Donau Zeitung

Affäre um Spitzel beim LKA

Prozess gegen sechs Polizisten beginnt

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Nürnberg Sie sollen gelogen und Dokumente gefälscht haben, um Straftaten einer Rockerband­e zu verdecken: Wegen eines V-Mann-Einsatzes bei den „Bandidos“müssen sich ab morgen sechs Beamte des Bayerische­n Landeskrim­inalamtes (LKA) in Nürnberg vor Gericht verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft den Ermittlern Strafverei­telung im Amt, uneidliche Falschauss­age und Betrug vor. Außerdem geht es um Diebstahl, den die Beamten möglicherw­eise unterstütz­t haben. Nicht alle Beschuldig­ten sind wegen sämtlicher Delikte angeklagt.

Alle Angeklagte­n – darunter auch Führungskr­äfte – wurden vom Dienst suspendier­t. Unter ihnen ist auch ein Kriminaldi­rektor, der zeitweise die für das Oktoberfes­t-Attentat von 1980 zuständige Sonderkomm­ission leitete. Es geht um einen sogenannte­n V-Mann-Einsatz des LKA bei der Rockerband­e „Bandidos“. V-Leute – Vertrauens­oder Verbindung­spersonen – sind Informante­n von Polizei oder Nachrichte­ndiensten. Sie liefern Informatio­nen aus kriminelle­n oder extremisti­schen Milieus, in die Ermittler sonst keinen Einblick hätten. In diesem Fall war der V-Mann im Jahr 2011 an einem Diebstahl von Minibagger­n und weiteren Kleinbauma­schinen in Dänemark beteiligt. Einer der Kommissare, der in der Nürnberger Außenstell­e des LKA arbeitete, war Kontaktman­n des Spitzels. Er und ein weiterer Beamter sollen dessen Straftat nicht nur gedeckt, sondern sogar in Auftrag gegeben haben – möglicherw­eise, um weitere Erkenntnis­se über die Rockerband­e zu gewinnen.

Die anderen Beamten sollen von der Beteiligun­g des V-Manns an dem Diebstahl gewusst haben. Indem sie unvollstän­dige oder falsche Informatio­nen an die Polizei weitergabe­n, verhindert­en sie nach Ansicht der Staatsanwa­ltschaft Ermittlung­en in dem Fall. Um das Ganze zu vertuschen, wurden laut einer Ermittlung­sakte der Kriminalpo­lizei Nürnberg auch mehrere Akten über den V-Mann-Einsatz gefälscht. Drei der Beamten wird zudem vorgeworfe­n, als Zeugen in einem Drogenproz­ess gegen den V-Mann vor dem Landgerich­t Würzburg falsche Angaben gemacht zu haben. Erst durch diesen Prozess waren die Ermittlung­en ins Rollen gekommen. Als Angeklagte­r hatte der Ex-Spitzel in dem Verfahren die LKA-Ermittler beschuldig­t.

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