Küssen für die Kanzlerin
Nur mal angenommen, das Erkältungs-Monster wartet tatsächlich nur darauf, endlich zuzuschlagen. Es ist ja Schmuddelzeit, und die Medizinmänner predigen, auf Abstand zu gehen, nix kuscheln und so. Warum werden wir dann an allen Ecken mit Vehemenz zum Busserln aufgefordert?
Bestsellerautorin Janet Evanovich etwa. Hat einen neuen Hit gelandet. Titel: Jetzt ist Kuss! Klingt wie eine Anweisung. Oder der Olaf, der mal bei den „Flippers“war, den Schlagerbarden. Sagt: „Mit einem Kuss beenden wir jeden Streit.“Meint vielleicht sich und seine Frau, aber todsicher auch jeden Weltkonflikt. Und in Ulm debattiert die Stadt darüber, wie man am Hauptbahnhof neue „Kiss and Ride“-Zonen einrichten kann. Das sind Kurzzeitstellplätze, wo man halten und seine Liebste schnell knutschen darf, Koffer raus, okay, noch ein Bussi, dann aber ade. Gibt’s auch in Augsburg. Die Städte lassen bestimmt eigens dafür ihre Bahnhöfe umbauen. Toll!
Aber woher kommt die neue Leidenschaft fürs Küssen? Nun: Küssen heißt Liebe, heißt zufriedene Menschen, die sind produktiver, die Firmen machen mehr Gewinn, heißt höhere Steuereinnahmen, Staatsziel erreicht. Küssen für die Kanzlerin, wenn man so will. Wusste bislang nur keiner.
Obacht allerdings: Das Ganze ist eine Gratwanderung. Man hat auf den „Kiss and Ride“-Parkplätzen auch schon Tränen kullern sehen, und nicht nur aus Rührung. „Kiss and Cry“quasi. So heißt übrigens auch ein Kinostreifen. Die Dramen am Bahnhof müssen ja nicht so enden, wie ein anderer Film heißt: „Kiss and Kill“.
Dann lieber gleich nix Bussi im November. Und dem Erkältungsmonster die Zunge rausstrecken.