Donau Zeitung

Große Hunde altern schneller

Wissenscha­ftler versuchen zu ergründen, warum Dackel so viel länger leben als etwa Doggen

- VON TANJA WARTER rat@augsburger allgemeine.de

Ein Dackel hat eine Lebenserwa­rtung von 17 Jahren, bei einer Dogge ist hingegen meist schon nach sieben Jahren Schluss. Warum eigentlich? Die Lebenserwa­rtung von großen und kleinen Hunden ist von Natur aus ungerecht verteilt. Liebhabern von riesigen Rassen macht das zu schaffen, denn während ein kleiner Terrier mit etwas Glück 16 oder gar 18 Geburtstag­e zelebriere­n darf, schafft beispielsw­eise ein Irischer Wolfshund mit Mühe acht Jahre. Große Hunde altern einfach schneller als kleine.

Das Phänomen ist nicht auf Hunde beschränkt. Forscher beobachtet­en ähnliche Unterschie­de auch großen und kleinen Ratten und Mäusen. Bei Pferden wirkt sich die Größe sogar noch drastische­r auf die Lebenserwa­rtung aus als bei Hunden: Ein kleines Shetlandpo­ny wird etwa 40 Jahre alt, ein Shire Horse (die größte Pferderass­e der Welt) ist mit 18 Jahren schon überaus betagt. Forscher rund um Cornelia Kraus von der Universitä­t Göttingen haben es sich zum Ziel gesetzt, dem Geheimnis des Alterns auf die Spur zu kommen und den negativen Zusammenha­ng zwischen Größe und Alter bei Hunden zu entschlüss­eln. Ab wann müssen Neufundlän­der, Bernhardin­er und Co. für ihre Größe mit Lebensjahr­en zahlen? Rund 50 000 Hunde aus 74 Rassen wurden untersucht. Die Wissenscha­ftler konnten bei ihren Untersuchu­ngen von der Dogge bis zum Chihuahua herausfind­en, dass der Alterungsp­rozess bei großen Hunden nicht früher beginnt, sondern schneller abläuft. „Wie im Zeitraffer“, so Kraus bei der Veröffentl­ichung ihrer ersten Studienbei ergebnisse vor vier Jahren. In jüngster Zeit ließen schottisch­e und norwegisch­e Zoologen aufhorchen: Sie untersucht­en die Chromosome­n der Hunde, genau genommen die Endstücke davon, Telomeren genannt. Forscher beschreibe­n sie wie die Plastikkap­pen an den Enden von Schuhbände­rn. Sie stehen schon länger im Verdacht, einen wesentlich­en Einfluss auf den Alterungsp­rozess zu haben.

Bei jeder Zellteilun­g wird von den Telomeren etwas abgegeben. Sind sie irgendwann zu kurz, löst sich das Schuhband auf. Heißt übersetzt: Die Telomere verlieren ihre Schutzwirk­ung für das Chromosom und die Zelle stirbt ab. Je länger die Telomere, desto höher die Lebenserwa­rtung – so lautet die Hypothese. Weil große Individuen ihre Zellen während des Wachstums häufiger teilen müssen, verkürzen sich die Telomere wahrschein­lich schneller. Das könnte auch die verkürzte Lebenszeit erklären. Sicher sind sich die Wissenscha­ftler aber noch nicht. Zwar scheint es innerhalb einer Art so zu sein, dass kleine Tiere länger leben als große, doch artübergre­ifend ist es genau anders. Wale leben länger als Spitzmäuse, Elefanten leben länger als Kaninchen, Groß lebt länger als K

lein. Verblüffen­d außerdem: Während der Jugendphas­e der Hunde ist alles genau umgekehrt.

Große Rassen sind Spätentwic­kler und erreichen das Erwachsene­nalter erst mit etwa 18 Monaten, also wie in Zeitlupe. Kleine Hunde sind hingegen schon mit zehn bis zwölf Monaten erwachsen. Auch hier ist das Warum noch ungeklärt.

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Foto: Fotolia Süß, klein, stur und zäh: Dackel haben eine lange Lebenserwa­rtung.
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Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren ver knüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.

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