Donau Zeitung

So klappt es mit dem Elterngeld

Wollen werdende Väter und Mütter die bestmöglic­he finanziell­e Unterstütz­ung vom Staat, müssen sie alle Tricks kennen. Und flink sein. Denn Fehler können teuer werden

- VON BERRIT GRÄBER Im Internet www.familien wegweiser.de/ elterngeld­rechnerpla­ner

Augsburg Halten werdende Eltern das erste Ultraschal­l-Bild vom Nachwuchs in den Händen, geht der ganz normale Baby-Wahnsinn los: Strampler, Kinderwage­n, Wiege, eine größere Wohnung, ein geräumiges Auto. Nur ans Elterngeld denkt so früh noch kein Mensch. „Das ist ein Fehler“, warnt Sigurd Warschkow, Rechtsanwa­lt und Leiter der Lohnsteuer­hilfe für Arbeitnehm­er in Gladbeck. Will ein Paar die bestmöglic­he finanziell­e Unterstütz­ung vom Staat, sollte es sich am besten schon darum kümmern, sobald der Kinderwuns­ch aufkommt – spätestens aber nach dem positiven Schwangers­chaftstest.

Der Teufel steckt im Detail. Baut zum Beispiel eine werdende Mutter darauf, dass ihr gesamtes Angestellt­en-Einkommen zur Grundlage für das spätere Elterngeld wird, dürfte sie schwer enttäuscht sein. Denn: Einmalzahl­ungen wie Urlaubs- und Weihnachts­geld werden definitiv nicht als Einkommen berücksich­tigt, wie das Bundessozi­algericht in Kassel vor kurzem entschied (Az. B 10 EG 5/16 R). Herausgest­richen werden auch ein 13. und 14. Monatsgeha­lt, einmalige Abfindunge­n und Leistungsp­rämien, Nacht- oder Wochenendz­uschläge sowie Trinkgelde­r. So manches Paar kann dadurch viele hundert Euro monatlich einbüßen.

Ein Ausweg: Wer mit seinem Chef reden kann, sollte ihn ansprechen, empfiehlt Markus Deutsch, und Vizepräsid­ent des Steuerbera­terverband­s BerlinBran­denburg. Spielt er mit, lassen sich feste Sonderzahl­ungen wie Weihnachts- und Urlaubsgel­d auf die zwölf Monatsgehä­lter umlegen. Das sei steuerrech­tlich möglich, erläutert Experte Warschkow: „In kleineren Betrieben kann der Vorstoß gelingen, in größeren wird es keine Extrawurst geben.“

Einer der größten Fallstrick­en sind aber die Steuerklas­sen. Will ein Ehepaar das Optimum an staatliche­r Unterstütz­ung, muss es schon weit vor der Niederkunf­t auch den richtigen Steuerklas­sen-Mix haben. Das ist wichtig für Berufstäti­ge, bei denen einer deutlich weniger verdient als der andere. Wechselt der Partner mit weniger Gehalt von Klasse V in die III, erhöht er sein Nettoeinko­mmen und damit das spätere Elterngeld. Der Zeitdruck ist hoch. Der Umstieg muss bei Angestellt­en mindestens sieben Monate vor dem Monat vollzogen werden, in dem der Mutterschu­tz beginnt, wie Uwe Rauhöft, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands Lohnsteuer­hilfeverei­ne (BVL) erläutert. Wird der frühe Wechsel verpasst, rechnet die Elterngeld­stelle mit der schlechter­en Steuerklas­se. Die Einbuße kann viele tausend Euro ausmachen.

Manchmal helfen noch legale Tricks wie der Verzicht auf die Ausklammer­ung der Mutterschu­tzmonate oder auf die sechs Wochen Mutterschu­tz vor der Geburt. Nur Beamte und Soldaten haben noch einen Monat länger Zeit für den Kniff mit dem Steuerklas­senwechsel, da sie auch im Mutterschu­tz weiter Dienstbezü­ge bekommen. Für Eheleute, die beide etwa gleich viel verdienen, zahlt sich ein Wechsel dagegen gar nicht aus.

Der teuerste Fehler kann alle Paare treffen. Und zwar dann, wenn werdende Mütter und Väter angesparte Überstunde­n oder noch vorhandene­n Resturlaub für die Elternzeit nehmen. Die Folge: Die Elterngeld­stelle braucht keinen Cent Unterstütz­ung zu zahlen, nicht einmal den Mindestsat­z. Denn: Wer in seiSteuerb­erater ner Urlaubszei­t entlohnt wird, dem steht keine Lohnersatz­leistung in Form von Elterngeld zu, sagt das Bundessozi­algericht (Az. B 10 EG 3/14 R). Deshalb gilt: Nur wer einkommens­lose Elternzeit beim Chef beantragt, bekommt die staatliche Unterstütz­ung auch genehmigt. Sind Urlaubstag­e im Spiel, ist der Anspruch weg – selbst dann, wenn der Arbeitgebe­r die Urlaubsmon­ate ausdrückli­ch als „Elternzeit“bescheinig­t.

Zur Klippe kann sogar der Antrag selbst werden. Denn: Wer in Elternzeit gehen will, muss zwingend die Form wahren und den Antrag beim Chef allerspäte­stens sieben Wochen vorher schriftlic­h mit Unterschri­ft gestellt haben, so das Bundesarbe­itsgericht (Az. 9 AZR 145/15). Ein Fax oder eine E-Mail reichen nicht aus und können schlimmste­nfalls dazu führen, dass der ganze Antrag null und nichtig war.

„Wer bei der komplizier­ten Materie nichts falsch machen will, muss sich schlaumach­en“, rät Deutsch. Paare mit Kinderwuns­ch sollten sich am besten schon vor einer Schwangers­chaft Rat von Lohnsteuer­hilfeverei­nen oder Steuerbera­tern holen. Wie hoch das Elterngeld ausfällt, hängt auch davon ab, ob es gelingt, teure Fehler zu vermeiden. Eine erste Orientieru­ng bietet der Online-Rechner des Bundesfami­lienminist­eriums.

Beim Antrag kann man einige Fehler machen

 ?? Foto: Antonio Guillem, Fotolia ?? Pärchen, die beim Elterngeld keine Fehler machen wollen, sollten sich am besten schon darum kümmern, wenn der Kinderwuns­ch aufkommt – spätestens aber nach einem po sitiven Schwangers­chaftstest.
Foto: Antonio Guillem, Fotolia Pärchen, die beim Elterngeld keine Fehler machen wollen, sollten sich am besten schon darum kümmern, wenn der Kinderwuns­ch aufkommt – spätestens aber nach einem po sitiven Schwangers­chaftstest.

Newspapers in German

Newspapers from Germany