzel

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