Donau Zeitung

Küssen für die Kanzlerin

- VON ANDREAS FREI anf@augsburger allgemeine.de

Nur mal angenommen, das Erkältungs-Monster wartet tatsächlic­h nur darauf, endlich zuzuschlag­en. Es ist ja Schmuddelz­eit, und die Medizinmän­ner predigen, auf Abstand zu gehen, nix kuscheln und so. Warum werden wir dann an allen Ecken mit Vehemenz zum Busserln aufgeforde­rt?

Bestseller­autorin Janet Evanovich etwa. Hat einen neuen Hit gelandet. Titel: Jetzt ist Kuss! Klingt wie eine Anweisung. Oder der Olaf, der mal bei den „Flippers“war, den Schlagerba­rden. Sagt: „Mit einem Kuss beenden wir jeden Streit.“Meint vielleicht sich und seine Frau, aber todsicher auch jeden Weltkonfli­kt. Und in Ulm debattiert die Stadt darüber, wie man am Hauptbahnh­of neue „Kiss and Ride“-Zonen einrichten kann. Das sind Kurzzeitst­ellplätze, wo man halten und seine Liebste schnell knutschen darf, Koffer raus, okay, noch ein Bussi, dann aber ade. Gibt’s auch in Augsburg. Die Städte lassen bestimmt eigens dafür ihre Bahnhöfe umbauen. Toll!

Aber woher kommt die neue Leidenscha­ft fürs Küssen? Nun: Küssen heißt Liebe, heißt zufriedene Menschen, die sind produktive­r, die Firmen machen mehr Gewinn, heißt höhere Steuereinn­ahmen, Staatsziel erreicht. Küssen für die Kanzlerin, wenn man so will. Wusste bislang nur keiner.

Obacht allerdings: Das Ganze ist eine Gratwander­ung. Man hat auf den „Kiss and Ride“-Parkplätze­n auch schon Tränen kullern sehen, und nicht nur aus Rührung. „Kiss and Cry“quasi. So heißt übrigens auch ein Kinostreif­en. Die Dramen am Bahnhof müssen ja nicht so enden, wie ein anderer Film heißt: „Kiss and Kill“.

Dann lieber gleich nix Bussi im November. Und dem Erkältungs­monster die Zunge rausstreck­en.

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